LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11136 16.02.2016 Datum des Originals: 15.02.2016/Ausgegeben: 19.02.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4262 vom 8. Januar 2016 der Abgeordneten Serap Güler, Christian Möbius und Robert Stein CDU Drucksache 16/10706 Wann erkennt die Landesregierung, dass sich Kriminelle nicht wegkuscheln lassen? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4262 mit Schreiben vom 15. Februar 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Was in Köln derzeit passiert, ist entsetzlich. Bis zu 1000 Männer haben sich am Silvesterabend am und um den Kölner Hauptbahnhof versammelt und aus der Gruppe heraus zahlreiche Frauen bedrängt, belästigt, ausgeraubt und in einem besonders brutalen Fall sogar vergewaltigt. Selbst eine Polizistin wurde Opfer sexueller Übergriffe (vgl. u.a. http://www.focus.de/regional/koeln/silvesternacht-am-koelner-hauptbahnhof-gruppe-von- 1000-maennern-fuer-sexuelle-uebergriffe-verantwortlich_id_5188685.html). Laut Zeugenaussagen und Berichten in den Medien soll es sich bei diesen Männern um Personen nordafrikanischer als auch arabischer Herkunft handeln (vgl. u.a. http://www.welt.de/vermischtes/article150593304/Ploetzlich-spuerte-ich-eine-Hand-anmeinem -Po.html). Offensichtlich war es während der Tatzeiten nicht möglich, unser eigentlich geltendes Recht ohne Einschränkung durchzusetzen, noch für die Sicherheit aller Menschen zu sorgen. Das Gebiet um den Kölner Hauptbahnhof wurde zweifelsohne zu einer temporären No-Go-Area! Die wiederholten Beteuerungen des Innenministers, die Lage in Nordrhein-Westfalen im Griff zu haben, klingen angesichts dieser Vorkommnisse bestenfalls und höflich formuliert schwach. Es liegen derzeit keine erkennbaren Konzepte vor, den Rechtsstaat vor ausufernder Verwahrlosung zu schützen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11136 2 Es gibt historisch wenige Beispiele, die vergleichbar herhalten können. Ein mögliches Beispiel könnte das New York vor den 1990er Jahre sein. Dort verfolgte der damalige republikanische Oberbürgermeister Rudolf Giuliani aufgrund der ausufernden Kriminalität seit Anfang der 1990er eine Politik der „Zero Tolerance“. Dieses „New-Yorker-Modell“ machte Manhattan in relativ kurzer Zeit zu einem äußerst sicheren Bereich, in welchem der Staat die Hoheit über weitgehend rechtsfreie Räume zurückgewinnen konnte. Die Mordrate sank statistisch betrachtet bis heute auf ein Niveau von etwa 20% gemessen an den Ursprungsdaten aus den 1970er Jahren (vgl. http://www.bz-berlin.de/artikel-archiv/so-hat-rudolph-giuliani-mit-zerotolerance -new-york-sicher-gemacht). Auch zahlreiche andere Vergehen gingen deutlich zurück. Kritisch zu würdigen ist eine potentielle Verlagerung von Straftaten in andere Regionen, so dass dieses Konzept sicherlich nur als ein Einstieg zu einer Verbesserung der Sicherheitslage in von No-Go-Areas bedrohten Gebieten zu sehen wäre. Gerade für die Opfer und den Glauben der Bevölkerung in die Rechtsstaatlichkeit ist die – auch wenn das die abscheulichen und barbarisch-anarchischen Taten nicht mehr rückgängig machen kann – Verurteilung der höchst asozialen Täter, die unsere westlichen und christlichen Werte mit Füßen treten, von höchster Bedeutung. Abschließend sei betont: Vor allem der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalens sollte nicht nur Verantwortung haben, er sollte sie auch übernehmen! Vorbemerkungen der Landesregierung: Mit dem Bericht des Ministeriums für Inneres und Kommunales zu dem von der CDU-Fraktion beantragten Tagesordnungspunkt „Analyse des Polizeipräsidiums Duisburg: Pflicht der Polizei zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in Nordrhein-Westfalen akut gefährdet und langfristig nicht gesichert“ wurde in der Sitzung des Innenausschusses am 27.08.2015 (Vorlage 16/3139) und mit dem Bericht des Ministeriums für Inneres und Kommunales zu dem beantragten Tagesordnungspunkt „No-Go-Area Duisburg-Marxloh unter der Kontrolle von libanesischen Familienclans?“ in der Sitzung des Innenausschusses am 29. Oktober 2015 (Vorlage 16/3335) ausführlich berichtet. Weiterhin wurde im nichtöffentlichen Teil der Innenausschusssitzung am 19.11.2015 zu dem Tagesordnungspunkt „No-Go-Area Duisburg-Marxloh unter der Kontrolle von libanesischen Familienclans?“ (vertrauliche Vorlage 16/103) nochmals berichtet. Die Landesregierung hat darin klargestellt, dass es in Nordrhein-Westfalen keine sogenannten rechtsfreien Räume gibt. Straftätern wird nachhaltig verdeutlicht, dass das Gewaltmonopol ausschließlich beim Staat und seiner Polizei liegt. Die Polizeibehörden in Nordrhein-Westfalen werden auch weiterhin alle erforderlichen und rechtlich zuläs-sigen Maßnahmen treffen, um gegen Störer und Straftäter konsequent vorzugehen und die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. 1. Werden verurteilte ausländische Straftäter mit beschränktem Aufenthaltsrecht rigoros abgeschoben? Bei Beantwortung dieser Frage wird vorausgesetzt, dass mit „beschränktem Aufenthaltsrecht“ befristet erteilte Aufenthaltstitel sowie der zur Durchführung des Asylverfahrens gestattete Aufenthalt gemeint sind. Nach geltender Rechtslage besteht kein zur Abschiebung führender Automatismus zwischen strafrechtlicher Verurteilung und Abschiebung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11136 3 Ein Ausländer wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt (vgl. § 53ff Aufenthaltsgesetz). Bestimmte Personengruppen, z.B. Asylberechtigte oder anerkannte Flüchtlinge, dürfen nur ausgewiesen werden, wenn ihr persönliches Verhalten gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist (§ 53 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz). Bei Ausländern, die sich noch im Asylverfahren befinden, ist eine Ausweisung außerdem nur unter der Bedingung zulässig, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes abgeschlossen wird. Von dieser Bedingung kann nur abgesehen werden, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der die Ausweisung eines Asylberechtigten oder anerkannten Flüchtlings rechtfertigen würde oder wenn eine nach dem Asylgesetz ergangene Abschiebungsandrohung bereits vollziehbar geworden ist (§ 53 Abs. 4 Aufenthaltsgesetz). Auch bei einer erfolgten Ausweisung können der Abschiebung rechtliche oder tatsächliche Hindernisse (z.B. rechtliche Abschiebungsverbote, eine ungeklärte Identität oder mangelnde Kooperationsbereitschaft des Herkunftsstaates) entgegenstehen. 2. Was ist für den Innenminister eine No-Go-Area? (Bitte diesmal beantworten und die Unterschiede zu den in den Medien geschilderten Begebenheiten bzgl. einer eigenen abweichenden Definition herausstellen!) Siehe Vorbemerkungen 3. Wir fragen erneut: Inwiefern kann derzeit unser Recht in allen Bereichen Nordrhein- Westfalens ohne Einschränkung garantiert bzw. zu jeder Uhrzeit durchgesetzt werden? Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, wonach das Recht durch Justizorgane nicht durchgesetzt werden kann. Ansonsten siehe Vorbemerkungen 4. Wie will die Landesregierung verhindern, dass immer mehr Menschen ob der offensichtlichen Machtlosigkeit des Staates den Glauben an den Rechtsstaat verlieren? 5. Mit welchen Konzepten will das Land zukünftige Exzesse durch temporäre rechtsfreie Räume verhindern? Frage 4. und 5. siehe Vorbemerkungen Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11136