LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11563 22.03.2016 Datum des Originals: 22.03.2016/Ausgegeben: 29.03.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4546 vom 9. März 2016 des Abgeordneten Henning Höne FDP Drucksache 16/11447 STEAG und die Braunkohle – Welche Vorkehrungen trifft die Landesregierung, um die mögliche Übernahme des Vattenfall-Braunkohlegeschäfts durch die STEAG zügig kommunalaufsichtsrechtlich prüfen zu können? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4546 mit Schreiben vom 22. März 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Kurz nach der Landtagswahl im Jahr 2010 änderte die damals neu gewählte rot-grüne Minderheitsregierung die Gemeindeordnung von Nordrhein-Westfalen. Zielsetzung dieser gesetzlichen Änderung war es, den gemeindewirtschaftlichen Aktivitätsradius zu erweitern. Öffentliche und mit Steuergeldern finanzierte Unternehmen wie Stadtwerke sollten das Privileg erhalten , wieder stärker in privatwirtschaftlich organisierten Märkten auf Risiko der Allgemeinheit unternehmerisch tätig zu werden. Infolge dieser Maßnahme schlossen sich die Stadtwerke der hochverschuldeten Ruhrgebietskommunen Dortmund, Essen, Duisburg, Oberhausen, Bochum und Dinslaken zusammen, um unter dem Deckmantel der Daseinsvorsorge den fünftgrößten Stromerzeuger Deutschlands, den internationalen Energiekonzern STEAG, zu kaufen. Die STEAG betreibt unter anderem Kraftwerke in Kolumbien und auf den Philippinen und ist im Bereich „Nuclear Engineering“ engagiert. Schon vor der Übernahme der STEAG durch das Stadtwerke-Konsortium KSBG wurde angezweifelt , dass diese weitreichende Auslegung der Gemeindeordnung – selbst unter den erweiterten gemeindewirtschaftlichen Möglichkeiten – rechtlich zulässig ist. Die rot-grüne Landesregierung zog sich damals jedoch auf die Position zurück, eine entsprechende Prüfung durch die Kommunalaufsicht erst nach dem Kaufverfahren einleiten zu können. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11563 2 Tatsächlich wurde im Anschluss an den STEAG-Deal durch die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde ein Prüfverfahren eingeleitet. Offensichtlich war die rot-grüne Landesregierung auf diese Aufgabe jedoch weder vorbereitet, noch wurde sie mit großem Nachdruck vorangetrieben . Denn erst nach mehrjähriger Prüfung kam die Bezirksregierung Düsseldorf Ende 2014 zu einem Ergebnis: Das getätigte Geschäft war rechtswidrig. Darüber hinaus blieb dieser eindeutige Befund bis heute ohne Folgen. Vielmehr beschloss die Landesregierung ausweislich einer Vorlage an den Landtag (Drs. 16/2559, 22.12.2014) in dieser Sache nicht weiter tätig zu werden. Stattdessen entschied man sich in der von SPD und Grünen geführten Regierung dazu, den Missstand aktiv zu dulden und von kommunalaufsichtsrechtlichen Bedenken abzusehen . Begründet wurde dies mit dem Argument, den zwischenzeitlich eingetretenen Zustand nicht ohne weiteres rückabwickeln zu können. Seit einiger Zeit existieren Überlegungen, das STEAG-Portfolio durch den Kauf des ostdeutschen Braunkohlegeschäfts des Vattenfall-Konzerns zu erweitern. Sollte die STEAG beschließen , auch noch in dieses – im Zuge der Energiewende stark risikobehaftete – Geschäft einzusteigen , würde sich die Frage nach der gemeindewirtschaftsrechtlichen Zulässigkeit erneut stellen. Aufgrund der beschriebenen Unzulänglichkeiten im Rahmen des ersten kommunalaufsichtsrechtlichen Prüfverfahrens, das sich mangels Vorbereitung über mehrere Jahre erstreckte , muss die Landesregierung Vorsorge betreiben, um in Zukunft schneller und besser reagieren zu können. 1. Welche gemeindewirtschaftsrechtlichen Bedenken bestehen hinsichtlich der Übernahme des ostdeutschen Braunkohlegeschäfts des Vattenfall-Konzerns durch die von Kommunen getragene STEAG? 2. Welche Vorkehrungen trifft die Landesregierung, um eine mögliche Übernahme des Vattenfall-Braunkohlegeschäfts durch die STEAG zügig kommunalaufsichtsrechtlich prüfen zu können? 3. Wie lange darf aus Sicht der Landesregierung ein mögliches kommunalaufsichtsrechtliches Prüfverfahren zur Übernahme des Vattenfall-Braunkohlegeschäfts durch die STEAG maximal dauern? 4. Wie will die Landesregierung zukünftig vermeiden, kommunalaufsichtsrechtliche Prüfverfahren so stark in die Länge zu ziehen, das im Ergebnis von eigentlich notwendigen Beanstandungen abgesehen werden muss? Wegen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 - 4 zusammenfassend beantwortet. Eine Anzeige nach § 115 GO NRW hinsichtlich der „Übernahme des ostdeutschen Braunkohlegeschäftes des Vattenfall Konzerns durch die von Kommunen getragene Steag“ liegt der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde bislang nicht vor. Die Landesregierung stellt keine Spekulationen über Umfang, erforderlichen Ressourcenaufwand, Dauer- und Ausgang von hypothetischen Verfahren an. Im Kontext mit den Fragestellungen ist darauf hinzuweisen, dass die Regelungen des § 115 GO NRW den von den anzeigepflichtigen Gemeinden und den zuständigen Kommunalaufsichtsbehörden zu beachtenden rechtlichen Rahmen vorgeben. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11563 3 5. Inwieweit sieht die Landesregierung Handlungsbedarf hinsichtlich einer erneuten Änderung der Gemeindeordnung, durch welche offensichtlich hochriskantes Geschäftsgebaren kommunaler Unternehmen zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger zukünftig vermieden wird? Die Landesregierung hält die derzeitige Rechtslage, nach der eine energiewirtschaftliche Betätigung nach § 107a GO NRW - zwecks Vermeidung von Risiken für den kommunalen Haushalt - nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde stehen muss, für ausreichend. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11563