LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11741 15.04.2016 Datum des Originals: 15.04.2016/Ausgegeben: 20.04.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4571 vom 16. März 2016 des Abgeordneten Bernhard Tenhumberg und Margret Voßeler CDU Drucksache 16/11525 Behebung des Fachkräftemangels in den Jugendeinrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 4571 mit Schreiben vom 15. April 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In Nordrhein-Westfalen existieren derzeit 12.526 Plätze für unbegleitete, minderjährige Ausländer (UMA). Das Soll liegt bei 14.436 Plätzen (siehe Rheinische Post vom 15.03.2016). Dieser Ausbau der Betreuungsplätze stellt eine große Herausforderung dar. Es zeigt sich, dass vor allem der Mangel an pädagogischen Fachkräften, wie Sozialpädagoginnen und -pädagogen, Erzieherinnen und Erziehern oder Heilerziehungspflegerinnen und -pflegern die Einrichtung spezieller Jugendeinrichtungen zur Unterbringung von UMAs deutlich erschwert. Vorbemerkung der Landesregierung Mit Stand 21.03.2016 lag die Aufnahmepflicht des Landes Nordrhein-Westfalen bei 14.442 jugendhilferechtlichen Zuständigkeiten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Dem standen 13.263 jugendhilferechtliche Zuständigkeiten bei nordrhein-westfälischen Jugendämtern gegenüber. Das Land Nordrhein-Westfalen hat seine Aufnahmepflicht damit zu 92 % erfüllt. Insbesondere seit September 2015 ist in Folge der Praxis der Weiterleitung von Flüchtlingen von der Deutsch-Österreichischen Grenze eine erhebliche Zahl unbegleiteter Minderjähriger in Nordrhein-Westfalen jenseits der jugendhilferechtlichen Verteilung angekommen. Dies hat die Jugendämter sehr kurzfristig vor große Herausforderungen gestellt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11741 2 Seit Anfang März 2016 stagniert die Gesamtzahl aller jugendhilferechtlichen Zuständigkeiten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen. Im gleichen Zeitraum sank zudem die Gesamtzahl bundesweit. 1. Welche konkreten Maßnahmen werden zur Unterstützung der Jugendämter bei der Bewältigung dieser Herausforderung ergriffen? Das Land Nordrhein-Westfalen hat mit Beginn des Anstiegs der Fallzahlen kurzfristig zahlreiche Maßnahmen initiiert, um die Jugendämter bei der Wahrnehmung ihres Schutzauftrages zu unterstützen. In einem ersten Schritt hatte das Land selbst über die entsprechende Organisationseinheit im MFKJKS sowie über die Landesjugendämter Plätze für die Unterbringung von unbegleiteten Minderjährigen an die besonders belasteten Jugendämter vermittelt. Parallel dazu wurden nicht betriebserlaubnisfähige Überbrückungsmaßnahmen bei der Unterbringung und Betreuung kostenerstattungsunschädlich gestellt. In Abstimmung mit Bund und Ländern wurde weiter die Monatsfrist, innerhalb derer Jugendhilfe gewährt werden muss um einen Kostenerstattungsanspruch gegen das Land zu erlangen, für Fälle, in denen rechtswidrig nicht am Einreiseort in Obhut genommen wurde, ausgesetzt. Mit dem Fünften Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetzes wurde die Erstattung der Verwaltungskosten der Jugendämter über eine Verwaltungskostenpauschale eingeführt . Gleichzeitig wurde der Rahmen für Möglichkeiten interkommunaler Kooperation erheblich erweitert. Das Land befindet sich zudem in Gesprächen mit den Kommunalen Spitzenverbänden zu einer bedarfsgerechten Weiterentwicklung von Leistungen der Jugendhilfe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. 2. In welchem Bereich sieht die Landesregierung den dringendsten Unterstützungsbedarf , um sowohl die Handlungsfähigkeit der Jugendämter als auch den Schutzauftrag der Jugendhilfe weiter zu gewährleisten? Nach Erkenntnissen der Landesregierung besteht ein hoher Bedarf an Qualifizierung und Kompetenztransfer. Diesem Bedarf wird durch zahlreiche Maßnahmen der Landesjugendämter sowie der Freien Wohlfahrtspflege hinreichend Rechnung getragen. Darüber hinaus bedarf es einer an den Bedürfnissen und Ressourcen der unbegleiteten Minderjährigen orientierten Weiterentwicklung der Leistungen der Jugendhilfe. Damit verbunden muss eine Ausdifferenzierung der Leistungspalette sein, mit denen auch die Handlungsfähigkeit und der Schutzauftrag der Jugendhilfe gestärkt werden kann. 3. Was unternimmt die Landesregierung gegen den Mangel an pädagogischen Fachkräften , wie etwa Sozialpädagoginnen und -pädagogen, Erzieherinnen und Erziehern oder Heilerziehungspflegerinnen und -pflegern in Jugendeinrichtungen für UMA? 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Möglichkeit der Absenkung der Einstellungsvoraussetzungen für pädagogisches Personal in Jugendeinrichtungen für UMA? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11741 3 5. Unter welchen Voraussetzungen wäre die Anstellung von Lehrern als Sozialpädagogen denkbar, um dem Mangel an Fachkräften in den Jugendeinrichtungen für UMA zu begegnen? Die Antworten zu den Fragen 3, 4 und 5 werden aufgrund des engen Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Landesregierung sind die Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Fachkräften sowohl als aktuelles Problem als auch mittelfristige Herausforderung bekannt. Auch in Folge des Fachkräftemangels hat die Landesregierung für Überbrückungsmaßnahmen lediglich ein pädagogisches Setting als Voraussetzung für die Kostenerstattungsfähigkeit vorgegeben. Ziel war es, den Akteuren vor Ort auf die jeweils im Einzelfall zu bewertende Situation größtmöglichen Handlungsspielraum zu ermöglichen. Dieser umfasst auch Anforderungen an die Qualifikation des Fachpersonals bzw. den Umfang des vorzuhaltenden pädagogischen Personals. Mittelfristig wird sich aus Sicht der Landesregierung in Folge der Weiterentwicklung der Leistungen der Jugendhilfe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge der Mangel an Fachkräften reduzieren, da diese derzeit vielfach in sehr personalintensiven Betreuungsformen gebunden sind. Im Rahmen der Kooperation mit dem MFKJKS bereitet der Forschungsverbund DJI/TU Dortmund dennoch eine erste Analyse eines möglichen kurzund mittelfristigen Fachkräftemangels mit Bezug zur Unterbringung und Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen vor. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11741