LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/10931 01.02.2016 Datum des Originals: 29.01.2016/Ausgegeben: 04.02.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4113 vom 2. Dezember 2015 der Abgeordneten Marcel Hafke, Dr. Björn Kerbein und Dr. Joachim Stamp FDP Drucksache 16/10384 Wie erfasst die Landesregierung die Zahl der Kinder aus Flüchtlingsfamilien in Nordrhein-Westfalen? Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 4113 mit Schreiben vom 29. Januar 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, dem Minister für Inneres und Kommunales und dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Ausländer, die rechtmäßig oder aufgrund einer ausländerrechtlichen Duldung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Nordrhein-Westfalen haben, besitzen Anspruch auf die Leistungen des Achten Sozialgesetzbuchs. Die in Nordrhein-Westfalen lebenden Flüchtlinge haben damit auch den in § 24 SGB VIII normierten Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege für ihre Kinder. Flüchtlingskinder haben einen besonderen Bedarf an Fürsorge: In jungen Jahren werden sie aus ihrer Heimat entwurzelt, leben in wechselnden Unterkünften mit fremden Menschen und sind zudem häufig durch die Umstände der Flucht schwer traumatisiert. Für diese Kinder muss daher sichergestellt werden, dass sie an den Bildungsangeboten in Nordrhein-Westfalen partizipieren können. Wie der Ergänzung zum Haushalt 2016 (Drs. 16/10150) zu entnehmen ist, wendet die Landesregierung zusätzlich 14.832.000 Euro für mehr Kindpauschalen auf, da davon ausgegangen wird, dass es im kommenden Jahr eine gesteigerte Nachfrage nach Betreuungsplätzen für Kinder aus Flüchtlingsfamilien geben wird. Auch der Ansatz für Brückenprojekte zur Betreuung von Kindern aus Flüchtlingsfamilien ist für das Haushaltsjahr LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10931 2 2016 nun auf insgesamt 20 Millionen Euro gesteigert worden. Bereits bei der Beantwortung der Kleinen Anfragen 2941 und 3038 der FDP-Landtagsfraktion (Drs. 16/7735 bzw. 16/8049) hat die Landesregierung jedoch nicht überzeugend darlegen können, für wie viele Kinder aus Flüchtlingsfamilien es Betreuungsbedarf gibt und wie dieser gemessen wird. In ihrer gemeinsamen Stellungnahme 16/3221 kritisieren die Landschaftsverbände Westfalen- Lippe und Rheinland, dass für die Planung und Gestaltung von Angeboten für eine gelingende Integration von Flüchtlingen verlässliche Daten fehlen. Die Landschaftsverbände sehen dabei Bund und Länder besonders in der Pflicht, diese zur Verfügung zu stellen. Die Landschaftsverbände selbst gehen dabei – anhand des vom Bundesfamilienministerium geschätzten Bedarfs von bundesweit 68.000 zusätzlichen Betreuungsplätzen – von über 14.000 zusätzlichen Betreuungsplätzen in Nordrhein-Westfalen aus. 1. Wie vielen Betreuungsplätzen entspricht die Ausweitung der Kindpauschalen um 14.832.000 Euro gemäß der Ergänzung der Landesregierung zum Haushalt 2016? Die Landesregierung hat mit der Ergänzungsvorlage zum Haushaltsentwurf 2016 weitere Mittel für zusätzliche Betreuungsplätze, insbesondere für Kinder aus Flüchtlingsfamilien, veranschlagt. Damit wird Vorsorge für insgesamt 600.113 Plätze in Kindertageseinrichtungen und 51.056 Plätze in Kindertagespflege getroffen. Durch die Ausweitung der Kindpauschalen nach der Ergänzungsvorlage der Landesregierung ergibt sich eine Steigerung von 3.250 Betreuungsangeboten für Kinder im Alter von unter drei Jahren und 7.680 Betreuungsangebote für Kinder im Alter von über drei Jahren. 2. Wie viele Erzieherinnen und Erzieher werden 2016 im Rahmen der Brückenprojekte für Flüchtlingskinder eingesetzt? (Bitte nach Jugendamtsbezirken und der Zahl der voraussichtlich betreuten Kinder aus Flüchtlingsfamilien aufschlüsseln.) Die Grundsätze für die Förderung von Projekten zur Kinderbetreuung in besonderen Fällen sehen vor, dass die Beantragung auf Basis sog. „Betreuungspakete“ erfolgt. Ein Betreuungspaket umfasst ein Betreuungsangebot durch pädagogisch qualifiziertes Personal im zeitlichen Umfang von 60 Minuten, bei dem bis zu fünf Kinder betreut werden können. Das eingesetzte Personal verfügt über eine pädagogische Qualifikation bzw. eingesetzte Tagespflegepersonen über eine Qualifikation gem. § 17 Abs. 2 Kinderbildungsgesetz NRW. Darunter fallen z. B. Erzieherinnen und Erzieher, aber es können auch andere geeignete Personen mit einer pädagogischen Qualifikation eingesetzt werden. Die Anträge beinhalten im Regelfall mehrere Betreuungspakete. Die Maßnahmen können sowohl hinsichtlich der pädagogischen Konzeption als auch hinsichtlich des Personaleinsatzes unterschiedlich ausgestaltet sein. Die Zahl der eingesetzten pädagogischen Kräfte wird nicht gesondert erfasst. Ende November lagen bei den Landesjugendämtern für 2016 Anträge, die Betreuungsangebote für rd. 5.240 Kinder aus Flüchtlingsfamilien umfassen, vor. Dabei handelt es sich nur um Maßnahmen, die ab dem 1. Januar 2016 begonnen werden sollen. Anträge für alle Maßnahmen mit Beginn in 2015 umfassen insgesamt Betreuungsangebote für rd. 3.610 Kinder aus Flüchtlingsfamilien. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/10931 3 3. Auf welchen konkreten Daten basiert die Ausweitung der Kindpauschalen bzw. die Erhöhung des Ansatzes für Brückenprojekte in der Ergänzung zum Haushalt 2016 der Landesregierung? Die Ausweitung der Kindpauschalen durch die Ergänzungsvorlage berücksichtigt eine Schätzung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, wonach für Nordrhein-Westfalen ein zusätzlicher Betreuungsbedarf in Höhe von insgesamt rd. 11.000 Plätzen, darunter rd. 3.250 U3- und rd. 7.680 Ü3-Plätzen, abgeleitet werden kann. Bereits im ursprünglichen Entwurf des Haushaltes für 2016 war Vorsorge für unterjährige Aufnahmen von rd. 3.600 Kindern, insbesondere Flüchtlingskinder, getroffen worden. Die Erhöhung des Ansatzes für die Brückenprojekte berücksichtigt die Antragslage. 4. Teilt die Landesregierung die Einschätzung der Landschaftsverbände, dass für 2016 rund 14.000 Kinder aus Flüchtlingsfamilien in Nordrhein-Westfalen zusätzlich betreut werden müssen? Diese Einschätzung deckt sich in der Größenordnung mit den Planungen der Landesregierung. Dabei ist noch einmal deutlich darauf hinzuweisen, dass es - anders als im Schulbereich - keine Kitapflicht gibt. Insoweit bestehen, neben statistischen Unschärfen (siehe hierzu auch die Antwort zu Frage 5), auch Unwägbarkeiten hinsichtlich der tatsächlichen Inanspruchnahme von Betreuungsangeboten. 5. Wird die Landesregierung zukünftig Planungsdaten über die Zahl der nicht schulpflichtigen Kinder aus Flüchtlingsfamilien in Nordrhein-Westfalen bzw. den daraus resultierenden Betreuungsbedarf zur Verfügung stellen? Asylsuchende werden nach Einreise nach NRW durch staatliche bzw. kommunale Stellen statistisch erfasst. Die Anzahl der zukünftig in Nordrhein-Westfalen Asyl suchenden, nicht schulpflichtigen Flüchtlingskinder ist der Landesregierung nicht bekannt. Eine Einschätzung der zu erwartenden nicht schulpflichtigen Flüchtlingskinder für einen bestimmten Zeitraum kann nur anhand der Auswertung und Hochrechnung vorhandener Statistiken vorgenommen werden. Hierbei besteht eine statistische Unschärfe, die das Erzeugen von genauen Planungsdaten erheblich erschwert und allen beteiligten Stellen flexibles Handeln abfordert. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/10931