LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11472 15.04.2016 Datum des Originals: 14.03.2016/Ausgegeben: 18.03.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4458 vom 11. Februar 2016 der Abgeordneten Christina Schulze Föcking CDU Drucksache 16/11120 Verbraucherbildung an Schulen — ein Trauerspiel Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 4458 mit Schreiben vom 14. März 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Klimaschutz , Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Eigenen Bekundungen zufolge liegen der Landesregierung der Verbraucherschutz und die Verbraucherbildung am Herzen. Da, wo man aber wirksam ansetzen könnte, um schon frühzeitig auf ein entsprechendes Bewusstsein hinzuarbeiten, bei den Kindern und Jugendlichen in der Schulen, kommen entsprechende Maßnahmen nur sehr langsam in Gang. Somit wird viel wertvolle Zeit vertan. Im März 2014 wurde mit breiter Mehrheit von SPD, CDU und Grünen ein fraktionsübergreifender Antrag zur Verbraucherbildung an Schulen beschlossen (Drs. 16/3223). Die greifbaren Ergebnisse sind jetzt, nach fast 2 Jahren, dürftig. Lediglich 10 Modellschulen erproben neue Formen der Verbraucherbildung, Rahmenvorgaben und Handreichungen sollen bis 2017 erstellt sein. Im günstigsten Fall kann also in ca. 1 1/2 Jahren mit neuen Unterrichtsinhalten im Bereich Verbraucherschutz an unseren Schulen begonnen werden. Man kann also nicht davon sprechen, dass die Landesregierung mit Hochdruck daran arbeitet hier Verbesserungen zu erreichen, um schon frühzeitig ein Fundament zu bauen, auf dem die Kinder und Jugendlichen aufbauen können. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11472 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung nimmt den Auftrag des Landtages, insbesondere die Landtagsbeschlüsse zur Implementierung der Verbraucherbildung vom 28.03.2014 umzusetzen, sehr ernst. Die Aktivitäten zur Umsetzung dieser Beschlüsse orientieren sich u.a. an deren Zielsetzung, den Zusammenhang von Alltagskompetenz, Verbraucherbildung und ökonomischer Bildung für alle Schülerinnen und Schüler in NRW erfahrbar zu machen. Damit sie Konsumentscheidungen – auch im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung – reflektiert treffen sowie gesellschaftliches und wirtschaftliches Handeln verstehen und beurteilen können, wird Verbraucherbildung eine pflichtige Aufgabe aller Schulen der Primar- und Sekundarstufe I ab dem Schuljahr 2017/2018 sein. In dem derzeit laufenden Leitprojekt „Verbraucherbildung an Schulen“ wird in enger fachlicher Abstimmung zwischen dem Ministerium für Schule und Weiterbildung und dem Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz eine Rahmenvorgabe als curriculare Grundlage entwickelt, ergänzt durch eine praxisorientierte Handreichung. Sie bauen beide auf den gültigen Kernlehrplänen auf und bieten Hilfen für die Erstellung schulinterner Lehrpläne sowie die Vorbereitung von Unterricht. Die Handreichung wird außerdem Verweise auf Unterstützungsmaterialien und außerschulische Bildungspartner enthalten. Fachliche Bezüge für das Leitprojekt „Verbraucherbildung an Schulen“ liefern u.a. das von 2003 bis 2005 vom BMELV geförderte Projekt „Reform der Ernährungs- und Verbraucherbildung an allgemeinbildenden Schulen“ (REVIS), die Empfehlung der Kultusministerkonferenz der Länder vom 12.9.2013, die Landesstrategie "Bildung für nachhaltige Entwicklung – Zukunft Lernen NRW (2016-2020)" sowie fachliche und fachdidaktische Vorarbeiten durch die Qualitäts - und UnterstützungsAgentur – Landesinstitut für Schule (QUA-LiS NRW). Sie hat 2014/15 eine Synopse erarbeitet, die zahlreiche Anknüpfungspunkte in relevanten Lernbereichen und Fächern auflistet. Der aktuelle Umsetzungsstand des Leitprojektes entspricht der unter den Beteiligten verabredeten Planung. 1. Wie wird gewährleistet, dass die zu erstellenden Rahmenvorgaben inhaltlich ausgewogen sind? Eine inhaltliche Ausgewogenheit wird insbesondere durch die Verknüpfung eines fachspezifischen (1.) und eines überfachlichen (2.) Ansatzes, wie ihn die Rahmenvorgabe verfolgt, gewährleistet : 1. Ein besonderer Beitrag zur Verbraucherbildung wird durch die Leitfächer Hauswirtschaft, Wirtschaft und Politik bzw. Politik/Wirtschaft erbracht. Verbraucherbildung soll multiperspektivisch die Rollen als Verbraucher/in, Staatsbürger/in, Arbeitnehmer/in oder Unternehmer /in berücksichtigen. Es soll vornehmlich die mikroökonomische Perspektive von Konsum – unter Berücksichtigung regionaler, nationaler und globaler sowie politischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Auswirkungen – behandelt werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11472 3 2. Der überfachliche Ansatz besteht darin, Anknüpfungspunkte für Verbraucherbildung in weiteren Fächern zu identifizieren, etwa den Lernbereich Arbeitslehre, die NW-Fächer Biologie und Chemie, gesellschaftswissenschaftliche Fächer wie Erdkunde und Geschichte sowie Sport in der Sekundarstufe I und das Fach Sachunterricht in der Primarstufe . Darüber hinaus können in Fächern wie Philosophie, Religionslehre, Deutsch zusätzliche Anknüpfungspunkte gefunden werden. Im Übrigen gilt der sogenannte „Beutelsbacher Konsens“, d.h. Lehrkräfte dürfen Schülerinnen und Schülern keine Meinung aufzwingen, sondern unterstützen sie in ihrer eigenen Meinungsbildung , sowie in Wissenschaft und Politik kontroverse Themen müssen auch als solche dargestellt werden. 2. Wie wird die Fachlichkeit der auszuarbeitenden Rahmenvorgaben durch Mitarbeit von Praktikern aus den Bereichen Ernährung, Konsum und Gesundheit gewährleistet ? Die Rahmenvorgabe wird von Praktikerinnen und Praktikern in einer Kommission unter fachlicher Betreuung von der Qualitäts- und UnterstützungsAgentur – Landesinstitut für Schule NRW (QUA-LiS) entwickelt. Zehn Modellschulen unterstützen das Leitprojekt „Verbraucherbildung“, in dem ihre Praxiserfahrungen in die Handreichung einfließen. Die beteiligten Schulen wurden aus allen Schulformen aus ganz NRW ausgewählt. Ihre bisherigen Aktivitäten in Sachen Verbraucherbildung wurden gesichtet und im Hinblick auf eine mögliche Weiterentwicklung analysiert. In 2015 fanden vier Fachtagungen für die Modellschulen u.a. auch unter Beteiligung von außerschulischen Bildungspartnern statt. Zurzeit finden unter Leitung der beiden Wissenschaftlerinnen sog. Regionalworkshops mit den Modellschulen statt, um sich mit exemplarisch erprobten Unterrichtsvorhaben auseinanderzusetzen und die Zielsetzungen der Verbraucherbildung kompetenzorientiert umzusetzen. Wissenschaftlich begleitet wird das Leitprojekt „Verbraucherbildung an Schulen“ von Frau Prof. Schlegel-Matthies, Hochschule Paderborn, für den Bereich der Verbraucherwissenschaften /Hauswirtschaftslehre und Frau Prof. Birgit Weber, Universität zu Köln, für den Bereich der Ökonomie/Sozialwissenschaften. 3. Welche weiteren Aktivitäten zur Stärkung der Verbraucherbildung bzw. zur Stärkung der Unterrichtsinhalte Verbraucherbildung unterstützt die Landesregierung? Die derzeit gültigen Kernlehrpläne enthalten bereits eine Fülle von Anknüpfungsmöglichkeiten der Verbraucherbildung, die in Unterrichtsvorhaben in der Praxis umgesetzt werden. Folgende weitere Schritte in der Umsetzung der Rahmenvorgabe und der curricularen Weiterentwicklung sind in Arbeit bzw. geplant: Prozessbegleitend zur Entwicklung der Rahmenvorgabe arbeiten Kernlehrplankommissionen derzeit an der Entwicklung zweier Kernlehrpläne für die Wahlpflichtfächer „Politik/Ökonomische Grundbildung“ bzw. „Sozialwissenschaften“ für Realschulen, deren Inkraftsetzung ebenso für 2017 vorgesehen ist. Nach Inkraftsetzung der Rahmenvorgabe „Verbraucherbildung an Schulen“ und Fertigstellung der Handreichung folgen ab 2017 diesbezügliche Unterstützungsmaßnahmen für Schulen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11472 4 Das Instrument des Lehrplannavigators soll ab 2017 genutzt werden, um die Schulen bei der Entwicklung ihrer schulinternen Lehrpläne im Bereich der Verbraucherbildung zu unterstützen und auf geeignetes Material, auch von außerschulischen Bildungspartnern , hinzuweisen. Im Verlauf des Jahres 2016 wird ein Arbeitsvorhaben „Entwicklung einer Leitlinie BNE als Basis für zukünftige KLP-Entwicklungen“ der Qualitäts- und UnterstützungsAgentur – Landesinstitut für Schule (QUA-LiS NRW) gestartet, das unter curricularer Perspektive die Grundlagen für die zukünftige Implementierung von BNE (u.a. auch Verbraucherbildung ) erarbeitet. Zwischen dem Ministerium für Schule und Weiterbildung und der Qualitäts- und Unterstützungs Agentur – Landesinstitut für Schule (QUA-LiS NRW) ist abgestimmt, dass ab 2017 zunächst der Kernlehrplan Arbeitslehre - Hauswirtschaft, Technik, Wirtschaft für Gesamtschulen/Sekundarschulen unter der Maßgabe der Rahmenvorgabe „Verbraucherbildung an Schulen“ weiterentwickelt wird. Entsprechende Überarbeitungen weiterer Kernlehrpläne folgen. 4. Inwieweit hat die Landesregierung geprüft, die umfassende Sachkompetenz der Landes-Verbraucherzentralen noch enger zur Vermittlung von Verbraucherthemen an Schulen zu nutzen? Bildungsaktivitäten und Materialien außerschulischer Akteure, u.a. auch der Verbraucherzentrale NRW e.V., werden berücksichtigt. Schulen sollen ermutigt werden, außerunterrichtliche Lernorte zu besuchen, Expertinnen und Experten einzuladen sowie auch Bildungskooperationen etwa mit örtlichen Akteuren einzugehen. Dazu eignen sich neben weiteren Akteuren u.a. Bildungsangebote der Verbraucherzentrale NRW e.V., mit ihren Beratungsstellen in NRW, wie auch die Beratungs- und Fortbildungsangebote der Vernetzungsstelle Schulverpflegung NRW, die sich in der Trägerschaft der Verbraucherzentrale NRW befindet. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11472