LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1094 10.10.2012 Datum des Originals: 10.10.2012/Ausgegeben: 15.10.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 424 vom 7. September 2012 des Abgeordneten Bernd Krückel CDU Drucksache 16/853 Belästigung von Anwohnern und Passanten durch Gefangene der JVA Heinsberg – Wann handelt SPD-Justizminister Kutschaty endlich? Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 424 mit Schreiben vom 10. Oktober 2012 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit der Inbetriebnahme des Erweiterungsbaus der JVA Heinsberg wird aus dem Umfeld der Anstalt über permanente Belästigungen durch die Gefangenen geklagt. Weil die Fenster des Erweiterungsbaus den Blick über die Umwehrungsmauer der JVA freigeben, werden vorbeigehende Passanten und Anwohner regelmäßig durch Zurufe der Häftlinge beleidigt und fühlen sich zunehmend in ihrer Sicherheit beeinträchtigt. Anwohner berichten zudem, dass sie angesichts der angespannten Personalsituation in der JVA Heinsberg mittlerweile selbst Kontrollfunktionen übernommen hätten, weil sie „jede Nacht“ in der JVA anrufen müssten, um die Störungen zu melden (siehe http://www.aachener-zeitung.de/artikel/2389435). Aus diesem Anlass wurde Mitte Mai 2012 ein Ortstermin durchgeführt, in dessen Nachgang das Justizministerium mitteilte, dass „eine Reihe von Maßnahmen beschlossen“ worden seien , um Abhilfe zu schaffen (siehe ebenfalls http://www.aachener-zeitung.de/artikel/2389435). So habe z.B. ein Landschaftsarchitekt Vorschläge unterbreitet, wie die Grundstücke der Anwohner bepflanzt werden könnten, damit ein Sichtschutz gewährleistet werde. Die Kosten dieser Bepflanzung würden vom Land Nordrhein-Westfalen übernommen. Außerdem sollten die Fenster des Erweiterungsbaus mit einer Dreifachverglasung ausgestattet werden. Seit diesen Ankündigungen ist mittlerweile mehr als ein Vierteljahr vergangen, ohne dass sich die Situation der Anwohner und Passanten verbessert hat. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1094 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Heinsberg ist eine Anstalt des Jugendstrafvollzuges. Bei ihrer Inbetriebnahme im Jahre 1978 verfügte sie über rund 230 Haftplätze. Im Jahre 2006 ist entschieden worden, die Anstalt durch den Neubau von zwei getrennten Unterkunftsgebäuden für junge Untersuchungsgefangene und junge Strafgefangene sowie mehrere Funktionsgebäude in dem erforderlichen Umfang zu erweitern. Nach dem Abschluss der derzeit noch laufenden Baumaßnahme werden in der JVA Heinsberg insgesamt 572 Haftplätze, davon 524 Plätze im geschlossenen und 48 Plätze im offenen Vollzug, zur Verfügung stehen. Zeitgleich mit den Arbeiten zur Planung und Errichtung der JVA ist auf der gegenüberliegenden Seite der Wichernstraße ein Neubaugebiet entstanden. Bei Erwerb der entsprechenden Grundstücke war den Erwerbern die geplante Erweiterung der JVA bekannt. Die neu errichteten Unterkunftsgebäude (Hafthäuser 8 und 9) konnten bereits zu Beginn des Jahres 2012 bezogen werden. In der Folgezeit kam es zu Beschwerden der Anwohner der JVA, insbesondere der Bewohner des o.g. Neubaugebietes, über zu starke Geräuschbelästigungen durch Kommunikation der dort untergebrachten Gefangenen untereinander sowie Kontaktaufnahmen zu Personen außerhalb des umwehrten Anstaltsbereichs. Darüber hinaus ist von den Anwohnern Klage über die Einsehbarkeit ihrer Grundstücke sowie über Lichteinfall aus der JVA geführt worden. Besonders betroffen ist insoweit das neu errichtete Hafthaus 9, dessen obere Geschosse höhenmäßig die Umwehrungsmauer überragen. Um den Belangen der Anwohner Rechnung zu tragen, haben zahlreiche Besprechungen der Anstaltsleitung mit den Anwohnern und dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW, zum Teil auch unter Beteiligung des Justizministeriums, stattgefunden. Über eine Besprechung vom 15. Mai 2012 ist in der Aachener Zeitung berichtet worden, hierauf wird in der Kleinen Anfrage 424 Bezug genommen. Seitdem sind durch das Justizministerium und die Anstaltsleitung organisatorische und technische Maßnahmen zum Schutz der Anwohner ergriffen worden, weitere Maßnahmen sind eingeleitet. 1. Welche der im Mai 2012 beschlossenen Entlastungsmaßnahmen sind bislang umgesetzt worden? Um Geräuschbelästigungen aus der JVA möglichst weitgehend zu vermeiden, ist die Überwachung sowohl innerhalb der Anstalt als auch des Außenbereichs verstärkt worden. In Einzelfällen sind gegen Gefangene disziplinarrechtliche Maßnahmen eingeleitet worden. Überdies ist das oberste Geschoß des Hafthauses 9, das höhenmäßig die Außenmauer überragt, vorübergehend nicht mehr belegt worden. Darüber hinaus wurde für die Anwohner eine "Telefonhotline“ zur unmittelbaren Erreichbarkeit des Schichtdienstführers im Störfall eingerichtet. Um den von den Anwohnern beanstandeten Lichteinfall durch die Fassadenausleuchtung der Erweiterungsbauten zu reduzieren, hat die Anstaltsleitung andere Winkeleinstellungen für die Ausleuchtung vornehmen lassen. An einer Mastanlage ist zudem eine Blende angebracht worden, um den Lichtkegel einzugrenzen. Darüber hinaus hat die JVA in Zusammenarbeit mit der ausführenden Fachfirma die Lichtabstrahlung durch Drehen des Scheinwerfers weiter reduziert. Die Fenster der Erweiterungsbauten sind mit der in der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage angesprochenen Dreifachverglasung ausgestattet. Insoweit ist allerdings klarstellend darauf LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1094 3 hinzuweisen, dass die neu errichteten Unterkunftsgebäude von Anfang an mit dreifach verglasten Fenstern ausgestattet worden sind. Eine Nachrüstung war weder im Hinblick auf die Beschwerden der Anwohner noch aus sonstigen Gründen erforderlich. 2. Aus welchen Gründen sind die im Mai 2012 beschlossenen Entlastungsmaß- nahmen gegebenenfalls noch nicht umgesetzt worden? Die zur Verringerung des Geräusch- und Lichteinfalls in Betracht gezogenen Anpflanzungen auf den Grundstücken der Anwohner sind nicht weiter verfolgt worden, nachdem Vertreter der Anwohner in einem Gespräch mit der Anstaltsleitung und Vertretern des Justizministeriums am 18. Mai 2012 deutlich gemacht haben, dass sie dies ablehnen. Im Bereich der Kempener Straße werden allerdings in Kürze Anpflanzungen auf öffentlichem Grund erfolgen. Die konkrete Ausgestaltung erfolgt in Abstimmung mit den betroffenen Anwohnern. Da Versuche zur Kontaktaufnahme mit den Gefangenen häufig über die entlang der Außenmauer verlaufende Straße erfolgen, ist geplant, zwei Wegeschranken aufzustellen, um ein unbefugtes Befahren der entlang der Außenmauer verlaufenden Straße gänzlich auszuschließen und die Kontaktmöglichkeiten durch Außenstehende weiter zu reduzieren. Die Maßnahme wird kurzfristig umgesetzt. Zur dauerhaften Verbesserung der Situation soll ferner die Möglichkeit geschaffen werden, die Untersuchungsgefangenen - die in besonderem Maße als Lärmverursacher ermittelt wurden - künftig im Haus 8 unterzubringen, welches weiter von den Grundstücken der Anwohner entfernt liegt. Die notwendigen baulichen Maßnahmen sind veranlasst. Überdies werden die Haftraumfenster des Hafthauses 9 mit abschließbaren Fenstergriffen ausgerüstet. Auch diese Maßnahme ist veranlasst. 3. Bis wann können Anwohner und Passanten der JVA Heinsberg mit einer dauer- haften Verbesserung der Situation rechnen? Die von der JVA ausgehenden Beeinträchtigungen konnten bereits deutlich reduziert werden. Weitere Verbesserungen sind eingeleitet und werden kurzfristig abgeschlossen.