LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1145 16.10.2012 Datum des Originals: 12.10.2012/Ausgegeben: 19.10.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 440 vom 10. September 2012 des Abgeordneten Peter Biesenbach CDU Drucksache 16/890 Haushaltssanierung der Kommunen mit Bußgeldaufschlag? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 440 mit Schreiben vom 12.Oktober 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut einem Zeitungsbericht in der „Waltroper-Zeitung“ vom 27. August 2012 verlangt unter anderem die Stadt Bochum ein erhöhtes Bußgeld für diejenigen, die bereits im Punkteregister in Flensburg erfasst sind. Für jeden Punkt der im zentralen Verkehrsregister gespeichert sei, komme auf ein zu erhebendes Bußgeld ein Aufschlag von zehn oder fünf Prozent hinzu. Grundlage der Bußgelder ist die von Bund und Ländern ausgehandelte Bußgeldkatalogverordnung , um bundesweit einheitliche Bußgelder zu erreichen. Grundsätzlich dürfen die Bußgeldregelsätze erhöht werden, wenn bereits innerhalb des vergangenen Jahres Punkte gesammelt wurden erklärt dazu eine Sprecherin der Stadt Bochum. Uneinheitlich sei allerdings die Praxis in einigen Kommunen, wann ein Aufschlag fällig sei, ob bei allen Verstößen oder nur bei Wiederholungstätern. Ein Aufschlag bei Wiederholungstaten sei gerichtlich bestätigt worden, bei unterschiedlichen Taten sei jedoch eine uneinheitliche Rechtsprechung vorherrschend. Die Stadt Bochum will weiterhin sogenannte „Grundsatzaufschläge “ auf Bußgelder erheben. Die Stadtsprecherin Bochums erklärte dazu, dass ein Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid möglich sei, auch gegen den „Grundsatzaufschlag“. Dabei trägt aber der Bürger das Kostenrisiko. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1145 2 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Praxis von Kommunen einen "Grundsatzaufschlag " auf Bußgelder zu erheben, wenn bereits Punkte im zentralen Verkehrsregister gespeichert wurden? 2. Wie beurteilt die Landesregierung die Rechtslage der Erhebung von "Grundsatz- aufschlägen" auf Bußgelder? Die Fragen 1. und 2. werden wegen des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet: Die in der Bußgeldkatalog-Verordnung bestimmten Beträge sind Regelsätze. Sie gehen von gewöhnlichen Tatumständen, fehlenden Vorahndungen sowie in Abschnitt I des Bußgeldkatalogs von fahrlässiger und in Abschnitt II des Bußgeldkatalogs von vorsätzlicher Begehung aus. Die Speicherung erheblicher Verkehrsverstöße im Verkehrszentralregister dient auch dazu, die angemessene Ahndung der Verstöße von Personen sicherzustellen, die wiederholt Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr begangen haben. Frühere Bußgeldentscheidungen können deshalb in nachprüfbarer Form und soweit noch keine Tilgungsreife im Verkehrszentralregister eingetreten ist bußgelderhöhend wirken, falls sie den Schluss zulassen, dass nur eine höhere Buße den Betroffenen an seine Ordnungspflicht erinnert. Der erforderliche innerliche Zusammenhang mit vorherigen Verstößen ist bei Verkehrsordnungswidrigkeiten auch dann gegeben, wenn den Vorbelastungen andersartige Verstöße gegen Bestimmungen des Straßenverkehrsrechts zugrunde liegen. Das Ob und das Maß der Erhöhung des Bußgeldes liegen im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde und unterliegen im Falle eines gegen einen Bußgeldbescheid gerichteten Einspruchs des Betroffenen der gerichtlichen Kontrolle. In jedem Einzelfall sind nach den auch für Verkehrsordnungswidrigkeiten geltenden gesetzlichen Vorgaben bei der Festsetzung des angemessenen Bußgeldes die konkret vorliegenden bußgelderhöhenden und -mindernden Umstände im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu prüfen. Eine schematische Erhöhung der in der Bußgeldkatalog-Verordnung festgesetzten Regelsätze allein aufgrund vorhandener Voreintragungen im Verkehrszentralregister ohne eine solche Gesamtbetrachtung wäre mit den Vorgaben dieser Verordnung und den einschlägigen gesetzlichen Regelungen nicht zu vereinbaren. 3. Wie stellt sich die Praxis von Aufschlägen auf Bußgelder in den Kommunen dar (welche Kommunen erheben keine Bußgeldaufschläge, welche erheben Aufschläge nur bei konkreten Wiederholungstaten, welche Kommunen erheben "Grundsatzaufschläge" für bereits gesammelte Punkte)? Da die Frage der Bußgelderhöhung wegen relevanter Voreintragungen im Verkehrszentralregister immer von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängt, orientieren sich die kommunalen Bußgeldstellen bei ihren Entscheidungen an den vom Verordnungsgeber und der Rechtsprechung vorgegebenen Kriterien. Vor dem Hintergrund des das Ordnungswidrigkeitsrecht bestimmenden Opportunitätsprinzips erscheint die von der Stadt Bochum geübte Praxis nicht unverhältnismäßig. Die Landesregierung hat keine Kenntnis über das Verwaltungshandeln kommunaler Bußgeldbehörden, das unvereinbar mit den oben genannten Grundsätzen wäre. 4. Wie bewertet die Landesregierung die unterschiedliche Praxis zu Bußgeldauf- schlägen in den Kommunen vor dem Hintergrund, dass die Bußgeldkatalogverordnung eigentlich mit dem Ziel geschaffen wurde einheitliche Bußgelder zu erreichen ? Siehe Antwort zu 3. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1145 3 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Praxis vor dem Hintergrund, dass dies insbesondere von finanzschwachen Kommunen praktiziert wird und der These, dass die Bürgerinnen und Bürger für die unzureichende Landeshilfe mit dem Stärkungspakt zur Kasse gebeten werden. Die Landesregierung hat keine Hinweise darauf, dass sich die Erhebung erhöhter Bußgelder auf bestimmte Kommunen beschränkt.