LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11748 18.04.2016 Datum des Originals: 15.04.2016/Ausgegeben: 21.04.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4574 vom 17. März 2016 des Abgeordneten Daniel Schwerd FRAKTIONSLOS Drucksache 16/11528 Nachfrage zum Keltenkreuz auf Duigida-Demo: Armutszeugnis und Kapitulationserklärung ? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Auf der Duigida-Demonstration in Duisburg am 1. Februar 2016 trugen Demonstranten ein Banner „Good Night Left Side“ durch die Straßen, auf dem das sogenannte Keltenkreuz abgebildet war, ein verbotenes Symbol einer verfassungsfeindlichen Organisation. Fotos zeigen, dass die Zurschaustellung dieses Symbols unter den Augen der Polizisten geschah, welche die Demonstration bewachten, ohne dass diese eingriffen. Die Polizei ließ diesen strafbaren Zustand ungeahndet. Ich fragte die Landesregierung in meiner kleinen Anfrage 4429 (Drucksache 16/11018) nach den Gründen, warum vor Ort nicht eingegriffen wurde. Die Landesregierung teilte in ihrer Antwort mit, dass die Einsatzkräfte das Keltenkreuz während der Versammlung zwar gesehen, jedoch nicht als Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation erkannt hätten. Auswertungen über bisherige Fälle des Zeigens von Symbolen verfassungswidriger Organisationen lägen nicht vor und seien zu aufwendig zu erstellen. Eine Sensibilisierung der Einsatzkräfte sei erfolgt. Diese Antworten werfen neue Fragen auf. Augenzeugen der Demonstration berichten, bereits vor Ort die Einsatzkräfte auf die Strafbarkeit des Banners und den Hintergrund des verbotenen Symboles aufgeklärt zu haben, ohne dass diese eingriffen. Die Antworten zeigen erschreckende Unkenntnis der verantwortlichen Stellen, das ist ein Armutszeugnis und eine Kapitulationserklärung der Nordrhein-Westfälischen Polizei gegenüber rechtsgerichteten Demonstrationen . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11748 2 Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4574 mit Schreiben vom 15. April 2016 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche Strafanzeigen bezüglich der Duigida-Demonstration vom 01. Februar 2016 liegen bis heute vor? Nennen sie jede einzelne Anzeige mit jeweiligem Hintergrund , Strafvorwurf, Datum und genaue Uhrzeit der Stellung, Aktenzeichen, Bearbeitungsstand und bearbeitende Stelle. Siehe Anlage 1. 2. Aus welchen Gründen haben die Einsatzkräfte vor Ort die Hinweise der Augenzeugen auf die Strafbarkeit des Symbols und dessen verfassungsfeindlicher Hintergründe ignoriert? Die Abbildung auf dem in Rede stehenden Banner wurde durch die im Bereich der Versammlung eingesetzten Polizeikräfte festgestellt und auch wegen des unmittelbaren Zusammenhangs mit dem ebenfalls auf dem Banner gezeigten Schriftzug „Good Night Left Side“ als Fadenkreuz und nicht als Keltenkreuz klassifiziert. Eine solche Interpretation sollte durch die eher feinlinige Stilisierung des Symbols auf dem Banner möglicherweise auch erreicht werden. Vor dem Hintergrund der genannten, strafrechtlich nicht relevanten Klassifizierung des Banners durch die unmittelbar im Bereich der Versammlung eingesetzten Kräfte erfolgte keine Weitergabe der Feststellung zu dem Banner an die Abschnittsbefehlsstelle, den Einsatzabschnittsführer oder den Polizeiführer. Darüber hinaus berichtet mir das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen, dass Anzeigen oder Feststellungen zu Meldungen von Augenzeugen, die am Einsatztag auf eine mögliche strafrechtliche Relevanz oder verfassungsfeindliche Hintergründe des Banners hingewiesen hätten, nicht vorliegen. Wie in der Antwort (LT Drucksache 16/11320) zur Kleinen Anfrage 4429 (LT Drucksache 16/11018) berichtet, wurde im Nachgang zum Einsatzgeschehen auf Grund dreier Anzeigen (siehe Anlage 1, laufende Nummern 10, 11 und 12) ein Strafverfahren hinsichtlich des gezeigten Banners wegen des Verdachts des Verwendens verfassungswidriger Organisationen eingeleitet . Das Verfahren wird durch die Staatsanwaltschaft Duisburg geführt wird. 3. Wie ist es zu bewerten, wenn die Einsatzkräfte bzw. die Einsatzleiter, die eine rechtsgerichtete Demonstration zu bewachen haben, sich in der Symbolik rechtsgerichteter Gruppen sowie deren Strafbarkeit nicht auskennen? Nordrhein-westfälische Polizeibeamtinnen und -beamte sind aus- und fortgebildet, um Einsätze umfänglich und sachgerecht zu bewältigen. Die Begleitung versammlungsrechtlicher Veranstaltungen im politischen Spannungsfeld „Rechts/Links“ ist dabei ein regelmäßig wiederkehrender Einsatzanlass. Dies gilt umso mehr für die bei dem in Rede stehenden Einsatz am 1. Februar 2016 im unmittelbaren Veranstaltungsbereich eingesetzten Kräfte u.a. des polizeilichen Staatsschutzes und von Einheiten der Bereitschaftspolizei. Die bei den eingesetzten Polizeikräften vorhandene Einsatzerfahrung und Sensibilität im Kontext politischer Versammlungen wird durch den Einsatzverlauf grundsätzlich belegt. Die besonderen Herausforderungen für Polizeibeamtinnen und -beamte, die in dynamischen Einsatzlagen bei versammlungsrechtlichen Veranstaltungen unterschiedliche Aufgabenstellungen zeitgleich zu bewältigen und eine Vielzahl von verbotenen Kennzeichen und deren Varianten im Lichte einer sich stets fortentwickelnden unterschiedlichen Rechtsprechung rechtlich einzuordnen haben, wurden in der Antwort (LT Drucksache 16/11320) zur Kleinen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11748 3 Anfrage 4429 (LT Drucksache 16/11018) eingehend erläutert. Der Umfang der verbotenen Kennzeichen wird auch durch die Publikationen "Musik - Mode - Markenzeichen" des Verfassungsschutzes NRW (159 Seiten) sowie „Rechtsextremismus: Symbole, Zeichen und verbotene Organisationen“ des Bundesamtes für Verfassungsschutz (70 Seiten) deutlich. 4. In welcher Form genau ist zwischenzeitlich die Sensibilisierung der Einsatzkräfte erfolgt? Nennen Sie Art und Weise, Zeitpunkt und Zeitdauer, sensibilisierte Personen /Gruppen sowie Umfang der Sensibilisierung. Die am 1. Februar 2016 eingesetzten Polizeikräfte wurden im Nachgang zu dem Einsatz über die Entwicklung hinsichtlich des in Rede stehenden Banners (Anfangsverdacht einer Straftat) informiert und von Frau Polizeipräsidentin Dr. Bartels um eine Stellungnahme zu den Vorkommnissen gebeten. Darüber hinaus wurden die Einsatzkräfte bei nachfolgenden Einsatzbesprechungen anlässlich von „Duigida“ Einsätzen in Duisburg unter expliziter Einbindung des in Rede stehenden Banners zur Thematik verbotener Symbole sensibilisiert. Es wurde angeordnet, den Polizeiführer bei der Feststellung unbekannter Symbole bzw. Zweifeln an der Strafbarkeit einzelner Symbole unverzüglich zu informieren, um erforderlichenfalls eine rechtliche/justizielle Würdigung zu veranlassen. 5. Wie aufwendig wäre der Aufwand zur Beantwortung der Fragen 1-3, welche die Landesregierung wegen des „hohen Aufwandes der Auswertung“ nicht beantwortet hatte? Eine gesonderte statistische Erfassung des Zeigens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen bei versammlungsrechtlichen Versammlungen erfolgt landesweit nicht. Zur Beantwortung der Fragen 1 bis 3 der Kleinen Anfrage 4429 wäre daher eine retrograde und händische Auswertung sämtlicher polizeilicher Vorgänge mit Demonstrationsbezug in dem angefragten Zeitraum durch alle nordrhein-westfälischen Kreispolizeibehörden erforderlich gewesen . Die Anzahl der angemeldeten versammlungsrechtlichen Veranstaltungen pro Jahr in Nordrhein-Westfalen ist im mittleren vierstelligen Bereich anzunehmen. Stand: 21.03. lfd. Nr Sachbearbeitung PP Duisburg Tatzeit Straf orwurf Datum/Uhrzeit / Ort der Anzeigenerstelluna Status 1 KISt 01.02.2016 18:50 Uhr Verst../. VersG (Mitführen gef. Gegenstände) 01.02.2016 20:28 Uhr PP Duisburg Abgabe an die StA 01.03.2016 2 w.v. 01.02.2016 19:08 U r Verst../. VersG (Mitfü ren eines so genannten Sandhandschuhs) 01.02.2016 20:32 Uhr PP Duisburg Abgabe an die StA 15.03.2016 3 w.v. 01.02.2016 19:45 Uhr Beleidigung 01.02.2016 20:45 Uhr PP Duisbur in Bearbeitung KISt 4 w.v. 01.02.2016 18:15 Uhr Beleidigung 03.02.2016 06:49 Uhr PP Essen in Bearbeitung KISt 5 w.v. 01.02.2016 19:30 Uhr Verst./.VersG (Vermummung) 03.02.2016 07:15 Uhr PP Essen in Bearbeitung KISt 6 w.v. 01.02.2016 ¦20:11 Uhr vers. gef. Körperverletzung (Wurf einer Bierflasche) 03.02.2016 13:13 Uhr PP Essen Abgabe an die StA 02.03.2016 7 w.v. 01.02.2016 18:30 Uhr Verst./.VersG (Vermummung) 03.02.2016 13:28 Uhr PP Essen Abgabe an die StA 15.03.2016 8 w.v. 01.02.2016 19:50 Uhr Beleidigung 04.02.2016 09:35 Uhr PP Duisburg in Bearbeitung KISt 9 w.v. 01.02.2016 20:15 Uhr Beleidigung 04.02.2016 16:28 Uhr PP Essen w.v. 10 w.v. 01.02.2016 19:00-21:30 Uhr Anfangsverdacht § 86a StGB (Keltenkreuz) 09.02.2016 07:37 Uhr PP Duisburg w.v. 11 w.v. 01.02.2016 Anfangsverdacht § 86a StGB (Keltenkreuz) 07.02.2016 21:08 Uhr (Online-Anzeige) w.v. 12 w.v. - 01.02.2016 w.v. 08.02.2016 14:36 Uhr (Online-Anzeige) w.v. 13 w.v. 01.02.2016 20:15 Uhr Anfangsverdacht § 21 VersG (Blockade) 15.02.2016 15:00 Uhr PP Mönchen¬ gladbach W.V. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11748