LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11456 10.03.2016 Datum des Originals: 09.03.2016/Ausgegeben: 15.03.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4452 vom 10. Februar 2016 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/4452 Ankunftszentren mit Wartezonen und neue Aufnahmeeinrichtungen für beschleunigte Asylverfahren – Was wird davon in Nordrhein-Westfalen umgesetzt? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4452 mit Schreiben vom 9. März 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Bundeskabinett hat Anfang Februar die gesetzliche Umsetzung des Asylpakets II mit dem Gesetzentwurf zur Einführung beschleunigter Asylverfahren beschlossen. Ein wesentlicher Baustein der gesetzlichen Neuregelung ist die Schaffung von neuen Aufnahmeeinrichtungen, in denen die Asylverfahren von gewissen Asylbewerbern beschleunigt bearbeitet werden sollen . Die neuen Aufnahmeeinrichtungen sollen für das komplette Asylverfahren zuständig sein. Auch Abschiebungen können direkt aus der Erstaufnahmeeinrichtung erfolgen. Das Gesetz bestimmt Gruppen von Asylbewerbern, bei denen das beschleunigte Verfahren durchgeführt werden kann: Dazu gehören Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, Folgeantragsteller sowie Asylbewerber, die beim Asylverfahren nicht mitwirken. Das wird beispielsweise angenommen, wenn sie über ihre Identität täuschen oder die Abnahme der Fingerabdrücke verweigern. Die zeitlichen Abläufe sollen dann so weit gestrafft werden, dass das Asylverfahren innerhalb einer Woche durchgeführt werden kann. Falls Flüchtlinge gegen eine Ablehnung ihres Asylantrages Rechtsmittel einlegen wollen, soll dieses juristische Verfahren innerhalb von zwei Wochen abgeschlossen sein. Für die Dauer des beschleunigten Verfahrens gilt eine verschärfte Residenzpflicht und der Asylbewerber muss daher in der Aufnahmeeinrichtung wohnen. Die Person erhält nur dann LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11456 2 Leistungen, wenn die Aufnahme in der zuständigen Aufnahmeeinrichtung erfolgt ist und die verschärfte Residenzpflicht eingehalten wird. Bis zu fünf solcher Einrichtungen sollen bundesweit eingerichtet werden, Bamberg und Manching sind bereits von Bayern benannt worden. Die weiteren Standorte stimmt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit den Ländern ab. Nach positiven ersten Erfahrungen mit einem neuen Ablauf des Verfahrens in einem Modellprojekt in Heidelberg, plant das BAMF künftig die meisten Asylverfahren in Ankunftszentren beginnen zu lassen. Pro Bundesland soll es mindestens ein solches Zentrum geben. Anträge von Asylbewerbern aus unsicheren und sicheren Herkunftsländern werden dann in der Regel innerhalb von 48 Stunden abgeschlossen sein. Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern sollen in der sogenannten "Wartezone" des Ankunftszentrums bleiben. In den verbleibenden , oft komplexeren Fällen wird der Asylsuchende in eine Aufnahmeeinrichtung des Landes weitergeleitet und durchläuft das Asylverfahren in der zugeordneten BAMF-Außenstelle. Mit dem neuen Verfahren soll eine deutlich bessere Steuerbarkeit der Asylmigration, schnellere Verfahren und eine gute Arbeitsmarktintegration erreicht werden, so das BAMF. 1. An welchen Standorten in Nordrhein-Westfalen plant die Landesregierung konkret mit dem BAMF die Einrichtungen sog. Ankunftszentren mit Wartezonen? 2. Mit welchen Kapazitäten plant die Landesregierung mögliche Ankunftszentren mit Wartezonen konkret zur Umsetzung der Planung des BAMF zur Initiierung neuer Abläufe im Asylverfahren? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 und 2 zusammen beantwortet. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) beabsichtigt, in jedem Regierungsbezirk grundsätzlich ein sog. Ankunftszentrum einzurichten. Als Standorte sind Bielefeld, Dortmund, Köln/Bonn, Mönchengladbach und Münster vorgesehen. Die konkreten Planungen für alle geplanten Standorte sind noch nicht abgeschlossen. Insgesamt plant das Bundesamt in den Ankunftszentren in Nordrhein-Westfalen tägliche Bearbeitungskapazitäten von ca. 2.000 Zugängen aufzubauen. 3. Inwieweit besteht die Bereitschaft der Landesregierung einen Standort innerhalb Nordrhein-Westfalens für die neuen Aufnahmeeinrichtungen für beschleunigte Asylverfahren vorzuhalten? 4. Wie bewertet die Landesregierung die Einrichtung von Aufnahmeeinrichtungen für beschleunigte Asylverfahren - wie im Gesetzentwurf zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vorgesehen? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 3 und 4 zusammen beantwortet. Das Land Nordrhein-Westfalen hält bereits Kapazitäten in Höhe von 1.700 Plätzen an vier unterschiedlichen Standorten für beschleunigte Asylverfahren vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11456 3 Im bisherigen Verlauf der Umsetzung des zwischen Bund und Ländern vereinbarten Aktionsplans zur weiteren Beschleunigung der Asylverfahren sowie einer Verkürzung der Gesamtaufenthaltsdauer von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern aus Herkunftsländern mit einer relativ hohen Anzahl von Asylsuchenden bei zugleich besonders niedriger Schutzquote in Nordrhein -Westfalen wurden seit dem 30.09.2015 insgesamt 2.452 Asylsuchende dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zur Aktenanlage und Antragsstellung zugeführt. Bei der Mehrzahl handelt es sich bislang um albanische Asylsuchende, auf die sich die Umsetzung zunächst konzentrierte. Davon wurden nach einer Vorprüfung durch das BAMF 2.125 Fälle als für ein beschleunigtes Verfahren sachlich geeignet eingestuft. In 1.982 Fällen haben die beteiligten Bundesamtsaußenstellen eine ablehnende Entscheidung zum Antrag getroffen. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer lag bei 2,1 Tagen inkl. Bescheidzustellung. (Stand 18.02.2016). Ein Schwerpunkt bei der Aktionsplanumsetzung in Nordrhein-Westfalen liegt auf der Förderung einer freiwilligen Rückkehr ins Heimatland. Insbesondere Familien mit Kindern wird die Möglichkeit gegeben, eine bevorstehende Abschiebung und die damit verbundenen Belastungen durch freiwillige Ausreise zu vermeiden. Dies alles mit erkennbar positiver Resonanz: Bislang sind bereits 1.399 Personen im Rahmen der Aktionsplanumsetzung aus den Landesaufnahmeeinrichtungen freiwillig ausgereist. Dem stehen aktuell 94 Abschiebungen gegenüber (Stand 18.02.2016). Die Aktionsplanumsetzung wurde in Nordrhein-Westfalen zunächst zum 04.01.2016 nach Abstimmung mit dem BAMF sowohl qualitativ als auch quantitativ erweitert: Zum einen werden nun sämtliche Asylsuchenden aus den sicheren Herkunftsstaaten des Westbalkans (neben Albanien wegen der Bearbeitungszuständigkeiten des BAMF in NRW auch Kosovo, Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina), vorbehaltlich der sachlichen Eignung des Einzelfalls, dem Beschleunigungsverfahren zugeführt. Zum anderen wurden die vorhandenen Platzkapazitäten im Bereich der Landesaufnahme von 1.200 auf 1.700 Plätze ausgebaut. Eine weitere qualitative Erweiterung erfolgte aktuell zum 01.02.2016 um die Gruppe der neu einreisenden Folgeantragsteller aus den sicheren Herkunftsstaaten des Westbalkans sowie um Asylsuchende aus Georgien. Mit dem an vier Standorten in Abstimmung mit dem BAMF verfolgten Konzept eines Aktionsplanverfahrens zur Durchführung beschleunigter Asylverfahren für Personen aus sicheren Herkunftsländern werden bereits jetzt die Ziele und Funktion einer „besonderen Aufnahmeeinrichtung“ im Sinne von § 5 Abs. 5 Asylgesetz gem. Entwurf eines Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren (BT-Drs. 18/7538) erfüllt. 5. Wie groß ist aktuell in Nordrhein-Westfalen die Anzahl der potentiell nach dem Gesetz bestimmten Gruppen von Asylbewerbern, bei denen das beschleunigte Verfahren durchgeführt werden kann (Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten , Folgeantragsteller sowie Asylbewerber, die beim Asylverfahren nicht mitwirken )? Im Monat Januar 2016 sind gem. dem EASY-System als unbestätigte Optionen folgende Zugänge aus den für NRW relevanten sicheren Herkunftsstaaten (aufgrund der Bearbeitungszuständigkeiten des BAMF in NRW erfolgen grundsätzlich keine EASY-Zuweisungen von Asylsuchenden aus Montenegro und Senegal) zu verzeichnen: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11456 4 Herkunftsland Personen Ghana 163 Albanien 112 Serbien 77 Mazedonien 72 Kosovo 43 Bosnien und Herzegowina 33 Im September 2015 kamen gem. den EASY-Daten noch 4.668 Asylsuchende aus den sicheren Herkunftsländern des Westbalkans nach NRW. Die insoweit deutlich rückläufigen Zugangszahlen - im Januar 2016: 337 Personen - sind ein Beleg dafür, dass insbesondere auch die laufende Aktionsplanumsetzung zur weiteren Beschleunigung der Asylverfahren in Nordrhein -Westfalen Wirkung entfaltet hat und weiterhin entfaltet. Zugangszahlen zu Folgeantragstellern und Zahlen zu Asylbewerbern, die beim Asylverfahren nicht mitwirken, werden landesseitig statistisch nicht erfasst. Das BAMF hat gem. seiner Antragsstatistik im Januar 2016 für Nordrhein-Westfalen 463 Folgeanträge bezogen auf sämtliche Herkunftsländer erfasst. Dem stehen hiernach 6.735 Erstanträge gegenüber." Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11456