LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11621 05.04.2016 Datum des Originals: 05.04.2016/Ausgegeben: 08.04.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4528 vom 3. März 2016 des Abgeordneten Gregor Golland CDU Drucksache 16/11330 Zunehmende Übergriffe auf Einsatzkräfte in NRW Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4528 mit Schreiben vom 5. April 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mangelnder Respekt gegenüber der staatlichen Autorität wird schon seit Jahren von der Polizei in NRW beklagt. Laut Gewerkschaft der Polizei hat sich die Zahl der Angriffe auf Polizisten in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Die Brutalität nehme immer mehr zu und die Hemmschwelle sei am Nullpunkt angelangt, wird der Landesvorsitzende der GdP NRW in den Medien zitiert (Kölner Stadt-Anzeiger, 02.03.2016, S. 8). Ein aktuelles, erschreckendes Beispiel ereignete sich am Abend des 28.02.2016 in Düsseldorf -Morsbroich: Ein Fest in einer Kegelhalle lief derart aus dem Ruder, dass die Polizei gerufen wurde (Kölner Stadt-Anzeiger, 02.03.2016, S. 8). Mehrere Personen mussten in Gewahrsam genommen werden, woraufhin die Situation völlig eskalierte. Ein Polizeisprecher berichtet von einer „unglaublich aggressiven Grundstimmung“. Rund 30 Personen prügelten auf die Beamten ein, warfen Steine, befreiten zwei der Festgenommenen und verbarrikadierten sich in der Kegelhalle. Sechs Polizisten wurden leicht verletzt. Daraufhin umstellten 200 Polizisten samt Hundestaffeln das Gebäude, 20 Männer zwischen 18 und 51 Jahren wurden in Gewahrsam genommen (Aachener Nachrichten, 01.03.2016, S. 10). Drei von ihnen wurden zur Verhinderung weiterer Straftaten länger festgehalten. Einer Studie des NRW-Innenministeriums zufolge verzichten knapp 20 Prozent der attackierten Beamten auf Erstattung einer Anzeige, weil sie damit rechnen, dass entsprechende Ermittlungsverfahren gleich wieder eingestellt werden (Kölner Stadt-Anzeiger, 02.03.2016, S. 8). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11621 2 Auch Rettungskräfte sind vor Angriffen nicht mehr sicher. So wurde im Januar 2016 ein Sanitäter bewusstlos geschlagen, weil der Rettungswagen angeblich zu spät kam. Ich habe mich bereits mit meiner Kleinen Anfrage 4197 erkundigt, wie viele Fälle von Gewalt gegen Einsatzkräfte es im Jahr 2015 gab. Mit Verweis auf die noch nicht validen Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik hat der Innenminister keine Zahlen mitgeteilt. Die PKS soll in knapp zwei Wochen veröffentlicht werden, so dass eine Beantwortung jetzt möglich sein müsste. 1. Wie viele Anzeigen wurden nach dem Polizeieinsatz vom 28.02.2016 in Düsseldorf- Morsbroich erstattet? (Bitte auch Art der Delikte angeben.) Der in der Frage genannte Stadtteil ist Düsseldorf-Mörsenbroich. In Zusammenhang mit dem in der Kleinen Anfrage thematisierten Polizeieinsatz am 28.02.2016 in Düsseldorf-Mörsenbroich liegen dem Polizeipräsidium (PP) Düsseldorf aktuell drei Strafanzeigen vor. Diese beziehen sich auf folgende Delikte: - Besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs - Landfriedensbruch - Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte - Beleidigung - Gefangenenbefreiung - Körperverletzung - Sonstige Sachbeschädigung auf Straßen, Wegen oder Plätzen - Versuchte gefährliche Körperverletzung auf Straßen, Wegen oder Plätzen 2. Waren unter den 20 festgenommenen Personen polizeibekannte Täter? (Bitte für alle 20 Personen Alter, Nationalität, Vorstrafe auflisten.) Bei diesem Einsatz wurden insgesamt 20 Personen in Gewahrsam genommen, darunter 7 Personen, zu denen bereits kriminalpolizeiliche Erkenntnisse vorlagen. Alter der Personen in Jahren: 3x19, 20, 2x21, 22, 27, 33, 34, 2x38, 2x43, 45, 46, 48, 51, 2x55. Alle Personen sind im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit. Art und Umfang der Vorstrafen zu den Personen, die in Gewahrsam genommen wurden, ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle: Person Alter Vorstrafen 1 38 Keine Vorstrafen 2 34 Keine Vorstrafen 3 21 Keine Vorstrafen 4 19 Keine Vorstrafen 5 43 2007 AG Bergheim, Verwarnung mit Strafvorbehalt wg. vers. Gemein . Diebstahl; 2009 AG Bergheim, Betrug in 4 Fällen, 120 TS à 25 Euro 2009 AG Köln, Unterschlagung, 75 TS à 10 Euro 2010 AG Bergheim, 4 Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung wg. Betruges 2012 AG Krefeld, 7 Monate auf Bewährung wg. Betruges 2013 AG Düsseldorf, 90 TS à 10 Euro wegen Betruges 6 51 Keine Vorstrafen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11621 3 Person Alter Vorstrafen 7 55 Keine Vorstrafen 8 43 Keine Vorstrafen 9 33 2015 AG Heinsberg, 20 TS à 10 Euro wegen Beleidigung 10 38 Keine Vorstrafen 11 22 Keine Vorstrafen 12 19 Keine Vorstrafen 13 55 Keine Vorstrafen 14 20 Keine Vorstrafen 15 45 Keine Vorstrafen 16 48 Keine Vorstrafen 17 19 Keine Vorstrafen 18 45 Keine Vorstrafen 19 21 Keine Vorstrafen 20 27 Keine Vorstrafen 3. Wie viele Fälle von Gewalt gegenüber Polizeibeamten, Feuerwehrleuten, Rettungssanitäter und Mitarbeitern des Katastrophenschutzes gab es im Jahr 2015 in NRW? Datenquelle zur Beantwortung der Frage ist die Polizeiliche Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen (PKS). In der PKS werden in der Opferspezifik „Polizeivollzugsbeamte“, „Feuerwehr“ und „sonstige Rettungsdienste“ unterschieden. Bedienstete des Katastrophenschutzes werden in der PKS nicht gesondert ausgewiesen. Im Jahr 2015 wurden 13.875 Polizeivollzugsbeamte, 228 Bedienstete der Feuerwehr sowie 184 Personen sonstiger Rettungsdienste als Opfer in der PKS erfasst. 4. Welche konkreten Delikte sind im Jahr 2015 gegen diese Personengruppe vorgefallen ? (Bitte nach Personengruppe, Deliktart und Verletzungsart auflisten.) Die Anlage bildet die einzelnen Delikte aufgegliedert nach Personengruppen ab. Angaben zur Verletzungsart werden in der PKS nicht erfasst. 5. Worauf beruht aus Sicht der Landesregierung der Umstand, dass - laut einer Studie des MIK - knapp 20 Prozent der attackierten Polizisten glauben, eine Anzeige mache keinen Sinn, weil das Ermittlungsverfahren sofort wieder eingestellt werde? (Bitte auch angeben, um welche Studie es sich handelt, inkl. VL-Nr.) Die in dem vom Fragesteller angeführten Artikel (Kölner Stadtanzeiger vom 02. März 2016) genannten Angaben können mit den dort genannten Prozentzahlen zu den Strafantragstellungen aktuell keiner Studie des MIK NRW zugeordnet werden. Gleichwohl hat mein Haus zu der Thematik „Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte“ bereits im Jahr 2010 eine Studie beauftragt, in der auch der Punkt „Stellung von Strafanträgen“ behandelt wurde. Hierzu verweise ich auf den Bericht des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 29.11.2013 an den Innenausschuss des Landtages NRW „Übergabe des Abschlussberichtes zur NRW Studie - Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte“ und die Antwort auf die Kleine Anfrage 2219 vom 13.05.2014 (LT-Drs. 16/5854). Anlage zur Kleinen Anfrage 4528 Straftaten insgesamt 13 875 228 184 davon Gewaltkriminalität 754 27 23 Mord 1 Totschlag 3 Vergewaltigung und sexuelle Nötigung §§ 177 Abs. 2, 3 und 4, 178 StGB 1 1 Exhibitionistische Handlungen 9 2 1 Erregung öffentlichen Ärgernisses 8 Räuberischer Diebstahl 10 Sonstige räuberische Erpressung 1 Sonstiger Raub auf Straßen, Wegen oder Plätzen 1 Sonstige Tatörtlichkeit bei gefährlicher Körperverletzung 260 15 14 Sonstige Tatörtlichkeit bei schwerer Körperverletzung 1 Gefährliche Körperverletzung auf Straßen, Wegen oder Plätzen 474 11 8 Schwere Körperverletzung auf Straßen, Wegen oder Plätzen 3 Vorsätzliche einfache Körperverletzung 801 92 93 Fahrlässige Körperverletzung 15 7 5 Freiheitsberaubung § 239 StGB 2 Nötigung im Straßenverkehr 23 16 4 Sonstige Nötigung 111 3 10 Bedrohung 904 24 29 Nachstellung (Stalking) 1 1 Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte 11 244 19 9 Widerstand gegen gleichgestellte Personen 2 32 6 Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (ohne Polizeivollzugsbeamte) 4 3 Körperverletzung im Amt 3 Rettungsdienste Feuerwehr Sonstige Anzahl der Opfer von Gewalt zum Nachteil ausgewählter Berufsgruppen in NRW 2015 S t r a f t a t Polizei Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11621