LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11182 18.02.2016 Datum des Originals: 18.02.2016/Ausgegeben: 24.02.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4308 vom 16. Januar 2016 der Abgeordneten Ina Scharrenbach CDU Drucksache 16/10805 Kein Abschluss ohne Anschluss: Umsetzung der „Berufsfelderkundungen“ in die Praxis der Berufs- und Studienvorbereitung Der Minister für Arbeit, Integration und Soziales hat die Kleine Anfrage 4308 mit Schreiben vom 18. Februar 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Weiterbildung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Gemäß dem Standardelement Nr. 6.1 in der Berufs- und Studienorientierung in allen Schulen der Sekundarstufe I und II in Nordrhein-Westfalen sollen Schülerinnen und Schüler berufliche Tätigkeiten exemplarisch in mehreren (mindestens: drei) Berufsfeldern praxisnah kennenlernen. Mit Bezug zum Ergebnis der Potentialanalyse reflektieren sie ausgewählte Fähigkeiten durch reale betriebliche Erfahrungen, auch als Gegenerfahrung zu traditionell als geschlechtertypisch angesehenen Berufsfeldern. Ausweislich des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Nordrhein- Westfalen soll die Berufsfelderkundung in der Regel ab dem achten Jahrgang vor dem schulischen Betriebspraktikum angeboten werden. Sie soll vorrangig in Betrieben stattfinden. Das Angebot kann, insbesondere für Schülerinnen und Schüler mit besonderem Unterstützungsbedarf, mit Maßnahmen von außerschulischen Trägern mit eigens dafür qualifiziertem Personal ergänzt werden. In Nordrhein-Westfalen erschließt sich die Abgrenzung zu einer trägergestützten Durchführung von Berufsfelderkundungen und deren Finanzierung nicht: Zum Teil schafft die LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11182 2 Landesregierung ein Konstrukt, das aus einer Kombination der Potenzialanalyse mit trägergestützten Berufsfelderkundungen bei Trägern besteht und bietet dafür eine Pro-Kopf- Finanzierung von 250,00 Euro an. Der ursprünglich im Raum stehende Förderbetrag lag bei 300,00 Euro. In anderen Bundesländern werden andere Beträge gezahlt: In Niedersachsen liegt der Förderbetrag pro Teilnehmer bei 450,00 Euro. Damit sind auch andere Qualitäten finanzierbar, zumeist zugänglich für alle Jugendlichen. Unklar ist, was bundesweit und speziell in NRW unter „trägergestützten Berufsfelderkundungen“ verstanden wird. Während es in anderen Bundesländern Berufsfelderkundungen gibt, die zwar von Trägern organisiert werden, aber ganz oder mit hohen Anteilen in Unternehmen stattfinden, interpretiert die Landesregierung die Bezeichnung „trägergestützt“ anscheinend ausschließlich dahingehend, dass die Angebote auch bei Trägern selbst (in überbetrieblichen Ausbildungsstätten, Übungswerkstätten etc.) stattfinden müssen und sich in der Regel auf Jugendliche mit besonderem Unterstützungsbedarf beschränken. 1. Inwieweit werden von der Landesregierung trägergestützte Berufsfelderkundungen überhaupt in Betracht gezogen, die zwar von Trägern organisiert sind, aber vollständig oder in großen Teilen in Unternehmen stattfinden? Die Finanzierung der trägergestützten Berufsfelderkundung erfolgt über das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) aus Mitteln des „Berufsorientierungsprogramms“. Dieses sieht vor, die trägergestützte Berufsfelderkundung in überbetrieblichen oder vergleichbaren Berufsbildungsstätten durchzuführen. 2. Warum werden bundesweit unterschiedliche Formen von Berufsfelderkundungen mit unterschiedlichsten Förderbeträgen finanziert? Im Ausbildungskonsens NRW wurde in 2011 die Einführung und Umsetzung des Landesvorhabens „Kein Abschluss ohne Anschluss“ mit dem Ziel beschlossen, den Übergang von der Schule in Ausbildung, Studium und Beruf nachhaltig zu verbessern. Dazu dienen im Bereich der allgemeinbildenden Schulen landesweit einheitliche, verbindliche Elemente der Berufs- und Studienorientierung. Die Bemühungen des Landesvorhabens zielen darauf ab, ein Regelsystem zu entwickeln, das den Anspruch hat, allen Jugendlichen flächendeckend die Teilhabe an einem Mindestangebot zu ermöglichen. Das BMBF schließt mit allen 16 Ländern eine „Bund-Länder-Verein-barung“ ab, um das Programm der Bildungsketten inkl. Berufsorientierungsprogramm mit den einzelnen Ländervorhaben zusammenzubringen. NRW hat die bereits bestehende Bund-Länder- Vereinbarung aktualisiert. Durch die verschiedenen Länderkonzepte werden auch die Berufs-felderkundungen unterschiedlich konzipiert und finanziert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11182 3 3. Warum beschränken sich bisher in Nordrhein-Westfalen geförderte trägergestützte Berufsfelderkundungen auf besondere Personenkreise? Der Ausbildungskonsens NRW hat mit „Kein Abschluss ohne Anschluss – Übergang Schule – Beruf in NRW“ am 18. November 2011 beschlossen, dass das Standardelement Studien- und Berufsorientierung (SBO) 6.1. „Berufsfelder erkunden“ vorrangig betrieblich durchzuführen ist. Die Berufsfelderkundung liefert den Jugendlichen Impulse, realistische Vorstellungen über die Berufswelt und die eigenen Fähigkeiten und Interessen zu entwickeln. Die Berufsfelderkundung in Betrieben dient insbesondere dazu, unmittelbare Einblicke in einen Betrieb und in betriebliche Arbeitsabläufe zu ermöglichen sowie einen ersten Eindruck von den Ausbildungs- und Arbeitsanforderungen zu gewinnen. Unternehmen können interessierte Jugendliche kennenlernen und sie ggf. über Praktikums- und Ausbildungsplätze informieren. Für die Zielgruppe der Schülerinnen und Schüler mit besonderem Förderbedarf (Pisa Risikogruppe ca. 20 %) kann eine trägergestützte Berufsfelderkundung genutzt werden. Dafür stehen den Schülerninnen und Schülern ausreichend trägergestützte Berufsfelderkundungen zur Verfügung. Insgesamt können in jeder der 53 Gebietskörperschaften bis zu 25 % der Schülerinnen und Schülern eines 8. Jahrgangs trägergestützte Berufsfelderkundungen erhalten. 4. Wer entscheidet über die Rahmenbedingungen für Berufsfelderkundungen anderer Form, falls diese aus Mangel an ausreichenden Plätzen in einer Kommune nicht „vorrangig in Betrieben“ (siehe SBO 6.1) stattfinden können? (Hier sind ausdrücklich nicht kostenpflichtige, trägergestützte Berufsfelderkundungen gemeint) Die strategischen Steuerungsgremien einer jeden Kommunalen Koordinierungsstelle entscheiden darüber, welche Angebote vor Ort als betriebliche Berufsfelderkundung anerkannt werden können. Dabei orientieren sie sich an den konkretisierenden Hinweisen zur Berufsfelderkundung, die mit allen Partnern im Ausbildungskonsens NRW beschlossen wurden. 5. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Qualität der Durchführung der Berufsfelderkundungen gewonnen? Die Durchführung der trägergestützten Berufsfelderkundung erfolgt auf der Basis der Richtlinie zur Förderung der Berufsorientierung in über-betrieblichen oder vergleichbaren Berufsbildungsstätten (Berufsorien-tierungsprogramm des BMBF – BOP). Aufgrund ihrer wichtigen Rolle in der dualen Ausbildung und ihrer Erfahrung und Kompetenz sind sie besonders geeignet, Berufsfelderkundungen umzusetzen. Die zugelassenen Bildungsstätten erfüllen die Qualitätsanforderungen des BMBF. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11182