LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10921 28.01.2016 Datum des Originals: 28.01.2016/Ausgegeben: 02.02.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4135 vom 9. Dezember 2015 der Abgeordneten Margret Voßeler CDU Drucksache 16/10458 Findet die Honigbiene ausreichend Beachtung? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 4135 mit Schreiben vom 28. Januar 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Weiterbildung und der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Honigbiene trägt erheblich zur Artenvielfalt in der Natur und zur Ernährungssicherung der Menschen bei. Sie ist daher weltweit als unersetzbares Nutztier anerkannt. Es ist somit wichtig und richtig, dass die Honigbiene aufgrund ihrer Bedeutung einen festen Platz im Curriculum hat. Unklar - und daher unbefriedigend - ist jedoch die praktische Vorstellung in den Schulen oder auch in Kitas. Viele Imker haben sich dankenswerter Weise bereits auf den Weg gemacht und stellen interessante und kindgerechte Angebote unterstützend zur Verfügung, um die Lehr-Lern- Situation mit ihrem Fachwissen in den Einrichtungen zu bereichern. Der Kreisimkerverband Krefeld-Viersen beispielsweise hat hierzu sogenannte Lernbeuten (eine Art Bienenwohnung) entwickelt, die kostenfrei an Kitas, Schulen und Arbeitsgruppen ausgeliehen werden können. Das Interesse von Kindern und Jugendlichen soll dank solcher Medien noch stärker geweckt werden und sie können ein wertschätzendes Verständnis den Bienen entgegenbringen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10921 2 Das Interesse aus Schulen anderer Bundesländer an diesem Medium war sehr groß – oft mit dem Hinweis, es sei für Inklusion und MINT besonders geeignet. Leider war keine einzige Anfrage aus nordrhein-westfälischen Einrichtungen dabei. 1. Erhält die Honigbiene in unserem Land ausreichend viel Beachtung in der Bildungsarbeit? Bienen (Wildbienen und Honigbienen) kommt zum Erhalt unserer natürlichen Umwelt sowie unserer Kulturlandschaft eine hohe Bedeutung zu. Sie sichern durch ihre Bestäubungsleistung den Erhalt der Landschaft in der heimischen Region. Sie sorgen dafür, dass die Natur artenreicher, die Pflanzenvielfalt größer und die Nahrung für eine Vielzahl von Tieren gesichert wird. Auch die Erträge zahlreicher Nutzpflanzen in der Landwirtschaft werden durch den Bienenflug gesteigert. Der Schutz der Bienen ist daher auch in die Koalitionsvereinbarung der die Landesregierung tragenden Parteien aufgenommen worden. Die Verbesserung der Lebensbedingungen für Bienen und anderen pollensammelnden Insekten ist für die Landesregierung daher eine seit mehreren Jahren konsequent verfolgte Aufgabe. Aufgrund ihrer Vielschichtigkeit – von der Bedeutung für die biologische Vielfalt bis hin zu Fragen der Welternährung – bieten Bienen Ansatzpunkte und Chancen für eine umfassende „Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Die Beschäftigung mit der Ökologie der Bienen und der Imkerei eröffnet gerade für Kinder und Jugendliche einen alltagsbezogenen Zugang für eine nachhaltige Entwicklung: Schülerinnen und Schüler können den ökologischen, ökonomischen und sozialen Nutzen biologischer Vielfalt erleben. Beim Umgang mit den Tieren lernen sie, Verantwortung zu übernehmen und vorausschauendes Handeln und Planen. Umso wichtiger ist es, Bienen als Gegenstand von Lernen und Handeln in den verschiedenen Bildungsbereichen in NRW zu implementieren. Der verantwortungsvolle und nachhaltige Umgang mit der Natur und der Umwelt sowie Kenntnisse zur Artenvielfalt und zu Nutztieren sind daher fester Bestandteil des Sachunterrichts in der Grundschule und im Biologieunterricht in weiterführenden Schulen. In den Kernlehrplänen werden jedoch keine konkreten Themen festgelegt, sondern Kompetenzen beschrieben, die die Schülerinnen und Schüler erwerben sollen. Kompetenzen zielen auch auf die Vermittlung von Fähigkeiten zu lebenslangem Lernen, so dass neue Kontexte eigenständig erschlossen werden können. In der Grundschule beschäftigen sich Schülerinnen und Schüler mit der Anpassung von Tieren an verschiedene Lebensräume unter dem Aspekt der Ernährung und Fortbewegung. Der Kernlehrplan Biologie für die Sekundarstufe I beinhaltet die Auseinandersetzung mit Wild- und Nutzformen von Pflanzen und Tieren. Daneben wird das Zusammenleben in Tierverbänden, z. B. eines staatenbildenden Insekts, behandelt. Aufgrund von Beobachtungen können Schülerinnen und Schüler Verhaltensweisen in tierischen Sozialverbänden unter dem Aspekt der Kommunikation beschreiben. Fachkonferenzen bzw. Lehrkräften bieten sich somit verschiedene Möglichkeiten, die Ökologie und die Bedeutung der Bienen in ihren Unterricht zu integrieren. Denn diese stellen einen geeigneten Kontext zur Vermittlung der Kompetenzen dar, welchen sie entsprechend einer Schwerpunktsetzung im schulinternen Lehrplan in eigener Verantwortung wählen können. Darüber hinaus können die Schulen Projekte und Arbeitsgemeinschaften zum Thema anbieten. Im Elementarbereich ist in den Bildungsgrundsätzen „Mehr Chancen durch Bildung von Anfang an – Grundsätze zur Bildungsförderung für Kinder von 0 bis 10 Jahren“ das Thema LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10921 3 Bildung für nachhaltige Entwicklung ebenfalls ein wichtiger Bildungsbereich und für die Fachkräfte in den Kitas eine Querschnittsaufgabe, die in enger Verzahnung zu allen anderen Bildungsbereichen zu betrachten ist. Im Mittelpunkt der ökologischen Bildung stehen der achtsame Umgang mit den natürlichen Ressourcen, das Erleben ökologisch intakter Lebensräume und praktische Projekte, die den Kindern den Umweltschutz nahe bringen, dazu gehören auch „Bienenprojekte“. Auch in der außerschulischen Bildung in NRW sind Bienen als Lerngegenstand stark präsent, so z.B. in der Bildungsarbeit der Natur- und Umweltschutz-Akademie des Landes NRW (NUA). Sie thematisiert im Rahmen der jährlichen Veranstaltungsprogramme nicht nur Honigbienen (Bienenhaltung und Imkerei), sondern auch die aus ökologischer Sicht ebenso wichtigen „Wildbienen“. Zu diesem Themenbereich gab es mehrere Angebote, mit denen sich die NUA an Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der Umweltbildungsarbeit und besonders auch an Lehrkräfte wandte. Darüber hinaus finden Bienen in den Bildungsaktivitäten der zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren große Beachtung, die sich für Imkerei, Artenvielfallt und Umweltschutz einsetzen. Neben den nordrhein-westfälischen Imkerverbänden und Imkervereinen und den Naturschutzverbänden sind auch einige Unternehmen (z.B. RAG Montan Immobilien) und Stiftungen (DBU,NRW-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege) für Bienen engagiert. Ebenso ist es der Landesregierung wichtig, durch verschiedene Angebote der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen gerade bei jungen Menschen das Interesse an der Imkerei zu wecken und aktive Imkerinnen und Imker mit Bildungsangeboten umfassend zu qualifizieren. 2. Hat die Landesregierung Kenntnisse darüber, ob (und in welcher Form) Schulen oder andere Bildungseinrichtungen von Angeboten bzw. zur Verfügung stehenden Medien wie der Bienenwohnung Gebrauch machen? 3. Bestehen Kooperationen bzw. Projekte, mit welchen die Landesregierung die Vermittlung von Fachwissen der Praktiker an Kinder und Jugendliche unterstützt? Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund thematischer Überschneidungen gemeinsam beantwortet. In Anbetracht der enormen Vielfalt solcher Angebote, deren Nutzung in eigener Verantwortung der Bildungseinrichtungen selbst liegt und daher auch nicht zentral erfasst wird, kann hier nur beispielhaft Angebot und Nachfrage illustriert werden. Das Weltaktionsprogramm „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) zielt darauf ab, Schülerinnen und Schülern die Kompetenzen zu vermitteln, die für eine zukunftsfähige Gestaltung ihres Lebens erforderlich sind. Zukunftsfähig bedeutet, eigene Lebensstile entsprechend der eigenen Werte und Bedürfnisse zu entwickeln und dabei gleichzeitig in Einklang mit dem Ziel eines „guten Lebens für alle“ zu handeln. Um Schulen zu motivieren und zu begleiten, BNE in das unterrichtliche Lernen wie in den Schulalltag zu integrieren, hatten das Schulministerium und das Umweltministerium gemeinsam die Kampagne „Schule der Zukunft – Bildung für Nachhaltigkeit“ gestartet. Im Jahr 2015 wurden 485 Schulen, 28 Kitas und 28 Netzwerke in insgesamt 31 Feiern in NRW als „Schule der Zukunft“ ausgezeichnet. Unterstützung konnten Schulen und Kitas von über 200 angemeldeten Partnerinnen und Partnern aus der Zivilgesellschaft erhalten. Über 40 Schulen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10921 4 haben sich mit Bienen in Unterrichts- oder Schulprojekten beschäftigt. Entweder werden an den Schulen Bienen gehalten und betreut oder Bienenstöcke bei Imkerinnen und Imkern besucht. Zahlreiche Schülerfirmen bzw. Schülergenossenschaften, u.a. organisierte FairTradeSchools, vertreiben nachhaltig produzierte Produkte, u.a. auch Honig aus Schulimkereien. Häufig sind Imkervereine und einzelne Imkerinnen und Imker dabei Kooperationspartnerinnen bzw. - partner der Schulen bzw. der Kampagne. Zudem wird diese Bildungsarbeit durch Informationsmaterialien der NUA unterstützt. In der gemeinsam mit den Landesverbänden der Kleingärtner entwickelten Infoblattserie „Infoblätter Naturgarten“ nimmt das Thema „Förderung von Bienen“ und „Entwicklung bienenfreundlicher Gärten“ einen großen Stellenwert ein. Bildungsarbeit für Imkerinnen und Imker wird seit vielen Jahren über die Richtlinie „Verbesserung der Erzeugungs- und Vermarktungsbedingungen für Bienenzuchterzeugnisse“ gefördert. Nordrhein-Westfalen setzt hierbei einen besonderen Schwerpunkt im Bereich Schulung, gerade auch für Jung- bzw. Neuimkerinnen und -imker. Durch förderfähige Einführungsfortbildungen und die Ausbildung von Schulungsbeauftragten und Imkerpatinnen und -paten sollen mehr Menschen für die Imkerei gewonnen werden. Hier können grundsätzlich auch Kinder und Jugendliche teilnehmen. Die Landesimkerverbände haben spezielle Schulungskonzepte entwickelt und bieten auch verstärkt Schulungsmaßnahmen in diesem Bereich an. Weiterhin ist auch die Ausstattung von Lehrbienenständen förderfähig. Der Verein zur Förderung der Bienenkunde der Landwirtschaftskammer NRW (Apis. e.V.) informiert über Veranstaltungen, Lehrgänge und Neuigkeiten rund um Bienen und Imkerei. Der Förderverein arbeitet auch mit Schulen zusammen. Schülerinnen und Schüler werden im Rahmen von Lehrgängen u.a. zu Jungimkerinnen und -imkern ausgebildet. Darüber hinaus leisten die Landesimkerverbände und die Imkerverbände vor Ort auf vielfältige Weise Jugendarbeit und führen verschiedene Projekte durch. Hier ist beispielsweise der Landesverband Westfälischer und Lippischer Imker e. V. zu erwähnen, der gerade im Jugendbereich diverse Projekte angestoßen und umgesetzt hat. So berät, schult und begleitet er die Lehrkräfte von Arbeitsgemeinschaften und Schülerfirmen von mittlerweile über 40 Schulen. Im November 2015 konnten sich erstmals Imkerjugendgruppen auf einer Imkerjugendmesse präsentieren. Mehrere NRW-Schulen beteiligen sich am durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Projekt „Nachhaltige Schulimkerei“ und etablieren in diesem Rahmen eigene Schulimkereien. 4. Plant die Landesregierung Kooperationen bzw. Projektförderungen zur besseren Vermittlung von Fachwissen der Praktiker an Kinder und Jugendliche? Im Bildungsprogramm 2016 der NUA sind folgende Veranstaltungen zu Bienen eingestellt: „Apisticus-Tag Münster 2016 – Bienen gesund und vital“ (jährliche Mitwirkung mit einem Messestand, u.a. am 13.–14.02.2016, Münster) „Bienenschmaus – Wo Kräuter wachsen, blüht das Leben. Ideen und Methoden zur Bildung für nachhaltige Entwicklung im Schulleben“ (18.05.2016). „Heimische Bienen und Wespen: Lebensweise, ökologische Bedeutung, Kennzeichen und Schutzmaßnahmen“ (09.–10.07.2016) „Wo die wilden Bienen wohnen“ (25.06.2016) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10921 5 Angebote des Arbeitskreise „Natur an der Schule“ Aufgrund des großen Erfolges wird die Kampagne „Schule der Zukunft“ für den Zeitraum 2016–2020 fortgeführt und weiterentwickelt. Des Weiteren hält die Landesregierung an der bereits erwähnten Förderung von Schulungsmaßnahmen aufgrund der Förderrichtlinie zur „Verbesserung der Erzeugungs- und Vermarktungsbedingungen für Bienenzuchterzeugnisse“ fest. 5. Welche Maßnahmen erachtet die Landesregierung für zielführend, um die Bienenhaltung zum noch festeren Bestandteil der Bildungsarbeit werden zu lassen? Die Landesregierung erachtet die bereits bestehenden Maßnahmen als zielführend und umfassend. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10921