LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11137 16.02.2016 Datum des Originals: 15.02.2016/Ausgegeben: 19.02.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4322 vom 19. Januar 2016 des Abgeordneten Torsten Sommer PIRATEN Drucksache 16/10853 Jobcenterverhalten nach Gerichtsentscheidungen Der Minister für Arbeit, Integration und Soziales hat die Kleine Anfrage 4322 mit Schreiben vom 15. Februar 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales und dem Justizminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) verurteilte das Jobcenter Wuppertal, die angemessenen Unterkunftskosten für Wuppertaler SGB-II-Bezieher rechtmäßig anzusetzen. Das Gericht entschied, dass die Methode zur Festsetzung der Werte für die übernahmefähigen Unterkunftskosten auf Grundlage der kalten Grundmiete rechtswidrig und insofern immer von einer Bruttokaltmiete auszugehen sei. Die Entscheidung ist rechtskräftig. Seitens des Jobcenters wurde betont, dass man die Entscheidung des LSG so rasch wie möglich, d.h. zum Anfang des Jahres 2016, umsetzen wollte. Eine Umsetzung erfolgte aber nicht, wie auch Sozialverbände nunmehr feststellen mussten. Diese fordern zum wiederholten Mal die Anwendung der Rechtsprechung der Sozialgerichte. Anscheinend werden bei den Jobcentern nicht immer alle Gerichtsentscheidungen unmittelbar umgesetzt. 1. Ist die Situation im Jobcenter Wuppertal wie in der Vorbemerkung beschrieben? Es wird davon ausgegangen, dass Grundlage der Kleinen Anfrage die Entscheidung des Landessozialgerichtes NRW vom 29. Oktober 2015 in dem Verfahren L 7 AS 1310/11 ist. Das Urteil ist seit dem 21. Dezember 2015 rechtskräftig. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11137 2 Streitgegenstand dieses Berufungsverfahrens war die Frage, ob das Jobcenter Wuppertal für die Ermittlung des Quadratmeterpreises über ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der angemessenen Referenz-miete verfügt oder – wie in der Vorinstanz durch das Sozialgericht Düsseldorf entschieden – in Ermangelung eines solchen schlüssigen Konzepts auf die Tabellenwerte des § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zzgl. eines maßvollen Sicherheitszuschlags von 10 % zurückzugreifen ist. Im Rahmen der o.g. Entscheidung hat das Landessozialgericht NRW festgestellt, dass das Jobcenter Wuppertal in der Vorinstanz zu Unrecht verurteilt wurde, Unterkunftskosten aufgrund der um 10 % erhöhten Tabellenwerte nach § 12 WoGG zu bewilligen. Das Landessozialgericht hat ausdrücklich bestätigt, dass sich das Jobcenter Wuppertal zur Bildung der Nettokaltmiete (Grundmiete ohne kalte Betriebskosten) auf ein schlüssiges Konzept stützen kann. Das Landessozialgericht hat jedoch darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Bruttokaltmiete (Nettokaltmiete zzgl. Umlagefähiger kalter Betriebskosten) maßgeblich ist. Nach Eintritt der Rechtskraft ist das Jobcenter Wuppertal nach eigenen Angaben umgehend tätig geworden, sämtliche von der Thematik betroffenen Verfahrenshinweise entsprechend zu überarbeiten und mit den übrigen betroffenen Trägern, u.a. dem Grundsicherungsträger der Stadt Wuppertal, abzustimmen. Diese Abstimmung erfolgt derzeit. Eine Umsetzung der Bruttokaltmiete wird in Kürze erfolgen. 2. Gibt es weitere Jobcenter, die nach einer rechtskräftigen Einzelfall-entscheidung der Sozialgerichte dieselbe nicht umsetzen? 3. Gibt es weitere Jobcenter, die grundsätzlich Entscheidungen der Sozialgerichte ignorieren? Die Fragen 2 und 3 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Der Landesregierung liegen keine Anhaltspunkte vor, die die Annahme einer dauerhaften und konsequenten Nichtberücksichtigung rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen durch die Jobcenter nahelegen. 4. Welche Sanktionen drohen Jobcentern, wenn sie sich nicht rechtskonform verhalten? 5. Welche Sanktionen drohen den die Jobcenter tragenden Kommunen, wenn sich die Jobcenter nicht rechtskonform verhalten? Die Fragen 4 und 5 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Nach Art. 20 Absatz 3 Grundgesetz ist die Verwaltung an Recht und Gesetz gebunden. Verstößt sie hiergegen, ist ihr Verwaltungshandeln rechtswidrig. Der Bürger hat in solchen Fällen die Möglichkeit, um gerichtlichen Rechtsschutz nachzusuchen und sofern eine entsprech-ende gerichtliche Entscheidung nicht von Amts wegen berücksichtigt und umgesetzt werden sollte, diese ggfs. im Wege der Vollstreckung zwangsweise durchzusetzen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11137 3 Darüber hinaus besteht für die jeweiligen Aufsichtsbehörden im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Möglichkeit, auf eine rechts-konforme Umsetzung des Gesetzes hinzuwirken. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11137