LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10764 18.01.2016 Datum des Originals: 18.01.2016/Ausgegeben: 21.01.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4145 vom 16. Dezember 2015 des Abgeordneten Peter Biesenbach CDU Drucksache 16/10522 Salafistenszene in NRW seit dem Start des Präventionsprogramms „Wegweiser“ um 1.000 Personen gewachsen Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4145 mit Schreiben vom 18. Januar 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit Februar 2014 richtet die Landesregierung so genannte „Wegweiser“-Beratungsstellen ein, die junge Menschen vom Einstieg in den gewaltbereiten Salafismus abhalten sollen. Inzwischen sind solche Beratungsstellen an fünf Standorten in Nordrhein-Westfalen eröffnet worden (Düsseldorf, Bochum, Bonn, Wuppertal, Dortmund). Gleichwohl ist das Personenpotenzial der salafistischen Szene in Nordrhein-Westfalen seit dem Start des Projekts „Wegweiser“ von rund 1.500 auf mittlerweile 2.500 Personen angestiegen. 1. Wie viele Mitarbeiter sind an den einzelnen „Wegweiser“-Standorten beschäftigt? (Bitte jeweils differenziert nach Vollzeit- und Teilzeitkräften pro Standort einzeln auflisten .) Pro Wegweiser-Anlaufstelle wird Personal im Umfang einer Haushaltsstelle vom Ministerium für Inneres und Kommunales (MIK) finanziert. In den überwiegenden Wegweiser-Anlaufstellen haben die Träger im Zusammenwirken mit den Netzwerkpartnern diese Stelle auf zwei Teilzeitbeschäftigte aufgeteilt. Es handelt sich hier nicht um Beschäftigte des MIK, sondern um Betreuerinnen und Betreuer, die direkt von den Trägern eingestellt werden. In einigen Fällen haben die Kommunen oder andere Stellen Finanzmittel für weitere Unterstützungskräfte zur Verfügung gestellt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10764 2 Die in den Wegweiser-Anlaufstellen Beschäftigten bilden Schnittstellen zu örtlichen Expertinnen und Experten unterschiedlicher Fachrichtungen, so dass bei der Beratung eine Vielzahl an Akteurinnen und Akteuren zusammenwirken kann. Die Anzahl der Beschäftigten in den Wegweiser-Anlaufstellen ergibt sich aus der nachstehenden Tabelle: Anlaufstelle Anzahl Haushaltsstellen MIK davon in Vollzeit (VZ) davon in Teilzeit (TZ) weitere Unterstützungskräfte Bonn 1 2 Bochum 1 2 Düsseldorf 1 2 1 TZ Bergisches Land 1 2 1 VZ Dortmund 1 2 Duisburg 1 1 Kreis Wesel/ Dinslaken 1 1 (eine zweite Teilzeitkraft wird derzeit gesucht) 2. Wie viele feste Sprechstunden bieten die „Wegweiser“-Beratungsstellen pro Woche an? (Bitte nach Standorten getrennt jeweils einzeln auflisten.) Feste Sprechstunden bilden aufgrund der vielschichtigen Tätigkeit der Wegweiser-Anlaufstellen nicht den Hauptteil ihrer Arbeit ab. Dazu gehört auf der einen Seite als Kernelement der Prävention die Aufklärung bei verschiedenen Adressaten, wie z.B. örtlichen Behörden und Institutionen, Schulen oder Jugendeinrichtungen . Mit dieser Tätigkeit geht auch die Beantwortung einer Vielzahl unterschiedlicher Anfragen zum allgemeinen Themenfeld Salafismus einher. Ergänzt wird dies durch die Beratung von direkt Betroffenen, also Personen, die stark gefährdet sind sich zu radikalisieren oder die sich bereits in einem beginnenden Radikalisierungsprozess befinden. Diesen Beratungen gehen in der Regel Gespräche und Beratungen mit Personen aus deren Umfeld, beispielsweise Eltern, Geschwister, Freundinnen und Freunde, Lehrerinnen und Lehrer etc. voraus. Die Betreuerinnen und Betreuer gehen dabei fallbezogen flexibel auf die Bedürfnisse der Ratsuchenden ein und besuchen diese auch in ihrem sozialen Umfeld oder begleiten z.B. bei Behördengängen. Zusätzlich zu den festen Sprechstunden bieten sie nach Vereinbarung auch abends oder an Wochenenden Termine an. Zu allen Wegweiser-Anlaufstellen kann festgehalten werden, dass ihre Arbeit sehr stark nachgefragt wird und sie insgesamt bereits über 2.000 Anfragen über die ganze Bandbreite ihres Tätigkeitsfeldes bearbeitet haben. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10764 3 Die angefragte Anzahl der jeweiligen festen Sprechstunden wird in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt. Anlaufstelle Anzahl feste Sprechstunden/Woche Bonn 8 Bochum 6 Düsseldorf 10 Bergisches Land (Wuppertal) 10 Dortmund 10 (ab 01.02.2016) Duisburg 10 (ab 01.02.2016) Kreis Wesel (Dinslaken) 10 (ab 01.02.2016) 3. Mit welchen lokalen Netzwerkpartnern arbeiten die „Wegweiser“-Beratungsstellen zusammen? (Bitte die eingebundenen Vereine, Sozialverbände, Moscheegemeinden, kommunalen Ämter, Familienberatungen, Jobcenter, Polizeibehörden, etc. jeweils nach Standorten getrennt namentlich einzeln auflisten.) 4. In wie vielen Fällen wurden die unter 3.) genannten Netzwerkpartner bislang tatsächlich in „Wegweiser“-Beratungen eingebunden? (Bitte die Fallzahlen pro Verein, Sozialverband , Moscheegemeinde, kommunalem Amt, Familienberatung, Jobcenter und Polizeibehörde jeweils nach Standorten getrennt einzeln auflisten.) Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen Nr. 3 und 4 gemeinsam beantwortet. In der Wegweiser-Arbeit werden regelmäßig die Expertinnen und Experten aus den kommunalen Bereichen wie Jugend, Soziales, Integration, den Jobcentern sowie der Polizei, den Sozialverbänden , anerkannten Trägern der Jugendhilfe, Moscheegemeinden oder örtlichen Migrantenselbstorganisationen eingebunden. Das Präventionsprogramm Wegweiser ist darüber hinaus so konzipiert, dass die Anlaufstellen bereits im Gründungsprozess möglichst nahtlos in die jeweiligen Gegebenheiten eingefügt werden. Dazu werden die vor Ort vorhandenen Strukturen aufgegriffen. Von Bedeutung ist dabei, dass die Betreuerinnen und Betreuer die Beratung und Unterstützung nicht alleine leisten , sondern gerade die örtlichen Netzwerkpartner aktiv einbinden. Ziel ist es, für die konkreten Beratungsfälle die individuell passenden Expertinnen und Experten vor Ort zu aktivieren und mit ihnen und den Betroffenen zusammenzuarbeiten. Daraus folgt auch, dass Netzwerkpartner in diesem Prozess wechseln. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10764 4 5. Inwieweit sind die Islamverbände in die Konzeption des Projekts „Wegweiser“ eingebunden worden bzw. an dessen Umsetzung beteiligt? Das Ministerium für Inneres und Kommunales steht seit Beginn der Konzeptionsüberlegungen im Austausch mit dem Koordinierungsrat der Muslime (KRM), dem die vier größten islamischen Verbände in Deutschland – Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (DI- TIB), Verband der Islamischen Kulturzentren e.V. (VIKZ), Islamrat und Zentralrat der Muslime – angehören und der Alevitischen Gemeinde Deutschland. In Köln ist zudem der DITIB-Landesverband von allen dortigen Netzwerkpartnern als Träger ausgewählt worden, um die Beratungsarbeit in der Stadt verantwortlich durchzuführen. Darüber hinaus sind die Moscheegemeinden ein wichtiger Netzwerkpartner für die konkrete Arbeit des Präventionsprogramms Wegweiser. Alle islamischen Vereine und Verbände sind aufgefordert und eingeladen, sich bei Wegweiser einzubringen. Auf lokaler Ebene bestehen vielfältige Kontakte und Kooperationen der einzelnen Wegweiser-Anlaufstellen mit Moscheegemeinden . Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10764