LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1164 22.10.2012 Datum des Originals: 18.10.2012/Ausgegeben: 25.10.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 472 vom 19. September 2012 des Abgeordneten Volker Jung CDU Drucksache 16/939 Geplanter Nationalpark in Ostwestfalen-Lippe: Muss die Landesregierung ihre Planungen aufgrund des fehlenden Konsenses in der Region jetzt einstellen? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 472 mit Schreiben vom 18. Oktober 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales und dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Gemäß ihrem Koalitionsvertrag strebt die Landesregierung die Errichtung eines Nationalparks „Senne-Egge/Teutoburger Wald“ an. Nach Aussagen des Umweltministeriums will sie dazu einen „größtmöglichen Konsens“ erreichen. Der Kreis Lippe, der trotz fehlender naturschutzrechtlicher und räumlicher Zuständigkeit nach Auffassung des Umweltministeriums den Nationalpark Teutoburger Wald und Egge federführend betreibt, will den Nationalpark nur im Konsens mit den Grundstückeigentümern und den räumlich betroffenen Kommunen erreichten. Auf seiner Internetseite schreibt der Kreis Lippe: „Der Kreistag des Kreises Lippe hat am 18.06.2007 den Landrat beauftragt, mit dem Land NRW Gespräche zur Einrichtung eines Nationalparks in Lippe zu führen. Ziel dieses Beschlusses ist es, die Vorteile, die ein Nationalpark für Natur, Bildung und Tourismus bietet, zu nutzen, wenn ein Konsens in der Region hergestellt werden kann.“ Der Beschluss des Kreistages vom 18.06.2007 beinhaltet die Aussage, dass Grundlage der Beschluss des Kreistages vom 20.12.2004 sei. Nach diesem Beschluss sind „freiwillige und einvernehmliche Lösungen bei allen Beteiligten zu suchen.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1164 2 In ihrem Koalitionsvertrag hat die lippische Kreistags-Koalition aus CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FWG festgehalten: „Die Koalition strebt die Gründung eines Nationalparks in Lippe an. Im Rahmen der vorzunehmenden Prüfungen ist unverzichtbare Voraussetzung für dessen Errichtung neben der festgestellten Nationalparkfähigkeit, eine gesicherte Finanzierung und der Konsens mit den Eigentümern der betroffenen Flächen (…). Im Rahmen des anzustrebenden, oben erläuterten Konsenses haben die Planungen zu einem Nationalpark die Interessen der betroffenen Eigentümer wie z. B. des Landesverbandes Lippe zu berücksichtigen . (…) Die Umsetzung erfolgt im Einvernehmen mit den betroffenen Grundstückseigentümern und Kommunen.“ Im Rahmen der Planungen eines Nationalparks Senne-Eggegebirge erklärte Staatssekretär Dr. Thomas Griese für sein Haus am 17.02.2005 (Ausschussprotokoll 13/1464), die Landesregierung lege Wert darauf, dass es zu einem Konsens komme. Er betrachte einen Konsens mit der Region als erreicht, „wenn sich am Schluss ein oder zwei Gemeinden dagegen aussprächen , die anderen aber dafür seien.“ Zu den aktuellen Gebietskulissen haben inzwischen die zuständigen Gremien folgender kommunaler Gebietskörperschaften ablehnende Beschlüsse gefasst: Kreis Höxter, Kreis Paderborn, Kreis Gütersloh sowie die Städte und Gemeinden Augustdorf, Horn-Bad Meinberg, Lemgo, Altenbeken, Lichtenau, Bad Driburg, Borgentreich, Brakel, Steinheim und Willebadessen. Die Räte der Gemeinde Hövelhof und der Stadt Schloß Holte-Stukenbrock lehnen einen großflächigen Prozessschutz in der Senne bzw. die Nichterhaltung der historischen Heidelandschaft und damit – indirekt – auch einen Nationalpark ab. Aktuelle positive Voten liegen nicht vor. Aufgrund der Aussagen des Staatssekretärs Dr. Griese ist davon auszugehen, dass die damalige rot-grüne Landesregierung den Konsens in der Region nicht als gegeben ansehen und die Nationalparkplanung einstellen würde. 1. Wird die Landesregierung eine Rechtsverordnung zur Einrichtung eines Natio- nalparks in Ostwestfalen nur im Konsens mit der Region und den betroffenen Kommunen gemäß der oben angegebenen Aussage vom 17.02.2005 erlassen? Maßgeblich für die Landesregierung ist der zu dem Antrag, Drs. 13/6219, ergangene einstimmige Landtagsbeschluss. In ihm wird die Landesregierung unter anderem aufgefordert, den Nationalpark unter Einbindung der Bürgerschaft in der Region voranzubringen und die Gebietskulisse auf Flächen der öffentlichen Hand und auf solche Privatflächen, für die ein Einvernehmen mit den Eigentümern besteht, zu beziehen. 2. Was versteht die Landesregierung unter einem „größtmöglichen Konsens“ und unter welchen Voraussetzungen sieht die Landesregierung diesen als gegeben an? 3. Wie viele der räumlich betroffenen Gebietskörperschaften müssen für einen Na- tionalpark stimmen bzw. wie groß muss dieser Anteil an allen betroffenen Kommunen – also auch Kreisen – sein, damit die Landesregierung noch von einem Konsens ausgeht? Die Fragen 2. und 3. der Kleinen Anfrage werden gemeinsam beantwortet: Bei der Planung des Nationalparks Teutoburger Wald handelt es sich um eine regionale Initiative des Kreises Lippe. Die Landesregierung trägt mit ihren Möglichkeiten zur Errichtung eines Nationalparks Teutoburger Wald bei und begleitet diese Initiative. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1164 3 Unter Federführung des Kreises Lippe wurde Ende des vergangenen Jahres ein Dialogprozess zum geplanten Nationalpark gestartet (z.B. Runder Tisch, thematische Arbeitskreise), der noch andauert. Der Landesregierung ist sehr daran gelegen, durch Dialog und sachliche Information zu den Nationalparkplanungen in Ostwestfalen-Lippe Konflikte einzugrenzen, zur Faktenklärung beizutragen, Anregungen aus der Region zu erhalten und dadurch die Zustimmung in der Region weiter zu steigern. In diesen Prozess sind sowohl die regionale Bürgerschaft als auch Interessensvertretungen eingebunden. Zur Ermittlung einer einvernehmlichen Lösung der Abgrenzung des geplanten Nationalparks Teutoburger Wald wurde darüber hinaus ein Schlichter vom Kreis Lippe beauftragt. 4. Wie kann das Land für den Fall, dass es eine Rechtsverordnung zur Errichtung eines Nationalparks erlässt, das Versprechen des Kreises, dass die Umsetzung „im Einvernehmen“ mit den Grundstückseigentümern und Kommunen erfolgt und die Rechtsverordnung keine Regelungen enthält, die dem Willen der Kommunen und der Eigentümer widerspricht, umsetzen? Eine vom Land zu erlassende Rechtsverordnung zur Errichtung eines Nationalparks in Ostwestfalen -Lippe würde analog dem Ausweisungsverfahren zum Nationalpark Eifel - ebenfalls unter intensiver Einbindung der Region und der Öffentlichkeit - erarbeitet werden. Eine wichtige Grundlage werden dabei auch die Ergebnisse und Empfehlungen des Runden Tisches darstellen, der vom Kreis Lippe eingerichtet wurde.