LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10914 27.01.2016 Datum des Originals: 27.01.2016/Ausgegeben: 01.02.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4194 vom 28. Dezember 2015 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/10621 Unbesetzte Schulleiterstellen an verschiedenen Schulen der Stadt Oberhausen – Mit welchen konkreten einzelnen Maßnahmen begegnet die Landesregierung dieser unverändert akuten Problematik im Ruhrgebiet? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 4194 mit Schreiben vom 27. Januar 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit den 1990er Jahren spitzt sich die Lage im Hinblick auf unbesetzte Funktionsstellen im Schulbereich immer mehr zu. Lehrerverbände, Personalvertretungen und auch die Politik weisen regelmäßig auf diese dramatische Fehlentwicklung hin, jedoch leider bislang ohne nachhaltige Wirkung. Insbesondere im Grundschulbereich müssen Schulleitungsstellen oft mehrfach neu ausgeschrieben werden, bis sich ein Bewerber findet. Am Ende erfolgreiche Besetzungen ergeben sich oftmals nur deshalb, weil die Schulräte vor Ort persönlich und gezielt engagierte Lehrer ansprechen und von einer Bewerbung überzeugen können. Die Folge ist dann, dass aufgrund des geringen Bewerberinteresses leider auch keine echte Auswahlmöglichkeit mehr besteht. Am 19. Oktober 2015 sind beispielsweise in der Rheinischen Post unter der Überschrift „An fast jeder achten Schule fehlt ein Rektor“ aktuelle landesweite Zahlen für Nordrhein-Westfalen veröffentlicht worden: „An den 5.435 Schulen in NRW sind derzeit 745 Schulleiterstellen vakant. Damit fehlt an fast jeder achten Schule des bevölkerungsreichsten Bundeslandes ein Rektor, wie Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) in einer am Montag veröffentlichten Antwort auf eine Anfrage der FDP-Opposition im Düsseldorfer Landtag mitteilte. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10914 2 Bei den stellvertretenden Schulleitern sind mit 1.248 Vakanzen sogar mehr als ein Viertel der Stellen unbesetzt. Vor allem die Hauptschulen sind mit 181 offenen Schulleiter- und 193 Konrektorenstellen (40 Prozent der Posten) betroffen. An den 2.787 Grundschulen fehlen laut Schulministerium 345 Leiter (rund 12,5 Prozent), an den Realschulen blieben zu Beginn des Schuljahres 18 Prozent der Schulleiterstellen offen. Dagegen liegt die Besetzungsquote bei den Gymnasien und Gesamtschulen bei 93 Prozent.“ Damit hat sich die Anzahl unbesetzter Schulleitungsstellen landesweit gegenüber 2013 noch einmal erhöht; vor zwei Jahren sind 715 Schulleiterstellen in Nordrhein-Westfalen unbesetzt gewesen. In der Neuen Ruhr Zeitung vom 6. November 2013 hat der VBE-Vorsitzende Udo Beckmann im Zusammenhang mit der Debatte über den seinerzeitigen Personalhaushalt des Landes plastisch und nachvollziehbar auf die dramatische Lage in den Schulen hingewiesen und das Dilemma beschrieben: „"Ein Rektor ist in der Regel auch sein eigener Hausmeister und seine eigene Sekretärin", kritisiert Udo Beckmann, Chef des Lehrerverbands VBE. Kaum "Leitungszeit" für Verwaltungsarbeit und eine zu geringe Bezahlung der Konrektoren seien Hauptgründe für den fast chronischen Bewerbermangel im Grundschulbereich.“ Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert regelmäßig die fatale Lage vor allem in den Grundschulen. Die Ursachen dafür, dass sich immer weniger Lehrer für eine Funktionsstelle interessieren, sind vielfältig. Hauptursache für die Misere ist die fehlende Attraktivität: Eine Lehrkraft erhält bei Übernahme der Leitung einer Grundschule nur wenige hundert Euro brutto im Monat zusätzlich, ein Konrektor weniger als 200 Euro. Diese Zulagen reizen leider offenbar immer weniger Pädagogen, mehr Verantwortung zu übernehmen. Auch beklagt Udo Beckmann (VBE), dass Schulleiter häufig auf sich alleine gestellt sind und seitens des Landes kaum Unterstützung bei den für sie neuen und unbekannten Herausforderungen erhalten. Auf der anderen Seite hat sich das Anforderungsprofil an Schulleiter über die Jahre enorm verändert. Die Aufgaben, die die Schulleitung zu leisten hat, sind ständig erweitert worden, offensichtlich ohne den Umfang der verbleibenden Unterrichtsverpflichtung in dem Maße zu reduzieren, dass Schulleitungsaufgaben auch verantwortlich bewältigt werden können. So bewirtschaften die Schulen ihre Haushaltsmittel weitestgehend selbständig, und zusätzliche Betreuungsangebote – wie im Offenen Ganztag – müssen organisiert, Lehrer eingestellt und dienstlich beurteilt sowie die Ausbildung der Referendare koordiniert werden, um nur einige veränderte Herausforderungen aufzuführen. Auch die gewachsene Rechenschaftspflicht, die Profilbildung der Schulen vor dem Hintergrund rückläufiger Schülerzahlen wie die positive Repräsentanz der Schule in der Öffentlichkeit nehmen die Schulleiter zeitlich wie fachlich in die Pflicht. Gerade engagierten Schulleitern kommt eine ganz wesentliche Rolle für die Sicherung und Weiterentwicklung der Bildungsqualität an unseren Schulen zu. Schließlich sind diese die Fachleute vor Ort, die die Stärken und Schwächen ihrer Schule, der Kollegen sowie ihrer Schüler kennen und mit ihrem praktischen Fachwissen Motor der Schulentwicklung sind. Umso dramatischer ist die Situation, wenn Leitungsstellen nicht besetzt werden können oder lange Zeit vakant sind. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10914 3 In den Städten des Ruhrgebiets ist dieser Sachverhalt von besonderer Relevanz, da hier zusätzlich in überdurchschnittlichem Maße sozialräumliche Disparitäten auszugleichen sind und möglichst gute Bildungschancen auch in zahlreichen Problemquartieren geschaffen werden müssen. Für das Parlament ist es daher von hohem Interesse zu erfahren, wie sich aktuell genau die Besetzungssituation der Leitungsstellen im laufenden Schuljahr bis zum jetzigen Zeitpunkt in der Stadt Oberhausen entwickelt hat. Für die nachfolgenden Fragestellungen soll die Bezeichnung „Schulleitungsstelle“ begrifflich stets die Stelle des ersten Leiters sowie der vorgesehenen Stellvertretungen umfassen. 1. Wie viele Schulleitungsstellen sind seit Schuljahresbeginn 2014/2015 bis zum jetzigen Zeitpunkt in der Stadt Oberhausen an den jeweiligen Schulformen unbesetzt geblieben oder waren es innerhalb dieses Zeitraums? (bitte jährlich nach Schulleiterstellen sowie Schulleitervertreterstellen der jeweiligen Schulformen in absoluten Zahlen und in Relation zur Gesamtzahl aller Schulleitungsstellen der einzelnen Schulformen in der Stadt Oberhausen aufgeschlüsselt darstellen) Die Besetzungslage für Schulleitungsstellen in der Stadt Oberhausen ergibt sich aus den nachfolgenden Übersichten: Besetzung der Stellen für Schulleiterinnen und Schulleiter in der Stadt Oberhausen zum Stichtag 07.01.2016 Schulform Schulleitungsstellen unbesetzte Schulleitungsstellen Prozent Berufskolleg 3 0,0 Förderschule 3 0,0 Gesamtschule 4 0,0 Grundschule 33 4 12,1 Gymnasium 5 0,0 Hauptschule 3 2 66,7 Realschule 3 0,0 Weiterbildungskolleg 1 0,0 Gesamtergebnis 55 6 10,9 Besetzung der Stellen für Stellvertretungen in der Stadt Oberhausen zum Stichtag 07.01.2016 Schulform Vertretungsstellen unbesetzte Vertretungsstellen Prozent Berufskolleg 3 0,0 Förderschule 3 0,0 Gesamtschule 4 0,0 Grundschule 22 9 40,9 Gymnasium 5 0,0 Hauptschule 1 1 100,0 Realschule 3 1 33,3 Weiterbildungskolleg 1 1 100,0 Gesamtergebnis 42 12 28,6 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10914 4 Die Anzahl der Stellen für Stellvertreterinnen und Stellvertreter entspricht nicht der Anzahl der Schulen, da bei Grund- und Hauptschulen sowie Weiterbildungskollegs aufgrund der Schülerzahl nicht alle Schulen Anspruch auf eine Vertretungsstelle haben. Die Schulleitungsstellen, die seit Schuljahresbeginn 2014/2015 unbesetzt, aber zum Stichtag 07.01.2016 wieder besetzt waren, ergeben sich aus den Übersichten zu Frage 2. 2. Namentlich welche einzelnen Schulen in der Stadt Oberhausen sind seit Schuljahresbeginn 2014/2015 bis heute von der Situation betroffen gewesen, zumindest nicht durchgängig eine vollständig besetzte Schulleitung zu haben? (bitte nach Schulleiterstellen sowie Schulleitervertreterstellen differenziert darstellen) Im Zeitraum 01.08.2014 – 07.01.2016 vakante und wieder besetzte Stellen für Schulleiterinnen und Schulleiter der Stadt Oberhausen Schulform Schule Gesamtschule Weierheide Zum Stichtag 07.01.2016 unbesetzte Stellen für Schulleiterinnen und Schulleiter der Stadt Oberhausen Schulform Schule Hauptschule Alstaden Hauptschule St. Michael-Schule Grundschule Hirschkamp Grundschule Osterfelder Heide Grundschule Steinbrinkschule Grundschule St. Martin Im Zeitraum 01.08.2014 – 07.01.2016 vakante und wieder besetzte Stellen für Stellvertretungen der Stadt Oberhausen Schulform Schule Gymnasium Karl-Ziegler Gesamtschule Osterfeld Grundschule Am Froschenteich Grundschule Am Siedlerweg Grundschule Hartmannschule Grundschule Jacobischule LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10914 5 Zum Stichtag 07.01.2016 unbesetzte Stellen für Stellvertretungen der Stadt Oberhausen Schulform Schule Hauptschule Albert-Schweitzer-Schule Realschule Friedrich-Ebert-Schule Weiterbildungskolleg KOL Niederrhein Grundschule Ruhr Grundschule Luisen Grundschule Steinbrinkschule Grundschule Robert-Koch-Schule Grundschule Landwehr Grundschule Falkenstein Grundschule Concordia Grundschule Bismarckschule Grundschule Adolf-Feld-Schule 3. In jeweils wie vielen der zuvor genannten Fälle dauerte die Besetzung einer vakanten Funktionsstelle länger als drei Monate? Bedingt durch Fristen und den Zeitbedarf für das Stellenausschreibungs-, Bewerbungs-, Beurteilungs- und das sich anschließende Stellenbesetzungsverfahren sowie für die notwendigen Beteiligungen von Personalvertretung, Gleichstellungsbeauftragter und ggf. Schwerbehindertenvertretung sowie Schulkonferenz und Schulträger kann ein Besetzungsverfahren in der Regel nicht in einem Zeitraum von drei Monaten abgeschlossen werden. 4. Welche konkreten einzelnen Maßnahmen ergreift die Landesregierung bislang, aktuell und zukünftig, um die Attraktivität der Übernahme einer Schulleitungsstelle in der Stadt Oberhausen zu erhöhen? Der Landesregierung ist bewusst, dass jede einzelne nicht besetzte Leitungsstelle für die betroffenen Schulen, die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen und Lehrer und die Eltern eine besondere Belastung darstellt. Aus diesem Grunde versuchen die für die Stellenbesetzungen zuständigen Bezirksregierungen, Vakanzen so schnell wie möglich zu schließen. Es wird zügig ausgeschrieben und potentielle Bewerberinnen und Bewerber werden angesprochen, um zusätzliche Schulleiterinnen und Schulleiter zu gewinnen. Lehrerinnen und Lehrer, die einen Einsatz in der Schulleitung anstreben, werden frühzeitig und umfassend auf ihre neue Aufgabe vorbereitet. Zudem wird seit dem Haushalt 2011 nach und nach die Leitungszeit ausgebaut, um Schulleiterinnen und Schulleiter zusätzlich zu entlasten. Mit dem Haushalt 2011 wurden Grundschulen 340 Stellen, mit dem Haushalt 2012 für die größeren Systeme 224 Stellen und mit dem Haushalt 2013 197 Stellen zusätzlich für die LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10914 6 Erhöhung der Leitungszeit zur Verfügung gestellt. Auch die Haushalte 2014 und 2015 sahen einen weiteren Ausbau von 109 und 357 Stellen an Grundschulen vor. Insgesamt werden damit erhebliche zusätzliche Ressourcen von insgesamt 1227 Stellen für Leitungszeit eingesetzt. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass durch die Vertretungsregelung im Schulgesetz (§ 60 Abs. 2) stets gewährleistet ist, dass die Schulleitungsaufgaben wahrgenommen werden. 5. Wie stellt sich quantitativ und qualitativ der Unterschied der Schulleiterstellenbesetzung im Vergleich der Stadt Oberhausen zum sonstigen RVR-Gebiet dar? (Beantwortung bitte unter Angabe der RVR-weiten Schulleitungsvakanzen analog Frage 1) Die Anzahl der Schulleitungsstellen – getrennt nach Schulformen – im RVR-Gebiet (ohne die Stadt Oberhausen) sowie die jeweiligen Vakanzen ergeben sich aus den nachfolgenden Tabellen. Eine aktuelle Einzelerhebung durch die betroffenen Bezirksregierungen – aufgeschlüsselt nach Kommunen – war in der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar. Alternativ folgen deshalb Daten für das gesamte RVR-Gebiet (ohne die Stadt Oberhausen): Besetzung der Stellen für Schulleiterinnen und Schulleiter im RVR-Gebiet (ohne die Stadt Oberhausen) zum Stichtag 07.01.2016 Schulform Schulleitungsstellen unbesetzte Schulleitungsstellen Prozent Berufskolleg 69 4 5,8 Förderschule 140 11 7,9 Gemeinschaftsschule 2 0,0 Gesamtschule 87 8 9,2 Grundschule 718 83 11,6 Gymnasium 137 9 6,6 Hauptschule 88 23 26,1 Realschule 122 24 19,7 Sekundarschule 20 1 5,0 Weiterbildungskolleg 11 2 18,2 Gesamtergebnis 1394 165 11,8 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10914 7 Besetzung der Stellen für Stellvertretungen im RVR-Gebiet (ohne die Stadt Oberhausen) zum Stichtag 07.01.2016 Schulform Vertretungsstellen unbesetzte Vertretungsstellen Prozent Berufskolleg 69 7 10,1 Förderschule 135 21 15,6 Gemeinschaftsschule 2 0,0 Gesamtschule 87 17 19,5 Grundschule 558 209 37,5 Gymnasium 137 16 11,7 Hauptschule 61 17 27,9 Realschule 122 19 15,6 Sekundarschule 20 4 20,0 Weiterbildungskolleg 11 2 18,2 Gesamtergebnis 1202 312 26,0 Die Besetzungsquote liegt bei den Leitungsstellen in Oberhausen unter dem Schnitt für die RVR-Region. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10914