LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11124 15.02.2016 Datum des Originals: 15.02.2016/Ausgegeben: 18.02.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4295 vom 13. Januar 2016 der Abgeordneten Ina Scharrenbach und André Kuper CDU Drucksache 16/10749 Erst-Registrierung und erkennungsdienstliche Behandlung von Asylsuchenden in Nordrhein-Westfalen Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4295 mit Schreiben vom 15. Februar 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Landesregierung führte im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage Nummer 3748 „Erstaufnahme von Flüchtlingen: Warum wird in NRW die erkennungsdienstliche Behandlung von Flüchtlingen und anderen Einreisenden nicht an den Anfang der Kette gestellt?“ (Drs.-Nr. 16/9441) der anfragenden Abgeordneten zu der Frage „Warum erfolgt in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes Nordrhein-Westfalen keine erkennungsdienstliche Behandlung von Asylantragstellern, obwohl das Asylverfahrensgesetz des Bundes dies ausdrücklich vorsieht?“ im September 2015 wie folgt aus: „Es gibt derzeit keine Schnittstelle zwischen dem BKA und den Ausländerbehörden bzw. zwischen dem BKA und den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes. […] Nichts desto trotz sieht die Landesregierung die Schwierigkeiten, die sich im Zusammenhang mit der verzögerten ED- Behandlung ergeben. Daher prüft die Landesregierung derzeit intensiv alternative Verfahrensweisen , ist jedoch dabei auf Unterstützung durch den Bund angewiesen.“ Des Weiteren wurde in Bezug auf die Frage nach dem Sachstand in Bezug auf das gemeinsam mit dem Bund zu entwickelnde integrierte, webbasierte IT-System zur Beschleunigung von Verfahrensabläufen geantwortet: „Im Juli [2015] wurde ein neu entwickeltes, webbasiertes Programm „AVU Asyl“ eingeführt, das sowohl in den Unterbringungseinheiten des Landes als auch am Standort der Bezirksregierung Arnsberg im Einsatz ist. Mittels AVU-Asyl erfolgt die vollständige Datenverwaltung der Asylbewerber und illegal eingereister Ausländer im Land NRW, sofern Aufnahme, Verteilung und Unterbringung betroffen sind. […]“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11124 2 Mit dem „Datenaustauschverbesserungsgesetz“ der CDU-geführten Bundesregierung sollen Asyl- und Schutzsuchende sowie Personen, die unerlaubt nach Deutschland einreisen, unverzüglich durch alle für die Registrierung zuständigen Stellen schnell registriert sowie die Informationen allen Stellen im Rahmen der erforderlichen Aufgabenerfüllung medienbruchfrei übermitteln werden können. Ziel ist der Aufbau eines Kerndatensystems, in dem die Daten von Asylsuchenden möglichst bei Erstkontakt zentral gespeichert werden. Neben der Erfassung personaler Daten sowie der Hinterlegung der Fingerabdrücke werden künftig in diesem System auch Daten über erfolgte Gesundheitsuntersuchungen und Impfungen sowie integrationsrelevante Informationen wie Schulbildung, Berufsausbildung u.a. gespeichert werden. Auf das Kerndatensystem sollen alle am Asylverfahren beteiligten Behörden gemäß ihrer Zuständigkeit Zugriff haben. Die Daten sind auch den Asylbewerberleistungsbehörden (Kommunen ), der Bundesagentur für Arbeit, die für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchenden Stellen sowie den Meldebehörden zur Verfügung zu stellen. Zur Verhinderung von Doppelregistrierungen werden die zur Registrierung befugten Stellen, die bislang noch nicht mit einem Fingerabdruck-Schnell-Abgleichsystem (Fast-ID) ausgestattet sind, entsprechend ausgerüstet. Alle Registrierungsbehörden werden künftig mithilfe der Fast-ID feststellen können, ob zu einer Person bereits Daten erfasst sind. Die Asylsuchenden erhalten dann eine um fälschungssichere Elemente ergänzte Bescheinigung über ihre Registrierung, den so genannten "Ankunftsnachweis". Die Vorlage dieses Dokuments soll grundsätzlich Voraussetzung für den Bezug von Leistungen und das Stellen eines Asylantrages sein. Mit der Registrierung soll ein Sicherheitsabgleich, angelehnt an das Verfahren für Visa-Antragsteller aus konsultationspflichtigen Staaten, eingeleitet werden. 1. Wie viele der in 2015 eingereisten Personen wurden in Nordrhein-Westfalen noch nicht durch das Land Nordrhein-Westfalen erstregistriert? Sämtliche im Jahr 2015 als Asylsuchende eingereisten Personen wurden in den Landessystemen erstregistriert. In NRW erfolgt die Registrierung der Flüchtlinge derzeit nicht nur in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes, sondern darüber hinaus in drei Registrierhallen in Münster, Herford und Niederaußem. 2. Wie wird das „Datenaustauschverbesserungsgesetz" des Bundes in Nordrhein- Westfalen umgesetzt (zeitlicher Ablauf, finanzielle Auswirkungen und vgl.)? Ziel des Datenaustauschverbesserungsgesetzes ist die Schaffung der Voraussetzungen für ein „Integriertes Identitätsmanagement". Zur Umsetzung beteiligt sich NRW an dem vom IT- Planungsrat am 30.11.2015 beschlossenen Koordinierungsprojekt "Digitalisierung des Asylverfahrens". Zur Begleitung der Umsetzung im Landesbereich ist durch Erlass vom 18.12.2015 eine landeseigene Projektgruppe unter Beteiligung des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW, der Bezirksregierung Arnsberg, des Landesbetrieb IT.NRW sowie der Zentralen Ausländerbehörden Bielefeld, Dortmund und Köln sowie von den Kommunalen Spitzenverbänden benannten Vertretern aus dem kommunalen Bereich eingerichtet worden. Der Bund will den Ländern einheitliche Erfassungsgeräte samt Software sukzessive bis Juni 2016 zur Verfügung stellen. Pilotprojekte zur Erprobung der technischen Ausstattung werden an vier Standorten in Deutschland, darunter auch in Herford, durchgeführt. NRW wird alle LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11124 3 Erstaufnahmeeinrichtungen voraussichtlich ab März 2016 mit den Erfassungsgeräten ausstatten können. In einem ersten Schritt stellt der Bund eine Schnittstelle zur zentralen Datenbank (Kerndatensystem) bereit. Perspektivisch soll eine Erfassung der Flüchtlinge über die im Aufbau befindliche Landesdatenbank NRW mit Weitergabe an das Kerndatensystem erfolgen. Die finanziellen Auswirkungen (z .B. Beschaffungskosten für notwendige Registrierungstechnik in den Erstaufnahmeeinrichtungen) sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abschließend bezifferbar. 3. Welche Ergebnisse hat die Prüfung der Landesregierung gebracht, alternative Verfahrensweisen zur Einspeisung von Ergebnissen der erkennungsdienstlichen Untersuchung von Flüchtlingen bei der ED-Behandlung durch Aufnahmeeinrichtungen in die europäischen Datenbank EURODAC zu finden? Die Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten dient der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III) zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist und der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung durch Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europol. Für Zwecke des Asylverfahrens steht der Zugriff auf das Zentralsystem ausschließlich dem BAMF zu. Eine alternative Verfahrensweise der Einspeisung von Daten in Eurodac durch Aufnahmeeinrichtungen der Länder ist nicht zulässig. Durch das Datenaustauschverbesserungsgesetz wird nun die rechtliche Möglichkeit geschaffen, bei Ausländern nach § 2 Absatz 1 a und 2 Nummer 1 AZR-Gesetz auch die Fingerabdruckdaten und die dazugehörigen Referenznummern im gemeinsamen Kerndatensystem zu speichern. 4. Zu welchen Konsequenzen führen Täuschungen über die wahre Identität eines Asylsuchenden bei der Asylantragstellung in Nordrhein-Westfalen (Asylantragstellungen ein und derselben Person unter verschiedenen Identitäten)? Bei Asylantragstellungen ein und derselben Person unter verschiedenen Identitäten ist das Vorliegen eines Straftatbestandes z.B. nach § 267 StGB durch Vorlage eines gefälschten oder verfälschten Passes oder nach § 271 StGB durch Bewirken falscher Personalien in Aufenthaltsgestattungen oder nach § 263 StGB wegen Leistungsbetruges durch die zuständigen Strafverfolgungsbehörden zu prüfen. 5. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über die Anzahl von mehrfachregistrierten Personen (Asylantragstellungen ein und derselben Person unter verschiedenen Identitäten) für das Jahr 2015 vor? Eine Erkenntniszusammenstellung des BAMF zu Asylantragstellungen ein und derselben Person unter verschiedenen Identitäten ist der Landesregierung nicht bekannt. Eine automatisierte Auswertung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) oder des polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystems (IGVP) ist im Hinblick auf die angefragte Fallkonstellation nicht möglich. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11124