LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11109 11.02.2106 Datum des Originals: 11.02.2016/Ausgegeben: 16.02.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4273 vom 12. Januar 2016 der Abgeordneten Ingola Schmitz FDP Drucksache 16/10718 Was tut die Landesregierung zur Sicherung und Stärkung der Rechte der Frauen in unserem Staat? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4273 mit Schreiben vom 11. Februar 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales, dem Justizminister und der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im arabischen Raum werden über 90 Prozent der Mädchen Opfer von Genitalverstümmelungen , sexuelle Belästigung ist an der Tagesordnung. So sind im bevölkerungsreichsten arabischen Land Ägypten Frauen erschütternder Gewalt ausgesetzt. Laut der Kinderschutzorganisation Unicef sind 91 Prozent der erwachsenen Frauen in Ägypten verstümmelt. Sie wurden im Kindesalter beschnitten. Bei der – meist ohne jede Narkose und unter unhygienischen Bedingungen – ausgeführten Prozedur wird den Mädchen die Klitoris teilweise oder ganz amputiert. Oft werden dabei auch Teile der Schamlippen abgeschnitten. Fast jede ägyptische Frau – 99,3 Prozent – erlebt nach der Studie der britischen Thomson Reuters Stiftung im Laufe ihres Lebens sexuelle Belästigung. Tatsächlich hat sich die Sicherheitslage im Land seit der Absetzung Mubaraks im Frühjahr 2011 deutlich verschlechtert. Frauen werden heute regelmäßig Opfer von aggressiven Übergriffen, bei denen Täter sie oft in aller Öffentlichkeit drangsalieren. Auf dem Tahir-Platz kam es in den vergangenen Monaten mehrmals am helllichten Tag zu Massenvergewaltigungen. Zweitschlechtestes Ergebnis im Negativ-Ranking erzielt der Irak. 1,6 Millionen Frauen seien verwitwet und damit meist auch in finanziellen Nöten. Nur 14,5 Prozent der Frauen hätten LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11109 2 Arbeit. Tausende von im Laufe des Krieges Vertriebenen seien in die Prostitution gezwungen worden. Saudi-Arabien belegt den Autoren der Studie zufolge den drittschlechtesten Platz. Zwar dürften Frauen erstmals seit 2015 an Lokalwahlen teilnehmen, doch anderweitig seien ihre Rechte stark eingeschränkt. So sei Vergewaltigung in der Ehe kein Delikt. Frauen dürften zudem nicht Auto fahren und bräuchten die Erlaubnis eines männlichen Verwandten, um zu reisen oder sich medizinischen Eingriffen zu unterziehen. Syrerinnen seien nicht nur den Gefahren der Kriegshandlungen, sondern vermehrt auch sexueller Gewalt ausgesetzt. Einige Flüchtlingsmädchen seien bereits mit 12 Jahren verheiratet worden, schreiben die Autoren, die Syrien den viertschlechtesten Platz auf der Liste zuordnen. Es folgt der Jemen. Nur das Archipel im Indischen Ozean, die Komoren, schneiden gut ab. 35 Prozent erwachsener Komorerinnen haben Arbeit, und sexuelle Gewalt wird streng geahndet: Die Hälfte aller Insassen des Gefängnisses von Moroni sitzt wegen Sexualstraftaten hinter Gittern. Die meisten Flüchtlinge in Deutschland kommen aus diesen soeben geschilderten Gebieten mit einem völlig anderen Verständnis von Grundwerten und Demokratie. Sie kommen mit einer vollkommen anderen Vorstellung von Solidarität und öffentlichem Eigentum zu uns. Und sie haben Familienvorstellungen und ein Frauenbild, die weder mit den Menschenrechten noch mit unserer rechtsstaatlichen Verfassung vereinbar sind. Am Silvesterabend 2015 versammelten sich auf dem Bahnhofsvorplatz in Köln nach den Worten des ehemaligen Polizeipräsidenten etwa 1000 Männer, die „dem Aussehen nach aus dem arabischen oder nordafrikanischen Raum“ stammen. Aus der Menge hätten sich Gruppen von mehreren Männern gebildet, die Frauen umzingelt, bedrängt und ausgeraubt hätten. Albers sprach von Sexualdelikten in sehr massiver Form und einer Vergewaltigung. Der Polizei lagen bis Montag (04.01.) 60 Anzeigen vor, darunter auch Diebstähle von Taschen, Handys und Geldbörsen. Die Ermittler gehen von weiteren Opfern aus, die sich bisher noch nicht gemeldet haben. Die Polizei hatte die Ansammlung auf dem Bahnhofsplatz nach eigener Darstellung beobachtet und den Platz schließlich vorübergehend räumen lassen, weil Böller in die Menge geworfen wurden – der vielfach Missbrauch sei den Beamten zunächst aber nicht aufgefallen. Der Flüchtlingsrat berichtet, dass es in den vergangenen Monaten mehrfach sexuelle Übergriffe auf Bewohnerinnen gegeben habe. „Wir haben nach und nach von verschiedenen Fällen erfahren, in denen Frauen und Kinder von Männern sexuell belästigt wurden.“, sagte Claus- Ulrich Prölß, Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrates, dem „Kölner Stadtanzeiger“. Dabei bemängelt er die die schlechten Bedingungen in den Kölner Flüchtlingsheimen. „Da fehlt es an so einfachen Dingen, wie einer Tür mit Schloss, damit alleinstehende und alleinerziehende Frauen hinter sich abschließen können.“, sagte Prölß. In Massenunterkünften wie etwa Hallen gebe es zum Teil überhaupt keine Türen. Bisher scheint noch kein politisches Bildungskonzept „Verantwortliches Leben in einem freien und demokratischen Staat“ angedacht. Schon auf die ersten Alarmzeichen wird durch unseren Staat nicht reagiert, es werden keine notwendigen Stoppsignale auch gegenüber Flüchtlingen gesetzt, obwohl Artikel 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genau dies vorsieht: „Jeder Flüchtling hat gegenüber dem Land, in dem er sich befindet, Pflichten, zu denen insbesondere die Verpflichtung gehört, die Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften sowie die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung getroffenen Maßnahmen zu beachten.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11109 3 1. Inwiefern sieht die Landesregierung ein politisches Bildungskonzept „Verantwortliches Leben in einem freien und demokratischen Staat“ in Erstaufnahmeeinrichtungen vor? 2. Wann soll ein solches Konzept unter besonderer Berücksichtigung des Status von Frau und Familie in unserer Gesellschaft nach Auffassung der Landesregierung umgesetzt werden, beziehungsweise, falls kein Konzept vorgesehen ist, warum nicht? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Landesregierung sieht in ihren Erstaufnahmeeinrichtungen und zentralen Unterbringungseinrichtungen , in denen sich die Asylsuchenden wenige Wochen aufhalten, kein politisches Bildungskonzept „Verantwortliches Leben in einem freien und demokratischen Staat“ vor. Das politische Bildungskonzept „Verantwortliches Leben in einem freien und demokratischen Staat“ oder ähnliche Konzepte gehen von einem Lernprozess in der Erziehungs- und/ oder Bildungsarbeit i.w.S. aus, welcher auf einen deutlich längeren Zeitraum ausgerichtet ist. 3. Welche Probleme sind der Landesregierung mit Flüchtlingen bereits aus den Regionen gemeldet worden? (Bitte auflisten nach Bezirken.) Die Landesregierung geht allen gemeldeten bzw. bekannt gewordenen Problemen mit Flüchtlingen in Einrichtungen des Landes nach. Hierzu gibt es weder eine generelle Auflistung noch eine Auflistung nach Bezirken. Sofern in den Landeseinrichtungen Probleme bzw. Beschwerden aus Sicht der Flüchtlinge bestehen, können diese bei den Betreibern der Einrichtungen vorgebracht werden. Sofern die Betreiber in den Landeseinrichtungen in Einzelfällen Probleme im Miteinander unter den Flüchtlingen wahrnehmen, werden die in Konflikt stehenden Flüchtlinge durch Verlegung in andere Einrichtungen des Landes getrennt. Das Land hat insbesondere im Jahr 2015 die Schutzmaßnahmen in den Landesaufnahmen deutlich verstärkt. Es wird auch weiterhin Schutzmaßnahmen und -konzepte weiterentwickeln und umsetzen. 4. Wie viele Straftaten von Flüchtlingen werden und wurden landesweit bisher geahndet ? Bitte differenziert nach Gewalt- und Sachdelikten regional aufschlüsseln. Statistische Daten liegen hierzu nicht vor. Die Strafverfolgungsstatistik enthält nur Angaben zu demographischen Merkmalen der Abgeurteilten (Alter zur Tatzeit, Geschlecht, Staatsangehörigkeit , Art der Straftat, Art der Entscheidung, Art der Sanktion, Vorstrafen und Untersuchungshaft ), nicht jedoch zu deren Aufenthaltsstatus. 5. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung zur Sicherung und Stärkung unseres Rechtsstaates, wenn nach Aussagen der Gewerkschaft der Polizei bereits bei den Vorfällen in Köln eine völlig neue Dimension der Gewalt vorläge, der man nicht gewachsen sei? Zu den Maßnahmen der Landesregierung zur Sicherung und Stärkung des Rechtsstaates wird auf die Erörterungen im Plenum des Landtags am 14.01.2016 sowie in den Innenausschusssitzungen am 11.01. und 21.01.2016 verwiesen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Vorgänge in der Silvesternacht in Köln und anderen Städten eine neue Form der Delinquenz beinhalten. Eine von der Fragestellerin implizierte Handlungsunfähigkeit liegt nicht vor. Die LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11109 4 Polizei in Nordrhein-Westfalen wird auch weiterhin alle erforderlichen und rechtlich zulässigen Maßnahmen treffen, um gegen Störer und Straftäter konsequent vorzugehen und die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Im Übrigen wird auf das Maßnahmenpaket der Landesregierung vom 14. Januar 2016 verwiesen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11109