LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11305 02.03.2016 Datum des Originals: 02.03.2016/Ausgegeben: 07.03.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4345 vom 26. Januar 2016 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/10901 Überdurchschnittliche Anzahl an Duldungen von Ausreisepflichtigen in NRW Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4345 mit Schreiben vom 2. März 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In NRW werden abgelehnte Asylbewerber im Bundesvergleich deutlich überproportional häufig geduldet und müssen dann nicht in ihre Herkunftsländer zurück. Zum 30.11.2015 wurden in Nordrhein-Westfalen fast 80 Prozent aller Ausreisepflichtigen (42.869) geduldet, so dass zum 30.11.2015 letztlich nur 11.277 Menschen vollziehbar ausreisepflichtig waren. In anderen Bundesländern zeigt sich ein gänzlich anderes Bild: In Bayern erhielten 60% der Ausreisepflichtigen eine Duldung, in Berlin 63,4 Prozent, in Hessen 58,2 Prozent und in Sachsen ebenfalls weniger als 60 Prozent. Da muss angesichts gleicher bundesgesetzlicher Vorgaben nach dem Asyl- und Aufenthaltsgesetz ein länderspezifisches Problem in NRW sein. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wird in den nächsten Wochen eine fünfstellige Zahl an Asylanträgen von Bewerbern aus sog. sicheren Herkunftsländern negativ entscheiden. Angesichts der aktuellen Belastung der Kommunen und Hilfsorganisationen ist anschließend eine möglichst schnelle Rückführung notwendig. Von daher muss die Anzahl der Duldungen in NRW drastisch zurückgeführt werden, damit auch zukünftig eine faktische Aufnahmemöglichkeit für Menschen in Not im Rahmen des Asyls bestehen bleiben kann. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11305 2 Vorbemerkung der Landesregierung: Die nach § 58 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) vollziehbare Ausreisepflicht bleibt durch die Duldung unberührt. Soweit in der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage festgestellt wird, zum 30.11.2015 seien in Nordrhein-Westfalen aufgrund der Zahl der Geduldeten „letztlich nur 11.277 Menschen vollziehbar ausreisepflichtig“ gewesen, ist dies unzutreffend. 1. Was sind die Ursachen die im Ländervergleich hohe Anzahl an Duldungen in Nordrhein-Westfalen? Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist (§ 60a Absatz 1 AufenthaltG). Ein Ermessen besteht insofern nicht. In neun Bundesländern liegt der Anteil der Geduldeten bei über 80% der Ausreisepflichtigen. In insgesamt 15 Bundesändern machen die Geduldeten mehr als 60% der Ausreisepflichtigen aus. Unter Berücksichtigung derjenigen, die im Ausländerzentralregister (AZ)R als Ausreisepflichtige ohne Duldung geführt werden, bestehen somit keine besonderen Auffälligkeiten bezogen auf Nordrhein-Westfalen. 2. Aus welchen Gründen werden in Nordrhein-Westfalen konkret Duldungen gewährt? Die Duldungsgründe ergeben sich abschließend aus § 60a Abs. 1 bis 2b AufenthG. 3. Sieht die Landesregierung auch Gründe in der nordrhein-westfälischen Erlasslage (Sensibilisierungserlasse) für die unterschiedlich hohe Anzahl an Duldungen in den Ländern? Siehe Antwort auf Frage 1. 4. Wie sehen aktuell die Zahlen von Geduldeten bzw. vollziehbar Ausreisepflichtigen aus in NRW? Laut Ausländerzentralregister (AZR) lag die Zahl der Ausreisepflichtigen in Nordrhein-Westfalen zum Stichtag 31.12.2015 bei 54.290, die Zahl der Geduldeten betrug 43.050. Die Zahl der ausreisepflichtigen Asylbewerber wird ebenso wie die Zahl der vollziehbar Ausreisepflichtigen statistisch nicht gesondert erfasst. 5. Was gedenkt die Landesregierung zu unternehmen, um diesen schlechten Wert zukünftig deutlich zu verbessern? Zunächst wird klarstellend auf die Beantwortung der Frage 1 verwiesen. Mit dem Gemeinsamen Beschluss des Bundes und der Länder vom 18. Juni 2015 haben der Bund und die Länder einen Aktionsplan vereinbart, um die Asylverfahren zu beschleunigen sowie die Gesamtaufenthaltsdauer von Asylbewerbern zu verkürzen, die aus Herkunftsländern mit einer relativ hohen Anzahl von Asylsuchenden bei zugleich besonders niedriger Schutzquote stammen. Dieser Beschluss ist in NRW in hierfür bestimmten LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11305 3 Einrichtungen erfolgreich umgesetzt worden. Insoweit wird auf die Antworten auf die Kleinen Anfragen 3767 (LT-Drs. 16/9473) und 3867 (LT-Drs. 16/9729) verwiesen. Die Aktionsplanumsetzung wurde in Nordrhein-Westfalen zunächst zum 04. Januar 2016 nach Abstimmung mit dem BAMF sowohl qualitativ als auch quantitativ erweitert: Zum einen werden nun sämtliche Asylsuchenden aus den sicheren Herkunftsstaaten des Westbalkans (neben Albanien wegen der Bearbeitungszuständigkeiten des BAMF in NRW auch Kosovo, Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina), vorbehaltlich der sachlichen Eignung des Einzelfalls, dem Beschleunigungsverfahren zugeführt. Zum anderen wurden die vorhandenen Platzkapazitäten im Bereich der Landesaufnahme von 1.200 auf 1.700 Plätze ausgebaut. Eine weitere qualitative Erweiterung erfolgte aktuell zum 01.02.2016 um die sog. Gruppe der neu eingereisten Folgeantragsteller aus den sicheren Herkunftsstaaten des Westbalkans sowie um Asylsuchende aus Georgien. Zusätzliche sinnvolle Ausweitungsmöglichkeiten werden ständig geprüft. Seit November 2015 befasst sich daneben die Arbeitsgruppe Rückkehrmanagement unter der Leitung des Staatsrates a.D. Herrn Schiek mit der entsprechenden Thematik. In dieser Arbeitsgruppe tauschen Vertreter kommunaler Ausländerbehörden, der Zentralen Ausländerbehörden, der kommunalen Spitzenverbände sowie des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW ihre Erfahrungen aus und erarbeiten Strategien zur Beseitigung von Vollzugshindernissen bei der Rückführung. Der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe ist im ersten Quartal 2016 zu erwarten. Hinsichtlich einer Optimierung des Rückkehrmanagements in Nordrhein-Westfalen wird das Land die Kommunen bei Abschiebungen und freiwilligen Ausreisen künftig noch effektiver unterstützen. Hierzu wird eine Zentrale Rückkehrkoordination (ZRK NRW) bei den Zentralen Ausländerbehörden (ZAB), die die zuständigen kommunalen Ausländerbehörden unterstützen, eingerichtet und diese Behörden insgesamt verstärkt. Die ZRK NRW wird bisherige Unterstützungsleistungen bei Abschiebungen wie Flug- und Transportmanagement bündeln und den Kommunen als zentraler Ansprechpartner für verschiedene Rückkehrfragen, auch für Fragen der freiwilligen Rückkehr, zur Verfügung stehen. Daneben wird das Land gegenüber dem verantwortlichen Bund weiterhin auf die Beseitigung von Abschiebungshindernissen problematische Zielstaaten betreffend, insbesondere im Bereich der Passersatzpapierbeschaffung, hinwirken und sich an der neuen Organisationseinheit für die Passersatzpapierbeschaffung aktiv beteiligen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11305