LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11407 08.03.2016 Datum des Originals: 04.03.2016/Ausgegeben: 11.03.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4343 vom 25. Januar 2016 des Abgeordneten Peter Preuß CDU Drucksache 16/10899 Wie rechtfertigt die Gesundheitsministerin die finanzielle Ungleichbehandlung der nordrhein-westfälischen Krankenhäuser im Vergleich zu den Universitätskliniken? Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 4343 mit Schreiben vom 4. März 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und der Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Investitionsstau bei den 370 Krankenhäusern in Nordrhein-Westfalen ist hinlänglich bekannt. Der Haushaltsplan 2016 sieht eine Erhöhung des Ansatzes bei der Krankenhausförderung von 18,3 Mio. € vor. Der Investitionsbedarf für Nordrhein-Westfalen beläuft sich nach Schätzungen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen auf über 1,3 Milliarden Euro jährlich, die im tatsächlichen Haushaltsansatz nicht annähernd abgebildet sind. Lösungskonzepte zur Beseitigung der miserablen Finanzlage der Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen legt die Gesundheitsministerin nicht vor. Anders agiert die Wissenschaftsministerin: der ebenfalls bestehende Investitionsstau bei den Uni-Kliniken in Nordrhein-Westfalen animiert sie zu einer Geldspritze von 2,2 Milliarden Euro bis 2020 und damit zu einer Verdoppelung der Sanierungsmittel für die sechs Uni-Kliniken. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11407 2 Vorbemerkung der Landesregierung Für die Universitätskliniken und die übrigen Plankrankenhäuser bestehen unterschiedliche Fördersystematiken: Plankrankenhäuser erhalten zur Investitionskostenfinanzierung pauschale Fördermittel gemäß § 18 Krankenhausgestaltungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW) auf der Grundlage der §§ 8 und 9 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) des Bundes. Hierfür stehen im Haushalt 2016 (Kapitel 15 070/ Titelgruppen 61 und 70) pauschale Fördermittel in Höhe von 514 Mio. Euro zur Verfügung. In der Mittelfristigen Finanzplanung stehen für die Jahre 2017 bis 2019 insgesamt 1,592 Mrd. Euro Fördermittel zur Verfügung. Eine gleichbleibende Förderung für das Jahr 2020 unterstellt ergibt sich für die Jahre 2016 bis 2020 insgesamt eine Summe der Fördermittel in Höhe von 2,64 Mrd. Euro. Von dieser Förderung sind die Universitätsklinika gemäß § 5 Abs. 1 Nr.1 KHG ausdrücklich ausgenommen. Mit dem Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) hat der Bund den so genannten Strukturfonds aufgelegt. Zu den Einzelheiten wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Den Universitätskliniken gewährt das Land Zuschüsse für Investitionen einschließlich der Bauunterhaltung und für betriebsnotwendige Kosten gemäß § 31 b Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (HG) i.V. m. § 9 Abs.1 Satz 3 der Rechtsverordnung für die Universitätskliniken (UKVO). Diese Investitionskostenzuschüsse ermöglichen nicht nur Investitionsmaßnahmen, die – wie bei den Plankrankenhäusern auch - eine hochmoderne und zugleich patientenorientierte Krankenversorgung sicherstellen; vielmehr müssen an den Universitätskliniken auch die infrastrukturellen Belange einer hochwertigen und praxisorientierten Ausbildung der Medizinerinnen und Mediziner berücksichtigt werden. Darüber hinaus sind Maßnahmen zu finanzieren, die die Forschungsinfrastrukturen an den nordrhein-westfälischen Universitätskliniken sichern und stärken. Im Medizinischen Modernisierungsprogramm (MedMoP) für die Universitätskliniken des Landes Nordrhein-Westfalen stehen bis 2020 Mittel in Höhe von insgesamt 2,2 Milliarden Euro zur Verfügung, von denen den Universitätskliniken bisher bereits 500 Millionen Euro zugewiesen wurden. 1. Welche Gründe rechtfertigen diese eklatante Ungleichbehandlung von Uni-Kliniken im Vergleich zu anderen Krankenhäusern, die in den Etatbereich des MGEPA fallen? 2. Uni-Kliniken können nicht flächendeckend in Nordrhein-Westfalen die stationäre Versorgung der Menschen sicherstellen. Sie sind vielmehr schwerpunktmäßig zuständig für einen hohen Grad an Spezialisierung, für wissenschaftliches Arbeiten und die akademische Ausbildung der Ärzte. Wie soll eine qualitätsorientierte Arbeit der anderen Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen sichergestellt werden, wenn für die einzelnen Häuser nur ca. 1/70 der Gelder zur Verfügung stehen? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Wie in der Vorbemerkung ausgeführt, erfüllen die Universitätskliniken teilweise andere und zusätzliche Aufgaben als die übrigen Plankrankenhäuser und haben daher auch einen anderen und teilweise zusätzlichen baulichen Infrastrukturbedarf. Zudem unterscheidet sich die Fördersystematik zwischen beiden Krankenhausarten. Während einzelne Baumaßnahmen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11407 3 der Universitätskliniken einmalig durch Zuschüsse gefördert werden, erhalten die übrigen Plankrankenhäuser jährliche Pauschalzahlungen, die sie nach eigener Entscheidung sofort für Baumaßnahmen einsetzen, ansparen oder für die Kreditfinanzierung von Baumaßnahmen einsetzen können. Insofern sind die maßnahmenscharf bereitgestellten Mittel für das Medizinische Modernisierungsprogramm für die Universitätskliniken nicht mit den jährlichen Pauschalzahlungen vergleichbar. Aus der Höhe der für Investitionsmaßnahmen zur Verfügung stehenden Mittel können keine Rückschlüsse auf die Qualität der Arbeit in den jeweiligen Krankenhäusern gezogen werden. 3. Von den Geldern des Wissenschaftsministeriums profitieren die Uni-Kliniken Aachen, Köln, Bonn, Münster, Düsseldorf und Essen. Die Städte und Ausbildungsorte liegen ausnahmslos im westlichen Teil von Nordrhein-Westfalen. Kann damit gerechnet werden, dass die östlichen Landesteile weiter mit einer verstärkten Zunahme des hausärztlichen und fachärztlichen Versorgungsmangels zu rechnen haben? Nach Auffassung der Landesregierung gibt es keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der räumlichen Verteilung von Universitätskliniken, einschließlich deren Finanzausstattung, und vereinzelten sektoralen oder regionalen Engpässen in der ambulanten medizinischen Versorgung. Gleichwohl hat die Landesregierung vor dem Hintergrund einer immer wieder vermuteten prägenden Wirkung des Ausbildungsortes auf eine spätere ärztliche Tätigkeit („Klebeeffekt“) eine Ausweitung des bewährten Bochumer Modells der Medizinerausbildung nach Ostwestfalen-Lippe auf den Weg gebracht. Nach den notwendigen Vorarbeiten werden zum Wintersemester dieses Jahres die ersten Studierenden den klinisch-praktischen Abschnitt ihres Medizinstudiums an Kliniken in Ostwestfalen-Lippe absolvieren. Im Endausbau werden dort ständig 180 Studierende der Ruhr-Universität ausgebildet. 4. Konnte die Gesundheitsministerin sich im Rahmen der Erstellung des Haushaltsplanes 2016 mit ihrem dringend benötigten Finanzbedarf für eine Investitionsförderung der 370 Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen beim Finanzminister anders als die Wissenschaftsministerin nicht durchsetzen? Die Mittel für die Pauschale Förderung der Errichtung von Krankenhäusern (Baupauschale) sind im Haushaltsplan 2016 um 7 Mio. Euro zur Anpassung an Preissteigerungen erhöht worden. Für 2017 und 2018 sind weitere Steigerungen von jährlich 10 Mio. Euro vorgesehen. Bereits 2015 erfolgte eine Erhöhung der pauschalen Fördermittel für die Wiederbeschaffung kurzfristiger Anlagegüter um 24 Mio. Euro, die 2016 verstetigt wurde. Zudem ist zur Verbesserung der Strukturen in der Krankenhausversorgung beim Bundesversicherungsamt aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds ein Strukturfonds in Höhe von insgesamt 500 Mio. Euro eingerichtet worden. Von den Strukturfondsmitteln kann jedes Land den Anteil abrufen, der sich aus dem Königsteiner Schlüssel mit Stand 01.01.2016 ergibt. Auf Nordrhein-Westfalen entfällt voraussichtlich ein Anteil von rd. 106 Mio. Euro. Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Mittel des Strukturfonds ist u.a., dass das Bundesland, gegebenenfalls gemeinsam mit dem Träger der zu fördernden Einrichtung, Mittel in selber Höhe zur Verfügung stellt. Zur Kofinanzierung des auf Nordrhein-Westfalen entfallenden Teils von 106 Mio. Euro sind im Haushalt 2016 Barmittel in Höhe von 16,6 Mio. Euro und Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 72 Mio. Euro eingestellt worden. Die für die Gesamtfinanzierung erforderlichen weiteren Mittel sind von den Trägern der zu fördernden Einrichtungen bereitzustellen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11407 4 Die Universitätskliniken sind gemäß § 5 Abs.1 Nr. 1 KHG von einer Förderung nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz und damit auch vom Strukturfonds ausgenommen. 5. Lässt sich aus der Verteilung der Finanzmittel für Krankenhäuser und Universitätskliniken auf die Priorität der Landesregierung schließen, den medizinischen Wissenschaftsstandort zu Lasten einer stationären medizinischen Versorgungsqualität in den anderen Krankenhäusern zu fördern? Die Versorgungsqualität in den Plankrankenhäusern hat für die Landesregierung dieselbe hohe Priorität wie die Qualität der Krankenversorgung, der medizinischen Forschung und der Medizinerausbildung in den Universitätskliniken. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11407