LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11179 19.02.2016 Datum des Originals: 18.02.2016/Ausgegeben: 24.02.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4312 vom 16. Januar 2016 der Abgeordneten Ina Scharrenbach CDU Drucksache 16/10809 Kein Abschluss ohne Anschluss: Ergebnisse der Potentialanalysen Der Minister für Arbeit, Integration und Soziales hat die Kleine Anfrage 4312 mit Schreiben vom 18. Februar 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Weiterbildung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Vorbemerkung Gemäß dem Standardelement Nr. 5 in der Berufs- und Studienorientierung in allen Schulen der Sekundarstufe I und II in Nordrhein-Westfalen ist über eine „Potentialanalyse“ eine stärken- und handlungsorientierte Analyse von Potentialen der einzelnen Schülerinnen und Schüler vorgesehen. Diese Analyse dient, ausweislich des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, zu Beginn der Berufs- und Studienorientierung dazu, neben dem schulischerseits verfügbaren Erkenntnisstand, als Grundlage für den weiteren Entwicklungsund Förderprozess bis zum Übergang in die Ausbildung bzw. das Studium mit dem Ziel des Einstiegs in Beruf und Arbeitswelt. Das zuständige Ministerium hat Mindestanforderungen an die Potentialanalysen formuliert: „Die Potentialanalyse kombiniert wissenschaftlich anerkannte Testverfahren und Fragebogen […]. Qualifiziertes Personal moderiert die Potentialanalyse […]. Die Qualität der Potentialanalyse wird laufend ausgewertet und optimiert. Die gängigen Datenschutzbestimmungen werden eingehalten.“ Notwendige Voraussetzung für das Erreichen dieser Qualitätsstandards ist es, dass die eingesetzten Testverfahren nach verschiedenen Kriterien genormt sind, d.h. mindestens nach LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11179 2 Schulform und Alter der Teilnehmer/-innen. Die Durchführenden müssen notwendigerweise auch wissen, welche Schüler/-innen sonderpädagogischen Förderbedarf haben, um deren Ergebnisse mit der speziellen Normgruppe abzugleichen. Die Ergebnisdarstellung erfordert weiterhin die Angabe des Namens und des Vornamens. Landesweit reagieren Schulen sehr unterschiedlich auf diese Anforderungen. Die Entscheidungslage zur Datenübermittlung von oberen und unteren Schulaufsichtsbehörden ergibt, wenn sie befragt werden, ein buntes Bild nicht erfolgter Vorgaben. Im Regierungsbezirk Arnsberg scheint die Verfahrensweise so zu sein, dass Eltern der Datenbekanntgabe widersprechen können. In solchen Fällen sollen die Schüler/-innen an der Potenzialanalyse teilnehmen, aber weder beobachtet noch ausgewertet werden. Den Trägern ist nicht zuzumuten, in diesen Fällen eine Teilnahme an den Potentialanalysen zuzulassen, ohne dass eine Kostenerstattung erfolgt. Solche Teilnehmer/-innen verursachen Personalkosten (der Beobachterschlüssel von 1:4 muss eingehalten werden) und Sachkosten (z.B. Materialverbrauch bei Aufgaben der Potenzialanalyse). Darüber hinaus sind Aufbewahrungsfristen für die Ergebnisse von Jahr zu Jahr unterschiedlich. Aktuell landesweit über die Landes-Gewerbeförderungsstelle des nordrheinwestfälischen Handwerks e.V. ausgeschriebene Potenzialanalysen verlangen beispielsweise, dass die Daten nach dem Auswertungsgespräch gelöscht werden. Bundesweit gilt jedoch für einschlägige, psychologische Testverfahren eine 10-jährige Aufbewahrungsfrist. 1. Warum wurde die Frage der Datenübermittlung an die Durchführenden im Rahmen des Landesprojektes „Kein Abschluss ohne Anschluss“ nicht landesweit einheitlich geregelt und die zuständigen oberen und unteren Schulaufsichtsbehörden darüber in Kenntnis gesetzt? Der Ausbildungskonsens NRW hat am 18. November 2011 beschlossen, dass das Landesvorhaben „Kein Abschluss ohne Anschluss“ ab dem Schuljahr 2012/2013 in Nordrhein- Westfalen verbindlich eingeführt wird und im Schuljahr 2016/2017 alle Schulen ab der 8. Jahrgangsstufe teilnehmen. In den letzten Jahren ist das Vorhaben stufenweise aufgebaut worden: Beginnend mit 7 Referenzkommunen haben sich Schuljahr für Schuljahr mehr Schulen an dem Landesvorhaben beteiligt. Bis Ende des Jahres 2015 wurde das Vorhaben aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF), des Landes sowie aus Mitteln des Bundes und der Bundesagentur für Arbeit finanziert. Das bedeutete für die Ausschreibung der Potenzialanalyse, dass die Auftragserteilung an die Bildungsträger nach einheitlichen Vorgaben zentral oder durch die Kommunalen Koordinierungsstellen erfolgte. Dadurch lag die Sicherung des Datenschutzes in unterschiedlichen Händen. Mit Beginn des Schuljahres 2015/2016 werden alle allgemeinbildenden Schulen in öffentlicher Trägerschaft an dem Landesvorhaben teilnehmen. Eine wirksame, einheitliche Regelung des Datenschutzes ist erarbeitet und den Schulaufsichtsbehörden bekannt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11179 3 2. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass die Durchführenden über die notwendigen Daten verfügen können, um auch im Abgleich mit Normgruppen hochwertige Testverfahren in Bezug auf Reliabilität, Objektivität und Validität überhaupt einsetzen zu können? Die Potenzialanalyse ist eine stärken- und handlungsorientierte Analyse von Potenzialen der Schülerinnen und Schüler in der Jahrgangsstufe 8 aller allgemeinbildenden Schulen. Die Schülerinnen und Schüler entdecken dabei ihre fachlichen, methodischen, sozialen und personalen Kompetenzen im Hinblick auf die Lebens- und Arbeitswelt. Die Ergebnisse der erhobenen Daten werden in einem Auswertungsgespräch den Schülerinnen und Schülern mitgeteilt. Vergleichende Auswertungen sind nicht mehr zulässig. 3. Wie beurteilt die Landesregierung die beschriebene Entscheidungslage innerhalb des Regierungsbezirkes Arnsberg, dass Schüler/-innen ohne Bekanntgabe der für das Verfahren notwendigen Personenangaben ohne Beobachtung, ohne Bewertung und ohne Kostenerstattung an den Träger an Potenzialanalysen teilnehmen sollen? Bei dieser Entscheidung handelt es sich um ein abgestimmtes Verfahren, welches übergangsweise dazu diente, den Schülerinnen und Schülern die schulpflichtige Teilnahme zu ermöglichen. 4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Qualität der Durchführung der Potenzialanalysen gewonnen? Die Ausschreibung von Potenzialanalysen ist in den Kommunen bisher unterschiedlich erfolgt. So haben einige Kommunen eigenständig Potenzialanalysen ausgeschrieben – andere haben dies über die Landes-Gewerbeförderungsstelle des nordrhein-westfälischen Handwerks e.V. (LGH) getan. Die unterschiedlichen Formen der Ausschreibung haben durch den nicht immer gemäß Fachkonzept umgesetzten außerschulischen Lernort zu unterschiedlichen Rahmenbedingungen und Belastungen von Trägern geführt, die nun ausgeräumt sind. In der Potenzialanalyse werden ab dem Schuljahr 2016/2017 einheitliche Qualitätsstandards für die Potenzialanalyse durch eine landesweite Ausschreibung durch die Landes- Gewerbeförderungsstelle des nordrhein-westfälischen Handwerks e.V. (LGH) gesetzt. Der außerschulische Lernort wird dann genauso gesetzt, wie auch die Analyseverfahren nun außerhalb der Schulen in geeigneten, barrierefreien Räumlichkeiten durchgeführt werden müssen, die vom Träger zur Verfügung gestellt werden. Zudem wird es einen regelmäßigen Austausch zwischen Land und Kommunalen Koordinierungsstellen zur Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung geben, um die Expertise in die Umsetzung und Weiterentwicklung des Landesvorhabens einzubeziehen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11179 4 5. Welches Optimierungspotential hat die Landesregierung in Bezug auf das SBO 5 in allen allgemeinbildenden Schulen der Sekundarstufe I und II in Nordrhein-Westfalen identifiziert? Das Standardelement Studien- und Berufsorientierung (SBO) 5 wird nur in der Sekundarstufe I durchgeführt und ist der Beginn des Berufsorientierungsprozesses. Es bietet eine Möglichkeit, im weiteren Berufsorientierungsprozess passende Berufsfelder zu erkunden und Praktikumsstellen auszusuchen. Eine Vor- und Nachbereitung erfolgt im Unterricht. Der Optimierungsbedarf liegt auf schulischer Seite in der Vor- und Nach-bereitung. Im Rahmen der zentralen Ausschreibung wurden Qualitätskriterien durch eine Aktualisierung derselben und durch die Strukturierung eines Feedbackprozesses geschärft. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11179