LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1138 15.10.2012 Datum des Originals: 15.10.2012/Ausgegeben: 18.10.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 439 vom 13. September 2012 der Abgeordneten Serap Güler CDU Drucksache 16/889 Hat das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NordrheinWestfalen die Gerichtskosten für die Staatssekretärin Zülfiye Kaykin übernommen? Der Minister für Arbeit, Integration und Soziales hat die Kleine Anfrage 439 mit Schreiben vom 15. Oktober 2012 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Welt am Sonntag berichtete am 9. September 2012 über die Klage des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales gegen den Christlich Alevitischen Freundeskreis der CDU (CAF). In dem Bericht heißt es, dass die Staatssekretärin für Integration, Zülfiye Kaykin, gegen die sie betreffenden Vorwürfe des CAF beim Landgericht Köln erfolgreich geklagt hätte. Weiter wird behauptet, dass der CAF gegen dieses Urteil beim Oberlandesgericht Köln in Berufung gegangen ist, weil nicht Frau Kaykin persönlich geklagt habe, sondern ihr Arbeitgeber, das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen. Das Oberlandesgericht Köln sei der Argumentation des CAF gefolgt und hätte entschieden, dass nur die Privatperson Zülfiye Kaykin und nicht das Ministerium hätte prozessieren dürfen. Ferner ist dem Bericht zu entnehmen, dass hierzu die Gerichtskosten „mehrere zehntausend Euro“ betrugen. Vorbemerkung der Landesregierung Das Land hat keine Klage gegen den Christlich-Alevitischen Freundeskreis (CAF) erhoben, sondern gegen drei natürliche Personen, die teilweise unwahre und teilweise solche Tatsachenbehauptungen , deren Wahrheit sie nicht beweisen konnten, u.a. über die Internetseite LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1138 2 des CAF verbreitet hatten. Das Landgericht Köln hat die Aktivlegitimation des Landes angenommen und die drei Personen zur Unterlassung dieser Behauptungen verurteilt. Die Beklagten haben Berufung zum Oberlandesgericht eingelegt. Richtig ist, dass diese u.a. argumentiert haben, das Land sei nicht aktivlegitimiert. Das Oberlandesgericht ist dem gefolgt und hat entschieden, dass das Land durch die Behauptungen im konkreten Fall nicht schwerwiegend in seiner Funktionsfähigkeit beeinträchtigt sei. Unter Abänderung der Entscheidung des Landgerichts wurde die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, „da die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert“. Von der Revision wurde abgesehen, da sich die Beklagten nach der Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Köln gegenüber Frau Staatssekretärin Kaykin rechtsverbindlich verpflichtet haben, die Behauptungen nicht zu wiederholen. Dies vorausgeschickt, beantwortet die Landesregierung die Fragen wie folgt: 1. Ist der Bericht zutreffend? Hinsichtlich des in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage wiedergegebenen Inhalts des Berichts der Welt am Sonntag ist die Sachverhaltsschilderung insoweit unzutreffend, als sie der Darstellung in der Vorbemerkung der Landesregierung widerspricht. 2. Bestätigt die Landesregierung, dass der erste juristische Schritt von Seiten des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NordrheinWestfalen ausgegangen ist? Wenn mit dem „ersten juristischen Schritt“ die Klage gemeint ist, ja. Das Land NordrheinWestfalen hat die Klage erhoben. 3. Wenn ja, welche Gerichtskosten sind dem Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen durch diesen konkreten Fall angefallen ? Das Land Nordrhein-Westfalen ist nach § 2 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes von der Zahlung von Gerichtskosten befreit. 4. Falls zutreffend, wie beurteilt die Landesregierung, dass Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen geklagt hat und nicht die Privatperson Zülfiye Kaykin? Die Landesregierung hält es für richtig, eine Klage im eigenen Namen zu erheben, wenn eine Staatssekretärin durch unwahre Tatsachenbehauptungen verunglimpft wird und hierdurch die Funktionsfähigkeit des Ministeriums beeinträchtigt wird. Die Landesregierung stimmt dem Landgericht Köln zu, das ausgeführt hat: „Es ist jedoch anerkannt, dass auch der Träger öffentlicher Gewalt durch Äußerungen Dritter rechtswidrig in seinen institutionellen Rechten beeinträchtigt werden kann, wenn die Äußerung einen Bezug zur Funktionsfähigkeit der staatlichen Einrichtung aufweist. (…) Nach Auffassung der Kammer erfüllen die Äußerungen der Beklagten die Voraussetzungen einer unzulässigen Funktionsbeeinträchtigung, da sie als un- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1138 3 wahre Tatsachenbehauptungen die Grundlage für die an das klagende Land adressierte Aufforderung sind, personelle Konsequenzen zu ziehen.“ Das Oberlandesgericht Köln hat dies im Grundsatz auch so gesehen: „Das klagende Land ist als solches grundsätzlich sachbefugt, sich mittels zivilrechtlicher Unterlassungsklage gegen Angriffe zu wenden, mit denen der Anspruch auf soziale Achtung ihrer Behörden (hier das Ministerium des Landes Nordrhein-Westfalen für Arbeit, Integration und Soziales als oberste Landesbehörde) verletzt wird (…). Ein solcher Ehrenschutz steht auch der Bundesrepublik und den Bundesländern jedenfalls dann zu, wenn die konkrete Äußerung geeignet ist, die Behörde schwerwiegend in ihrer Funktion zu beeinträchtigen“. Da das Oberlandesgericht nur in diesem konkreten Einzelfall die Voraussetzungen nicht als erfüllt ansah, ändert dies die grundsätzliche Beurteilung der Landesregierung nicht.