LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10760 18.01.2016 Datum des Originals: 15.01.2016/Ausgegeben: 21.01.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4169 vom 18. Dezember 2015 des Abgeordneten Nicolaus Kern PIRATEN Drucksache 16/10556 Hungerstreiks in Justizvollzugsanstalten in NRW Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 4169 mit Schreiben vom 15. Januar 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Hungerstreik stellt eine besondere Form des Protests dar. Aktionen dieser Art können nur wenige Tage, aber durchaus auch mehrere Wochen dauern. Die besonderen medizinischen Folgen einer Verweigerung der Aufnahme von Nahrung stellen die involvierten Bediensteten im Justizvollzug vor besondere Herausforderungen. Vorbemerkung der Landesregierung Die Vorgehensweise bei einem Hunger- und/oder Durststreik von Gefangenen richtet sich nach den gesetzlichen Vorgaben der Landesvollzugsgesetze zu Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge (§ 78 StVollzG NRW, § 28 UVollzG NRW, § 91 JStVollzG NRW, § 78 SVVollzG NRW). 1. Wie viele Inhaftierte haben in den vergangenen fünf Jahren die Nahrungs- und/ oder Flüssigkeitsaufnahme verweigert (bitte aufschlüsseln nach Kalenderjahr und JVA)? Auf Landesebene liegen die erbetenen Daten für den genannten Zeitraum nicht automatisiert abrufbar vor. Eine Erhebung dieser Daten - auch für einzelne Justizvollzugsanstalten - ist nur händisch und mit erheblichem Verwaltungsaufwand möglich. In der zur Bearbeitung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit können die erfragten Daten nicht erhoben werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10760 2 2. Ab welcher Dauer werden solche Vorfälle als besonderes Vorkommnis angesehen und mit Aktenvermerk erfasst? Die Leitungen der Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen haben das Justizministerium über einen Hungerstreik zu unterrichten, wenn Gefangene in einen Hunger- und/oder Durststreik eintreten und angenommen werden kann, dass sie die Nahrungsaufnahme nicht nur kurzfristig, sondern mit erheblichem Durchhaltewillen verweigern werden bzw. wenn medizinisch -therapeutische Maßnahmen notwendig werden. 3. Welches war die höchste Dauer der verweigerten Nahrungs- und/oder Flüssigkeitsaufnahme im Jahr 2015 (bitte unter Angabe von Dauer, betroffener JVA und Grund des Hungerstreiks)? Nach den vorliegenden Daten betrug die höchste Dauer der verweigerten Nahrungs- und /oder Flüssigkeitsaufnahme im Jahr 2015 37 Tage. Es handelt sich um einen Gefangenen der Justizvollzugsanstalt Rheinbach, der mittels Durchführung des Hungerstreiks eine medizinische Behandlung seiner Wahl erzwingen wollte. 4. Wie ist die Vorgehensweise in Justizvollzugsanstalten des Landes NRW, wenn Gefangene die Nahrungs- und/oder Flüssigkeitsaufnahme verweigern? Die Anstaltsleitungen stellen eine angemessene medizinische Beobachtung und Behandlung des betreffenden Gefangenen sicher. Hierbei kann im Einzelfall die Überstellung der Gefangenen in eine besser geeignete Justizvollzugsanstalt, beispielsweise das Justizvollzugskrankenhaus Nordrhein-Westfalen, angezeigt sein. Wesentlich ist die Belehrung des Gefangenen, die aktenkundig durchzuführen ist. Sie beinhaltet die Aufklärung über die gesundheitlichen Folgen des Hunger- und/oder Durststreiks und die voraussichtlich erforderlich werdenden ärztlichen Maßnahmen sowie die gesetzliche Verpflichtung der Vollzugsbehörde zur Durchführung von Zwangsmaßnahmen bei nicht mehr freier Willensbestimmung. Darüber hinaus unternehmen die Anstalten die ihnen möglichen Bemühungen, um den betreffenden Gefangenen zur Beendigung des Hungerstreiks zu bewegen. 5. Wie häufig kam es in den letzten fünf Jahren zur zwangsweisen Nahrungs- und/oder Flüssigkeitszuführung in Justizvollzugsanstalten des Landes NRW? Nach der Berichtslage ist es in den letzten fünf Jahren lediglich in einem Fall zur zwangsweisen Flüssigkeitszufuhr gekommen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10760