LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11744 15.04.2016 Datum des Originals: 15.04.2016/Ausgegeben: 20.04.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4569 vom 16. März 2016 des Abgeordneten Robert Stein CDU Drucksache 16/11523 (R)echtzeitig: Taktische Lagebilder durch Echtzeitanalyse – Über welche Fähigkeiten und Techniken verfügt Nordrhein-Westfalen? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4569 mit Schreiben vom 15. April 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin und allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Auswertung großer Datenströme eröffnet im digitalen Zeitalter große Chancen für die Arbeit der Landesbehörden. Im Rahmen von Big Data können Echtzeitanalysen getätigt werden, um aktuellste Lagebilder zu erstellen. Gerade bei Großveranstaltungen (z.B. Risikospiele der Fußball-Bundesliga sowie der Amateurligen, Karneval, Public-Viewing-Ereignisse etc.) oder Großschadensereignissen kann die Auswertung der Datenströme (GPS-Daten, Schlüsselbegriffe in sozialen Netzwerken etc.) wichtige Hinweise und Handlungsempfehlungen für die im Einsatz befindlichen Kräfte liefern. Diese Daten liegen in Echtzeit vor und können daher einen gezielteren Einsatz der Kräfte ermöglichen. Die Landesregierung hat vor über einem Jahr angekündigt (MegaBits. MegaHerz. MegaStark), Nordrhein-Westfalen endlich ins digitale Zeitalter zu führen. Passiert ist seitdem wenig. Diese Kleine Anfrage soll nun herausfinden, ob in einem Teilbereich, dem Bereich der Echtzeitanalyse , im Zeitalter von Big Data überhaupt schon erste Schritte unternommen worden sind. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11744 2 Vorbemerkung der Landesregierung Auch die Landesregierung sieht in den Möglichkeiten der digitalen Auswertung von Echtzeitdaten erhebliche Chancen zur Verbesserung der Verwaltungsarbeit. In verschiedenen Bereichen nutzt sie schon heute spezifische Daten, die in Echtzeit generiert werden, für ihre Aufgaben . Dabei handelt es sich aber nicht um eine Auswertung von Massendaten im Sinne der Anfrage. Die Auswertung von „Big Data“, auf die die Anfrage abstellt, etwa aus Sozialen Netzwerken oder GPS-Daten, für Zwecke der taktischen Lagebewertung wird in diversen Forschungsvorhaben untersucht. Der Nutzung solcher Daten sind allerdings unter verfassungsrechtlichen Aspekten Grenzen gesetzt, soweit es sich um personenbezogene Daten handelt. Die Kleine Anfrage 4569 bezieht sich auf die Regierungserklärung „MegaBits. MegaHerz. MegaStark“ der Ministerpräsidentin. Darin wird deutlich, dass das Thema Digitalisierung Priorität innerhalb der Landesregierung hat, ohne jedoch ein Selbstzweck zu sein. Beim Einsatz von Echtzeitanalysen steht stets das Wohl der Menschen in NRW im Mittelpunkt, so dass nur datenschutzkonforme Anwendungen genutzt werden können und für die Verwendung durch Landesbehörden in Betracht kommen können. Für eine Lagedarstellung ist außerdem die Vertrauenswürdigkeit von gelieferten Informationen entscheidend. Da es in den klassischen Anwendungsbereichen taktischer Lagebilder wie der polizeilichen Gefahrenabwehr und des Krisenmanagements im Brand- und Katastrophenschutz verifizierter Daten und somit gesicherter Erkenntnisse bedarf, ist die Verwendung von Daten aus sozialen Netzwerken, die vielfach auf subjektiven Wahrnehmungen beruhen, zur Übertragung in ein Lagebild allenfalls in Teilbereichen praktikabel. Es ist daher sehr genau zu analysieren, welche Datenauswertungen für welche Lagedarstellung sachlich nützlich und rechtlich erlaubt sind. Der Markt bietet hier bisher keine passgenauen Anwendungen für die Aufgabenstellungen des Landes. Das Land begleitet aber aktiv Forschungsprojekte, in deren Rahmen Lösungen erarbeitet werden sollen. 1. Welche Landesbehörden unternehmen taktische Echtzeitanalysen? 2. Welche sozialen Netzwerke untersuchen diese Landesbehörden in Echtzeit, um aktuellste Lagebilder zu erhalten? 3. Nutzen Landesbehörden andere digitale Quellen inkl. Software, um bei Großveranstaltungen oder in Katastrophenfällen Lagebilder in Echtzeit zu erstellen? 4. Über wie viel dafür eigens ausgebildetes Personal verfügt Nordrhein-Westfalen? (gegebenenfalls aufschlüsseln nach Behörden) Die Fragen 1. bis 4. werden gemeinsam beantwortet. Taktische Echtzeitanalysen von Massendaten zur Erstellung von taktischen Lagebildern werden von den Landesbehörden aufgrund der in den Vorbemerkungen genannten Erwägungen bisher nicht unternommen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11744 3 5. Falls die vorherigen Fragen verneint worden sind: Wann wird Nordrhein-Westfalen Echtzeitanalysen einführen? Ein konkreter Zeitpunkt kann nicht genannt werden. Die Ergebnisse der eingangs erwähnten Forschungsvorhaben bleiben abzuwarten. Beispielsweise führt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) seit Februar 2015 ein Forschungsprojekt mit dem Arbeitstitel „Emotion. Eskalation . Gewalt.“ unter Leitung des Kulturwissenschaftlichen Institutes Essen (KWI) und der Ruhr-Universität Bochum (RUB) durch. Hierbei geht es um die Entwicklung eines bildgebenden Verfahrens zur Früherkennung von Emotionsprozessen bei Großveranstaltungen unter Nutzung von Algorithmen. Das Vorhaben wird vom Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) unterstützt. Erste begleitende Einsatzbeobachtungen bei ausgewählten Veranstaltungen werden in Kürze beginnen. Im Auftrag des Ministeriums für Inneres und Kommunales bereitet darüber hinaus das LZPD zurzeit die Ausschreibung einer Software zur Administration der seitens der nordrhein-westfälischen Polizeibehörden in den sozialen Medien (Facebook, Twitter) eingerichteten Seiten vor, welche sich ggf. perspektivisch auch zur Unterstützung der Lagebeurteilung eignet. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11744