LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11408 08.03.2016 Datum des Originals: 04.03.2016/Ausgegeben: 11.03.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4359 vom 1. Februar 2016 der Abgeordneten Angela Freimuth und Susanne Schneider FDP Drucksache 16/10943 Stellen die Rahmenbedingungen für die Ausbildung Psychologischer Psychotherapeuten sicher, dass Psychotherapien mit psychoanalytisch begründeten Verfahren auch in Zukunft im bisherigen Umfang durchgeführt werden können? Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 4359 mit Schreiben vom 4. März 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Wie der Beantwortung der Kleinen Anfrage 4029 zu entnehmen ist, werden rund die Hälfte der Psychotherapien in Nordrhein-Westfalen mit psychoanalytisch begründeten Verfahren durchgeführt. Obwohl es an keiner Hochschule in Nordrhein-Westfalen psychodynamisch besetzte Lehrstühle gibt, hält die Landesregierung den Fortbestand psychodynamischer Psychotherapien für gesichert, da es genügend staatlich anerkannte Ausbildungsinstitute (13 von 30 in Nordrhein-Westfalen) gibt, die auch in psychoanalytisch begründeten Verfahren ausbilden. Es bleibt jedoch fraglich, ob das an den Hochschulen vermittelte Fachwissen ausreicht, um an den Ausbildungsinstituten problemlos die Anwendung psychoanalytisch begründeter Verfahren zu erlernen. Ferner sagt allein die Zahl der Institute, die eine entsprechende Ausbildung bezüglich psychoanalytisch begründeter Verfahren anbieten, nichts über die Zahl der durchgeführten Ausbildungen aus. Bei näherer Betrachtung der Ausbildungskapazitäten (http://www.brd.nrw.de/gesundheit_soziales/landespruefungsamt/pdf/Institutsliste-PP- Jan2015.pdf) fällt auf, dass 535 Ausbildungsplätze allein für die Verhaltenstherapie, aber nur 191 Ausbildungsplätze allein für psychoanalytisch begründete Verfahren vorgehalten werden. Außerdem findet die Ausbildung bei der Verhaltenstherapie überwiegend in Vollzeit, bei der Psychoanalyse jedoch überwiegend in Teilzeit statt. Eine solche Ausbildungspraxis kann auf LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11408 2 Dauer nicht sicherstellen, dass die Psychotherapien mit psychoanalytisch begründeten Verfahren auch weiterhin einen Anteil von rund 50 Prozent ausmachen werden. 1. Wie viele Personen haben in den letzten fünf Jahren eine Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten aufgenommen (bitte für jedes Jahr jeweils nach wissenschaftlich anerkannten Verfahren [Verhaltenstherapie / Psychoanalytisch begründete Verfahren / Systemische Therapie] sowie Art der Ausbildung [Teilzeit / Vollzeit] aufschlüsseln)? Die dem Landesprüfungsamt für Medizin, Psychotherapie und Pharmazie vorliegenden Daten sind als Anlage beigefügt. Eine geschlechterdifferenzierte Aufschlüsselung der Daten ist nicht möglich, da dies vom zuständigen Landesprüfungsamt für Medizin, Psychotherapie und Pharmazie nicht entsprechend aufgeschlüsselt erfasst wird. 2. Wie viele Personen haben in den letzten fünf Jahren eine Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten erfolgreich absolviert (bitte für jedes Jahr jeweils nach wissenschaftlich anerkannten Verfahren [Verhaltenstherapie / Psychoanalytisch begründete Verfahren / Systemische Therapie] sowie Art der Ausbildung [Teilzeit / Vollzeit] aufschlüsseln)? Die dem Landesprüfungsamt für Medizin, Psychotherapie und Pharmazie vorliegenden Daten sind als Anlage beigefügt. Eine geschlechterdifferenzierte Aufschlüsselung der Daten ist nicht möglich, da dies vom zuständigen Landesprüfungsamt für Medizin, Psychotherapie und Pharmazie nicht entsprechend aufgeschlüsselt erfasst wird. 3. An welchen Lehrstühlen der Psychologie an nordrhein-westfälischen Hochschulen liegt der Lehr- bzw. Forschungsschwerpunkt auf psychoanalytisch begründeten Verfahren? Die Daten stehen der Landesregierung nicht zur Verfügung, da es im Hochschulbereich keinerlei Erhebungen über Lehr- und Forschungsschwerpunkte von Professorinnen und Professoren gibt. 4. Worin sieht die Landesregierung die Ursachen einer Diskrepanz bei der Anzahl und der Art der Ausbildungsplätze zum Psychologischen Psychotherapeuten bezüglich der wissenschaftlich anerkannten Therapieverfahren? Hierzu liegen nur sehr begrenzt Daten vor. In einem Forschungsgutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (Forschungsgutachten zur Ausbildung von Psychologischen PsychotherapeutInnen und Kinder- und Jugendlichen- PsychotherapeutInnen, 2009) wurden in einer kleinen Stichprobe 443 Studierende der Psychologie an sieben Universitäten (drei mit psychodynamischer, vier mit verhaltenstherapeutischer Ausrichtung) befragt. Die Studierenden sollten angeben, aus welchen Gründen (Mehrfachnennungen möglich) sie sich im Anschluss an das Studium in welchem Therapieverfahren weiterbilden lassen wollen. Ergebnis der Befragung war, dass das Menschenbild, Vorgehen und der therapeutische Stil zur eigenen Persönlichkeit passen müsse (von 60% der Befragten genannt), die Behandlungskonzepte am überzeugendsten seien (58%) und eine Kassenzulassung mit dem Verfahren möglich sei (54%). Die Ausrichtung des Studiums spielte nur für 11% der Befragten eine Rolle. Dennoch zeigte sich auch, dass LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11408 3 Studierende zu großen Teilen das Verfahren bevorzugten, das an ihrer Universität den Schwerpunkt darstellte. Unklar bleibt allerdings, ob die Ausrichtung der Universität die Neigung beeinflusste, oder ob die Studierenden sich die Universität bereits nach Neigung auswählten. Bei einer Befragung von 1774 Ausbildungsteilnehmenden der Verhaltenstherapie (ebenfalls im Rahmen des o.g. Forschungsgutachtens) gaben 28% an, die Kosten der Ausbildung hätten eine Rolle bei der Entscheidung für das Therapieverfahren gespielt. Eine tiefenpsychologische oder psychoanalytische Ausbildung ist in der Regel mit höheren Selbstkosten verbunden als eine verhaltenstherapeutische Ausbildung. 5. Erachtet die Landesregierung die Durchführung psychoanalytisch begründeter Therapien im bisherigen Umfang weiterhin für langfristig sichergestellt? Eine Beantwortung dieser Frage wäre spekulativ. Einfluss darauf nimmt eine Vielzahl von Faktoren, deren Entwicklung nur schwer anhand der bestehenden Informationen und Datenlage vorauszusagen ist. Anlage zur Antwort auf die Fragen 1 und 2 der Kleinen Anfrage 4359 Frage Nr. 1: Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ausbildung*: VT Vollzeit VT Teilzeit TP Vollzeit TP Teilzeit AP Vollzeit AP Teilzeit TA Vollzeit TA Teilzeit 2011 1386 285 149 130 0 1 4 146 2012 1556 264 181 100 0 1 16 124 2013 1594 278 189 113 0 1 18 135 2014 1701 248 218 109 0 4 21 158 * Es handelt sich um die jeweils in Ausbildung befindlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Jahres. Die Anzahl der jeweils im Ausbildungsjahr neu beginnenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer wird nicht erfasst. Für das Jahr 2015 liegen noch keine Daten vor. Frage Nr. 2: Prüfungsabsolventinnen und Prüfungsabsolventen** 2011 216 37 11 19 0 0 0 9 2012 246 40 17 16 0 0 0 17 2013 298 42 9 21 0 0 1 8 2014 278 47 23 25 0 0 0 21 2015 347 27 28 16 0 0 1 11 **Im Jahr 2011 haben drei Teilnehmende endgültig nicht bestanden, die jedoch nicht nach Vertiefungsgebiet erfasst sind. Alle anderen Teilnehmenden haben erfolgreich abgeschlossen. VT = Verhaltenstherapie TP= tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie AP=Analytische Psychotherapie TA=Tiefenpsycholgischnpsychologisch fundierte Psychotherapie und analytische Psychotherapie Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11408