LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11241 24.02.2016 Datum des Originals: 23.02.2016/Ausgegeben: 29.02.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4301 vom 18. Januar 2016 des Abgeordneten Daniel Schwerd FRAKTIONSLOS Drucksache 16/10769 Antisemitische Straf- und Gewalttaten in NRW im Jahr 2015: Reicht der Schutz für jüdische Menschen aus? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4301 mit Schreiben vom 23. Februar 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin, dem Finanzminister und dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Anzahl antisemitischer Straf- und Gewalttaten hatte sich im Jahr 2014 auf den höchsten Stand seit 10 Jahren gestellt. Dazu kommt eine unbekannte Anzahl von Bedrohungen und Beleidigungen, die den Strafverfolgungsbehörden nicht bekannt sind. Jüdische Gemeinden berichten von einem Gefühl allgemeiner Bedrohung unter ihren Mitgliedern. Mit einer Kippa könne man sich in manche Stadtviertel nicht trauen. Für die Sicherung müssen die Gemeinden viel Geld investieren. Vorbemerkung der Landesregierung Im Hinblick auf den Schutz gefährdeter Objekte gilt, dass das Gewaltmonopol beim Staat liegt und daher die Polizei den Schutz u.a. jüdischer Einrichtungen gewährleistet. Sie reagiert auf eine veränderte Sicherheitslage unmittelbar und erstellt entsprechende Sicherungsempfehlungen . Auf Basis dieser Sicherungsempfehlungen bei Neu-, Um-, und Erweiterungsbauten veranlasst das Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein -Westfalen sowohl die baulich-technische Umsetzung als auch deren Finanzierung im Rahmen der dafür vorgesehenen Haushaltsmittel. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11241 2 1. Welche Straf- und Gewalttaten wurden im Jahr 2015 gegen jüdische Menschen in NRW verübt? Listen Sie alle Fälle mit Datum, Ort, Straftatbestand, ggf. Art und Ausmaß des Personenschadens, Ermittlungsstand und ggf. Aktenzeichen auf. Schließen Sie auch solche Fälle ein, bei denen die Opfer vermeintlich für jüdische Menschen gehalten wurden. Mit Stand vom 25.01.2016 wurden für das Jahr 2015 in Nordrhein-Westfalen 263 antisemitische Straftaten registriert, durch Nachtrags- und Änderungsmeldungen können sich die Fallzahlen noch verändern. Von diesen 263 Straftaten richteten sich 61 erkennbar gegen Personen oder Einrichtungen. Eine Erhebung der dazu jeweils aktuellen Ermittlungsstände ist in der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage vorgesehenen Zeit nicht möglich. Einzelheiten ergeben sich aus der Anlage. 2. Welche Straf- und Gewalttaten gegen jüdische Einrichtungen wurden im Jahr 2015 verübt bzw. haben einen offensichtlich antisemitischen Hintergrund? Listen Sie alle Fälle mit Datum, Ort, Straftatbestand, betroffenes Objekt, ggf. Art und Ausmaß des Schadens, Ermittlungsstand und ggf. Aktenzeichen auf. Siehe Antwort zu Frage 1. Einzelheiten ergeben sich aus der beigefügten Anlage. 3. Wie kann die Landesregierung die Sicherheit jüdischer Menschen und Einrichtungen im Lande NRW weiter stärken? Nennen Sie aktuelle und vorgesehene Maßnahmen . Polizeiliche Maßnahmen des Personen- und Objektschutzes werden auf der Grundlage der bundeseinheitlichen Regelungen der Polizeidienstvorschrift „Personen- und Objektschutz“ PDV 129 (VS-NfD) durchgeführt. Danach umfasst der Personen- und Objektschutz alle Maßnahmen , die zur Verhinderung oder Abwehr von Angriffen gegen gefährdete Personen oder gefährdete Objekte getroffen werden. Durch polizeiliche Personen - und Objektschutzmaßnahmen sollen insbesondere Vorbereitungshandlungen erkannt, Angriffe auf die zu schützende Person, Beschädigungen oder Zerstörungen und das Eindringen von Gefährdern in die gefährdeten Objekte verhindert werden; ggf. sind Beweise zu sichern und Tatverdächtige festzunehmen . Die Intensität der polizeilichen Personen- und Objektschutzmaßnahmen - von der Bestreifung eines Objektes zu unregelmäßigen Zeiten bis hin zur ständigen Präsenz durch Posten und Streifen oder zum ständigen unmittelbaren Personenschutz - steht in Abhängigkeit von der Festlegung der Gefährdungsstufe für die jeweilige Person oder das jeweilige Objekt und basiert auf der Beurteilung der jeweiligen individuellen Gefährdungslage. Die Beurteilung der Gefährdungslage mit den daraus resultierenden Maßnahmen wird von den Kreispolizeibehörden vorgenommen und regelmäßig, mindestens halbjährlich, überprüft. In die Beurteilung der Gefährdungslage vor Ort fließt, neben den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden der Länder und des Bundes, auch die regionale Sicherheitslage ein. Darüber hinaus sind die Polizeibehörden angewiesen, Sicherungskonzeptionen für jüdische Einrichtungen mit Empfehlungen für baulich-technische Sicherungsmaßnahmen - vor Erörterung und Übergabe an die Objektverantwortlichen - über das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste dem Ministerium für Inneres und Kommunales zur Genehmigung vorzulegen. Bei der Prüfung der Konzeption wird das Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr beteiligt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11241 3 Die Objektschutzmaßnahmen an jüdischen Einrichtungen befinden sich schon immer auf einem hohen Niveau. Art und Intensität der durch die Kreispolizeibehörden angeordneten Schutzmaßnahmen unterliegen der behördlichen Geheimhaltung. Darüber hinaus halten die jüdischen Gemeinden ihrer eigenen Einschätzung entsprechend Wachdienste vor. Um die jüdischen Gemeinden auch dabei zu unterstützen, werden ihnen Sachkosten im Zusammenhang mit Wachdiensten in Höhe von bis zu 2. Mio. Euro jährlich erstattet. 4. Wie hoch sind die Sicherheitsausgaben jüdischer Gemeinden sowie der Anteil des Landes NRW daran? Zum Umfang der Ausgaben der jüdischen Gemeinden für Sicherheitsmaßnahmen liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Zur Höhe des Landesanteils an Sicherungsmaßnahmen , die vom Land finanziert werden, verweise ich auf den Einzelplan 20. Im Haushaltsplan 2015 waren bei Kapitel 20 020 Titel 545 20 für Schutz- und Sicherungsmaßnahmen an jüdischen Einrichtungen/Organisationen Mittel in Höhe von 3.780.000 EUR etatisiert. Hiervon sind in 2015 verausgabt 2.944.092,62 EUR worden. 5. Hält die Landesregierung die Beteiligung des Landes daran für ausreichend? Die Landesregierung hält die Beteiligung an den Sicherheitsausgaben jüdischer Gemeinden für angemessen. Anlage Antisemitische Straftaten- Phänomenbereich PMK-Rechts Tattag Tatort Delikt gemeldete Personenschäden geschätzter Sachschaden Aktenzeichen der StA 09.01.2015 Siegen 130 StGB ohne unbekannt nicht bekannt 12.01.2015 Bochum 130 StGB ohne ohne 33Js16/15 12.01.2015 Krefeld 130 StGB ohne unbekannt nicht bekannt 21.01.2015 Unna 130 StGB ohne ohne 600Js127/15, 600Js128/15 23.01.2015 Oberhausen 185 StGB ohne ohne 113Js58/15 24.01.2015 Mönchengladbach 303 StGB ohne 200 Euro 720UJs282/15 28.01.2015 Rheine 86a StGB ohne unbekannt 80Js537/15 07.02.2015 Münster 223 StGB 1 Person leicht verletzt unbekannt 540Js618/15, 62Js829/15 09.02.2015 Gelsenkirchen 86a StGB ohne 500 Euro 98UJs4769/15 14.02.2015 Dortmund 185 StGB ohne 500 Euro 600Js187/15 15.02.2015 Köln 126 StGB ohne ohne 121UJs332/15 03.03.2015 Bonn 185 StGB ohne ohne 558UJs121/15 03.03.2015 Vlotho 130 StGB ohne ohne nicht bekannt 18.03.2015 Dortmund 86a StGB ohne 250 Euro 600UJs161/15 19.03.2015 Aachen 130 StGB ohne ohne 1UJs440/15 24.03.2015 Essen 185 StGB ohne ohne 45Js1384/15, 29Js579/15 Anlage Tattag Tatort Delikt gemeldete Personenschäden geschätzter Sachschaden Aktenzeichen der StA 30.03.2015 Gelsenkirchen 185 StGB ohne ohne 29UJs134/15 10.04.2015 Köln 185 StGB ohne unbekannt 121Js553/15 22.04.2015 Gelsenkirchen 86a StGB ohne 500 Euro 29UJs138/15 27.04.2015 Essen 185 StGB ohne ohne 29Js789/15 10.05.2015 Kleve 86a StGB ohne unbekannt 508UJs42/15 14.05.2015 Herford 86a StGB ohne 100 Euro 216UJs197/15 31.05.2015 Aachen 130 StGB ohne ohne 1Js831/15 13.06.2015 Köln 130 StGB ohne ohne 121UJs542/15 14.06.2015 Dortmund 168 StGB ohne unbekannt 600Js496/15 15.06.2015 Dinslaken 130 StGB ohne ohne 117UJs99/15, 117Js258/15 04.07.2015 Unna 223 StGB 1 Person leicht verletzt 200 Euro 600Js557/15, 112Js729/15 07.07.2015 Herford 86a StGB ohne unbekannt 216Js266/15 12.07.2015 Aachen 304 StGB ohne unbekannt 1Js938/15 17.07.2015 Bielefeld 185 StGB ohne ohne 302Js7801/15 29.07.2015 Duisburg 130 StGB ohne unbekannt 113Js299/15 01.08.2015 Düsseldorf 223 StGB 2 Personen leicht verletzt unbekannt 80Js1219/15 Anlage Tattag Tatort Delikt gemeldete Personenschäden geschätzter Sachschaden Aktenzeichen der StA 23.08.2015 Kamp-Lintfort 303 StGB ohne 50 Euro 508UJs71/15 24.08.2015 Düsseldorf 223 StGB 1 Person leicht verletzt unbekannt 80Js1094/15 02.09.2015 Münster 304 StGB ohne 1000 Euro 12UJs10231/15 14.09.2015 Wuppertal 223 StGB 1 Person leicht verletzt unbekannt 50Js332/15 19.09.2015 Oberhausen 130 StGB ohne unbekannt 116UJs142/15 23.09.2015 Düsseldorf 185 StGB ohne ohne 90UJs2150/15 24.09.2015 Kreuzau 185 StGB ohne ohne 1Js1387/15 28.10.2015 Neuss 185 StGB ohne ohne 40UJs2512/15 13.11.2015 Bielefeld 241 StGB ohne unbekannt nicht bekannt 23.11.2015 Hamm 185 StGB ohne ohne nicht bekannt 27.11.2015 Hamm 130 StGB ohne ohne nicht bekannt Antisemitische Straftaten - Phänomenbereich PMK- Ausländer Tattag Tatort Delikt gemeldete Personenschäden geschätzter Sachschaden Aktenzeichen der StA 20.01.2015 Königswinter 303 StGB ohne 50 Euro 558UJs59/15 20.03.2015 Essen 185 StGB ohne ohne 29Js604/15 01.04.2015 Moers 130 StGB ohne ohne 113UJs64/15 Anlage Tattag Tatort Delikt gemeldete Personenschäden geschätzter Sachschaden Aktenzeichen der StA 03.04.2015 Gelsenkirchen 185 StGB ohne ohne 29Js436/15 20.04.2015 Bonn 185 StGB ohne ohne 558UJs156/15 28.05.2015 Köln 130 StGB ohne ohne 121Js482/15 04.06.2015 Düsseldorf 130 StGB ohne ohne 80UJs1919/15 14.07.2015 Dortmund 130 StGB ohne ohne 600Js464/15 20.08.2015 Kreuztal 130 StGB ohne ohne 21UJs527/15 02.09.2015 Dortmund 130 StGB ohne ohne 600Js52/16 06.09.2015 Köln 130 StGB ohne ohne 121Js683/15 16.10.2015 Bonn 223 StGB ohne ohne 775Js1756/15 23.10.2015 Remscheid 185 StGB ohne ohne 50UJs268/15 Antisemitische Straftaten - Phänomenbereich PMK- Links Tattag Tatort Delikt gemeldete Personenschäden geschätzter Sachschaden Aktenzeichen der StA 06.01.2015 Köln 130 StGB ohne ohne 121Js130/15 15.03.2015 Wuppertal 304 StGB ohne unbekannt 622UJs674/15 15.06.2015 Wuppertal 303 StGB ohne 100 Euro 536UJs16740/15 Anlage Antisemitische Straftaten- Phänomenbereich Sonstige/Nicht zuzuordnen Tattag Tatort Delikt gemeldete Personenschäden geschätzter Sachschaden Aktenzeichen der StA 16.03.2015 Köln 241 StGB ohne ohne 121UJs448/15 30.07.2015 Köln 130 StGB ohne ohne 121Js694/15 Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11241