LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11131 15.02.2016 Datum des Originals: 13.02.2016/Ausgegeben: 18.02.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4289 vom 14. Januar 2016 des Abgeordneten Henning Höne FDP Drucksache 16/107432 Artenvielfalt in NRW – Welche positiven Entwicklungen sind in NRW zu verzeichnen? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 4289 mit Schreiben vom 13. Februar 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Artenvielfalt ist neben der Vielfalt der Ökosysteme und der genetischen Vielfalt innerhalb der vorhandenen Arten eine der drei Ebenen der biologischen Vielfalt. Diese wird auch als Biodiversität bezeichnet. Ihr wird zu recht immer mehr öffentliche Aufmerksamkeit gewidmet. 1992 wurde in Rio de Janeiro ein UN-Übereinkommen unterzeichnet, das u.a. die Erhaltung der biologischen Vielfalt verfolgt. In Deutschland wurde in Folge dessen 2007 die Nationale Strategie zur Biologischen Vielfalt verabschiedet, in Nordrhein-Westfalen gibt es seit kurzem eine eigene Biodiversitätsstrategie. Insgesamt wird in der öffentlichen Debatte überwiegend das Artensterben fokussiert und mit Drohszenarien auf die Notwendigkeit weiterer Schutzbemühungen hinsichtlich des Erhaltens der Artenvielfalt hingewiesen. Aktuell leben in Nordrhein-Westfalen mehr 43000 Pflanzen-, Pilz- und Tierarten. Davon sind 45 Prozent der untersuchten Arten nach der jüngsten Roten Liste in ihren Beständen gefährdet oder bereits ausgestorben. 40 Prozent der in NRW europaweit geschützten Arten gemäß FFH- Richtlinie befinden sich in einem günstigen Erhaltungszustand (vgl. Biodiversitätsstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11131 2 Um eine Gesamtbewertung hinsichtlich der Bemühungen zum Erhalt der Artenvielfalt vornehmen zu können, ist eine Bestandsaufnahme erforderlich. Neben dem zu verzeichnenden Artenschwund müssen auch Erfolge in Rechnung gestellt werden. Zu den Erfolgen gehören etwa auch die in Nordrhein-Westfalen erfolgte Stabilisierung des Erhaltungszustandes einzelner Arten und erfolgreiche Wiederansiedlungen von einstmals hier heimischen Arten. Vorbemerkung der Landesregierung Die Gefährdung heimischer Arten wird in den sogenannten Roten Listen der gefährdeten Pflanzen-, Pilz- und Tierarten dokumentiert. Rote Listen sind ein Gradmesser für den Zustand von Fauna und Flora. Hierdurch wird auch der Handlungsbedarf im Artenschutz ermittelt. Mit der Roten Liste der gefährdeten Pflanzen, Pilze und Tiere in Nordrhein-Westfalen (2011) liegen für zahlreiche Artengruppen entsprechende Zusammenstellungen vor, sodass die Beantwortung der Kleinen Anfrage auf dieser Grundlage erfolgt. In Nordrhein-Westfalen sind nach der Roten Liste der gefährdeten Pflanzen, Pilze und Tiere rund 45 Prozent der betrachteten Arten gefährdet oder bereits ausgestorben. Von den insgesamt etwa 12.000 in der Roten Liste untersuchten Arten sind - rund 42 Prozent der Farn- und Blütenpflanzen, - gut 42 Prozent der Säugetierarten, - mehr als 50 Prozent der Vogelarten, - rund 55 Prozent der Schmetterlingsarten - und zirka 52 Prozent der Wildbienen und Wespen gefährdet, vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben. Die Zahl der bereits ausgestorbenen oder verschollenen Tier- und Pflanzenarten in NRW liegt mit mehr als 9 Prozent so hoch wie nie. Besorgniserregend ist, dass der Gefährdungsgrad typischer Arten der Feldflur und bisher ungefährdeter Allerweltsarten deutlich zunimmt. Zu den Hauptursachen des Artensterbens gehören die Zerstörung und Zerschneidung natürlicher Lebensräume, die Intensivierung der Flächennutzung durch Landwirtschaft, eine zum Teil nicht standortgerechte oder zu intensive Waldbewirtschaftung sowie die Versiegelung von wertvollen Lebensräumen, Schad- und Nährstoffeinträgen und der Abbau von Rohstoffen. Hierdurch werden die naturnahen Lebensräume immer weiter verkleinert und von einander isoliert. Das Ergebnis der aktuellen Roten Liste für Nordrhein-Westfalen verdeutlicht, dass trotz zum Teil positiver Entwicklungen auf regionaler bzw. lokaler Ebene, umfangreiche Maßnahmen zur Erhaltung der Biodiversität in ganz Nordrhein-Westfalen notwendig sind. Aus diesem Grund hat die Landesregierung unter anderem die Biodiversitätsstrategie NRW erarbeitet, die in den kommenden Jahren in Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten Akteuren umgesetzt werden soll. Darüber hinaus wird mit dem geplanten neuen Landesnaturschutzgesetz die Naturschutzpolitik in Nordrhein-Westfalen neu ausgerichtet, um die biologische Vielfalt zu erhalten und wieder zu erhöhen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11131 3 1. Welche Arten sind der Landesregierung bekannt, die sich in Nordrhein-Westfalen in den letzten zehn Jahren wieder angesiedelt haben? Nach Auswertung der Roten Liste der gefährdeten Pflanzen, Pilze und Tiere in Nordrhein- Westfalen (2011) haben sich in den letzten zehn Jahren exemplarisch folgende Arten wieder angesiedelt: Säugetiere: Fischotter, Hausratte, Luchs Vögel: Sumpfohreule, Zwergdommel Fische: Schnäpel Schmetterlinge: Graubraune Leimkraut-Kapseleule, Lattich-Mönch, Silbergraue Bandeule, Wasserschwaden-Röhrichteule Laufkäfer: Auen-Kamelläufer, Grünlicher Ahlenläufer, Kleiner Bombardierkäfer, Schwarzer Sammetläufer, Zierlicher Schnellläufer, Schlanker Sand-Ahlenläufer Libellen: Zierliche Moosjungfer, Grüne Flussjungfer Blütenpflanzen: Krähenfuß-Wegerich, Echter Haarstrang. 2. Welche Populationsarten haben sich im Bestand stabilisiert bzw. vermehren sich in Nordrhein-Westfalen in den letzten zehn Jahren? Kurzfristige Bestandstrends (in der Regel in den letzten zehn bis ausnahmsweise 25 Jahren) werden systematisch etwa alle zehn Jahre in der Roten Liste der gefährdeten Pflanzen, Pilze und Tiere in Nordrhein-Westfalen aufbereitet. Welche Arten sich in den letzten zehn Jahren im Bestand stabilisiert bzw. vermehrt haben, lässt sich für folgende Artengruppen angeben (Listen einsehbar im Internet unter www.lanuv.nrw.de/natur/arten/roteliste/; Kürzel „KT“ steht für kurzfristiger Bestandstrend, Symbol „=“ steht für gleich bleibend, Symbol „↑“ steht für deutliche Zunahme): Säugetiere Brutvogelarten Kriechtiere Lurche Fische und Rundmäuler Wildbienen und Wespen Heuschrecken Libellen Steinfliegen Eintagsfliegen Webspinnen Schnecken und Muscheln Flusskrebse. 3. Wie viele neue Arten haben sich im Vergleich zu Nordrhein-Westfalen in den letzten zehn Jahren in den anderen Bundesländern wieder angesiedelt (bitte getrennt nach einzelnen Bundesländern angeben)? 4. Bei welchen Arten verzeichnen andere Bundesländer im Vergleich zu Nordrhein- Westfalen eine Stabilisierung bzw. Populationswachstum innerhalb der letzten zehn Jahre (bitte getrennt nach einzelnen Bundesländern angeben)? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11131 4 5. Wie bewertet die Landesregierung die Erfolge hinsichtlich der Biodiversität im Ländervergleich? Die Fragen 3, 4 und 5 werden gemeinsam beantwortet. Der von dem Fragesteller erbetene Ländervergleich ist in der für die Beantwortung von Kleinen Anfragen gesetzten Frist nicht durchführbar, da die angeforderten Daten zu den anderen Bundesländern der Landesregierung nicht vorliegen und eine Abfrage aller Bundesländer erforderlich wäre. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11131