LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11760 19.04.2016 Datum des Originals: 19.04.2016/Ausgegeben: 22.04.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4570 vom 16. März 2016 des Abgeordneten Gregor Golland CDU Drucksache 16/11524 LKA-Bericht über neue Rockergruppen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Ein geheimer LKA-Bericht, der an die Medien gelangt ist, zeigt offenbar auf, dass sich vor allem aufgrund neuer Gruppen die Gewalt unter Rockern in Nordrhein-Westfalen verschärft (Focus Online, 12. März 2016). Auf mehr als 20 Seiten sollen alleine für Januar 2016 etwa ein Dutzend Straftaten und schwere Vorfälle aufgelistet sein. Die „Rockerlage“ an Rhein und Ruhr sei geprägt von „Expansionsbestrebungen“, die in Zusammenhang gebracht werden mit Gefährdungslagen und Gewaltdelikten. Ansprüche auf bestimmt Gebiete und Einflussbereiche führten zu „Konfliktlagen“. Als eine der neuen Rockergruppen, die dem LKA Sorgen bereitet, wird beispielsweise der „Osmanen Germania Boxclub“ genannt, in dem sich vor allem Rocker mit Migrationshintergrund zusammenschließen. In Neuss und Duisburg geriet die Polizei im Januar mit der Gruppe aneinander. In Duisburg macht zudem die Vereinigung „Dirty Blood MC“ von sich reden. In Essen kam es zu Auseinandersetzungen, an denen Mitglieder der Gruppe „Crew 45“ beteiligt waren. In allen genannten Fällen waren Waffen im Spiel, etwa Messer oder Schlagwerkzeuge. Bei einer Razzia in Oberhausen wurden in Wohnungen von Hells Angels-Mitgliedern Schusswaffen sichergestellt. Laut LKA haben die Rocker „auf Waffendepots jederzeit schnellen und unmittelbaren Zugriff“. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11760 2 Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4570 mit Schreiben vom 19. April 2016 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie lautet der vollständige Bericht des LKA zur Rockerkriminalität? (Bitte Lagebild wortwörtlich anfügen.) Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen erstellt monatlich einen Bericht „Lageentwicklung und Gefährdungsbewertung zur Rockerkriminalität in NRW“. Hierzu werden spezifische Informationen aus offenen und verdeckten Quellen, unter anderem zu Ermittlungen und Gefährdungssachverhalten, erhoben. Mit dem Bericht werden Erkenntnisse im Kontext der Rockerkriminalität in Nordrhein-Westfalen sowie mit Bezug zu anderen Ländern ganzheitlich dargestellt und bewertet. 2. Wie wird die Landesregierung auf die zunehmende Gefahr durch neue Rockergruppen in NRW reagieren? Die Polizei Nordrhein-Westfalen geht im Rahmen einer ganzheitlichen Strategie mit spezifischen Bekämpfungskonzepten weiterhin konsequent gegen kriminelle Rockergruppen bzw. rockerähnliche Gruppierungen vor. Dabei schöpft sie alle taktisch möglichen Maßnahmen der Strafverfolgung und der polizeilichen Gefahrenabwehr sowie insbesondere auch verkehrs- , vereins-, gaststätten-, gewerbe- und baurechtliche Handlungsmöglichkeiten (Administrativer Ansatz) umfassend aus. Es gilt somit "Null Toleranz" bei der Bekämpfung der Rockerkriminalität. Kriminellen Rockergruppierungen wird nachhaltig verdeutlicht, dass ausschließlich der Staat das Gewaltmonopol besitzt. Die nordrhein-westfälische Polizei toleriert keine durch Rockergruppierungen selbst reklamierten „Gebiets- und Besitzansprüche“ sowie keine rechtsfreien Räume. 3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung über die Rockergruppen „Osmanen Germania Boxclub“, „Dirty Blood MC“ sowie „Crew 45“ vor? (Sofern bekannt, bitte Anzahl der Mitglieder in NRW, Gruppenquartiere bzw. Treffpunkte sowie Anzahl der bisherigen Straftaten/schweren Vorfälle in NRW auflisten.) Die rockerähnliche Gruppierung „Osmanen Germania Boxclub“ wurde nach Erkenntnissen des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen im April 2015 in Hessen gegründet und geht aus der Gruppierung „Osmanen Frankfurt Boxclub“ hervor. Insgesamt 113 Mitglieder bzw. Unterstützer haben nach Erkenntnissen des Landeskriminalamts ihren Wohnsitz in NRW. Chapter des „Osmanen Germania Boxclub“ sind derzeit in den Städten Aachen, Bielefeld, Bochum, Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Köln, Mülheim a.d.R. und Münster bekannt. Darüber hinaus wird auf den Bericht der Landesregierung zur Sitzung des Innenausschusses des Landtages Nordrhein-Westfalen am 18.02.2016 (LT-Drs. 16/3691) verwiesen. Die Rockergruppierung „Dirty Blood MC“ wurde erstmals im Dezember 2015 - und bisher ausschließlich in Duisburg - festgestellt. Vereinzelt traten seitdem Personen in „Kutten“ des „Dirty Blood MC“ auf. Alle sechs bislang identifizierten Mitglieder haben einen türkischen Migrationshintergrund. Erkenntnisse zu einem Clubhaus oder festen Treffpunkt liegen nicht vor. Die Rockergruppierung „Crew 45“ ist eine Unterstützergruppierung des „Bandidos MC Essen“. Sie besteht seit März 2010; ihr gehören ca. 30 Mitglieder an. Seit Ende 2013 hat die Rockergruppierung „Crew 45“ ein Vereinsheim in Essen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11760 3 4. Inwiefern plant die Landesregierung, Rockergruppen in NRW zu verbieten, die immer wieder durch Gewalt bzw. Straftaten auffallen? (Bitte umgesetzte Verbote von 2010 bis heute sowie geplante Verbote angeben.) Seit 2010 wurden in NRW folgende Verbotsverfahren durchgeführt: Mit Verfügung vom 18.04.2012 wurde die Vereinigung "Hells Angels MC Cologne" einschließlich ihrer Teilorganisation Red Devils MC Cologne verboten. Mit Verfügung vom 23.04.2012 wurde die Vereinigung "Bandidos MC Chapter Aachen" einschließlich ihrer Teilorganisationen Chicanos MC Chapter Aachen, Chicanos MC Chapter Alsdorf, Chicanos MC Chapter Düren, X-Team MC Aachen und Diablos MC Heinsberg verboten. Ob gegen eine Organisation ein Vereinsverbot beabsichtigt ist, wird nicht öffentlich gemacht. Einem Vereinsverbot gehen regelmäßig umfangreiche Ermittlungstätigkeiten voraus. Die Bekanntgabe geplanter Verbotsverfahren würde den Erfolg dieser Ermittlungstätigkeiten stark gefährden oder gar vereiteln. Zudem werden zur wirksamen Durchsetzung eines Vereinsverbots mit der Verbotsverfügung die Beschlagnahme und die Einziehung des Vermögens verbunden. Auch der Erfolg dieser Maßnahmen würde durch ein vorzeitiges Bekanntwerden eines Verbotsverfahrens verhindert. 5. Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um den offenbar problemlosen Zugriff von Rockergruppen auf Waffendepots einzuschränken bzw. zu verhindern? Siehe Antwort zu Frage 2. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11760