LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1132 15.10.2012 Datum des Originals: 12.10.2012/Ausgegeben: 18.10.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 451 vom 10. September 2012 der Abgeordneten Ingola Schmitz FDP Drucksache 16/902 Welche Bedeutung misst die Landesregierung dem Theaterbesuch als Bestandteil der kulturellen Bildung in der Schule bei? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 451 mit Schreiben vom 12. Oktober 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Theaterspielen spielt in den Schulen sowohl als eigenes Schülerengagement als auch als Möglichkeit des Besuchs von Theaterensembles in Schulen eine wichtige Rolle als Bestandteil einer ebenso umfassenden wie kreativen kulturellen Bildung der Kinder und Jugendlichen . Eingebunden in das schulische Angebot sind z.B. Sprech-, Tanz- oder auch Musiktheater als eigene Konzepte an Schulen möglich. Eine wichtige Rolle bilden darüber hinaus Angebote externer Ensembles, die sich von klassischen Theaterstücken über fremdsprachliche Angebote bis hin zu „Aufklärungstheaterstücken“ gegen sexuellen Missbrauch erstrecken. Die Erfahrung eines externen Theaterbesuchs kann darüber hinaus ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Bildung leisten. Am 1. September 2012 erschien in der Rheinischen Post unter dem Titel „Theater sollte für Schüler Pflicht werden“ vor Beginn der neuen Spielzeit ein Streitgespräch von sechs Intendanten . In diesem Gespräch wurde der Theaterbesuch als ein wichtiger Bestandteil einer kulturellen Bildung eines jeden Schülers und einer jeden Schülerin herausgestellt. Die Intendanten kritisierten unter anderem eine Fantasielosigkeit der Bildungspolitik. Auch wurde erklärt , dass es viele Schulen gäbe, in denen kein kulturaffines Rektorat oder theaterinteressierte Lehrer vorhanden seien, so dass diese Schulen demnach für das Theater „verloren seien“. Von Seiten der Intendanten wurde gefordert, dass ein Theaterbesuch verpflichtend sein solle. Herr Schmitz-Aufterbeck aus Aachen erklärte hierzu, dass man bei der Landesre- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1132 2 gierung um ein Gespräch nachgesucht habe. Hierbei solle es demnach auch um Finanzierungsfragen gehen. Selbstverständlich sind – insbesondere aufgrund der hohen Verschuldungssituation Nordrhein-Westfalens und der hiermit unverrückbar verbundenen Frage der Generationengerechtigkeit – die finanziellen Spielräume des Landes extrem begrenzt. Daher ist es von besonderem Interesse, welche Überlegungen auf Seiten der Landesregierung bestehen , eine kulturelle Förderung der Kinder und Jugendlichen zu ermöglichen, zu der auch das Kennenlernen des Theaters zählt, ohne dass das Land schwerlich zu schulternde zusätzliche Finanzlasten tragen muss. Auch ist es von großem Interesse, ob das in der Rheinischen Post angesprochene Gespräch von Intendanten mit der Landesregierung stattgefunden hat und wenn ja, welche Ergebnisse hierbei erzielt wurden. Vorbemerkung der Landesregierung Kulturelle Bildung ist ein zentrales Projekt der Kultur-, Jugend- und Schulpolitik der Landesregierung in dieser Legislaturperiode. 1. Welche Bedeutung misst die Landesregierung dem Theaterbesuch als Bestand- teil der kulturellen Bildung in der Schule bei? Die Landesregierung ermutigt Schulen ausdrücklich, Unterricht nicht nur in der Schule, sondern auch an außerschulischen Lernorten durchzuführen. Gemeinsame Theaterbesuche gehören ebenso dazu wie die Zusammenarbeit mit einem theaterpädagogischen Dienst oder mit Theaterschaffenden an einem Stück für das Schultheater . Die Theater in Nordrhein-Westfalen bieten mit ihren Spielplänen ein umfassendes Bildungsangebot, das für den Unterricht fachspezifisch und auch fächerübergreifend genutzt werden kann. Gleichwohl entscheiden Schulen eigenverantwortlich, mit welchen Partnern sie zusammenarbeiten. 2. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zu externen Theaterbesuchen nordrhein-westfälischer Schulen vor? Viele Schulen nutzen die Angebote der Theater in NRW. Dabei haben sich neben den Besuchen von Aufführungen unterschiedliche Kooperationsformen, wie z.B. Theaterführungen, Schultheaterprojektwochen, Materialmappen, Fortbildungen, Patenklassen, Kommunikation der Spielpläne an die Schulen, entwickelt. Welche Besuche konkret stattfinden, wird von der Landesregierung nicht erhoben. 3. Welche Möglichkeiten bestehen aus Sicht des Ministeriums für Schule und Wei- terbildung, um – ohne die finanziellen Belastungen des Landes zu erhöhen – möglichst vielen Kinder und Jugendlichen einen Theaterbesuch zu ermöglichen? Die Landesregierung fördert die Zusammenarbeit von Kultureinrichtungen und Schulen durch unterschiedliche Initiativen und Projekte wie z.B. das Programm „Kultur und Schule“ oder das bundesweite Modellprogramm „Kulturagenten für kreative Schulen“. Die Theater haben den Bereich der Kinder- und Jugendproduktionen sowie der theaterpädagogischen Angebote erheblich ausgebaut. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1132 3 Allen Ganztagsschulen in NRW stehen Gelder für Kooperationen mit Partnern, u.a. auch mit Theatern zur Verfügung: In der Sekundarstufe I über das Programm „Geld oder Stelle“ je nach Größe im Endausbau bis zu 180.000 € pro Jahr. Auch Halbtagsschulen können über das genannte Programm je nach Größe bis zu 30.000 € für Kooperationen mit außerschulischen Partnern einsetzen. Offene Ganztagsschulen verfügen im Rahmen ihres Budgets ebenfalls über Möglichkeiten, kulturelle Angebote in ihr Konzept einzubinden. Darüber hinaus unterstützt die von der Landesregierung finanzierte Arbeitsstelle Kulturelle Bildung in Schule und Jugendarbeit in NRW die Zusammenarbeit von Theatern und Schulen u.a. durch Publikationen wie das Merkheft „Theater in Schule und Jugendarbeit - Informationen für Kooperationen“ sowie durch unterschiedliche Veranstaltungsangebote. Die Arbeitsstelle bietet Schulen viele gute Praxisbeispiele für die Entwicklung von Kooperationen oder von kulturellen Schulprofilen. 4. Wenn das in der Rheinischen Post von Seiten der Intendanten erbetene Ge- spräch bereits stattgefunden hat, wie lauten die inhaltlichen Ergebnisse? Auf der Theaterkonferenz am 19.09.2012 haben Vertreterinnen und Vertreter der Theater und der Kommunen mit Frau Ministerin Ute Schäfer und Frau Ministerin Sylvia Löhrmann über die Kooperation von Schulen und Theatern diskutiert. Verabredet wurde eine vertiefte Zusammenarbeit zum Thema, um die Systematisierung kultureller Bildung voranzubringen. 5. Wie bewertet die Landesregierung die Einschätzung eines Intendanten, dass be- züglich des Theaters eine „unglaubliche Fantasielosigkeit“ in der Bildungspolitik herrsche? Kompetenzorientierte Lehrpläne lassen Lehrkräften Spielräume in der Themenwahl. Die Auseinandersetzung mit den Inhalten der ausgewählten Stücke wird von vielen Theatern u.a. durch Gespräche mit den Schülerinnen und Schülern und mit den Schulen begleitet. Auch die Schulen haben bereits Ansätze (u.a. durch vor- und nachbereitende Gespräche der Lehrkräfte mit den Theatern) gefunden, gemeinsam mit Theaterpädagogen unterschiedliche Zugänge zu den Stücken und Inhalten auch des Zentralabiturs zu entwickeln. Die Arbeitsstelle kulturelle Bildung in Schule und Jugendarbeit NRW bietet dazu auf ihrer Internetseite einen an den Lehrplänen orientierten Projektpool an, in dem Schulen Anregungen finden.