LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11789 21.04.2016 Datum des Originals: 20.04.2016/Ausgegeben: 25.04.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4587 vom 17. März 2016 der Abgeordneten Astrid Birkhahn CDU Drucksache 16/11545 Suspendierung vom Unterricht von Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarf im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Kinder und Jugendliche mit einem Förderbedarf im Bereich des Verhaltens haben oft Schwierigkeiten , ihre Umwelt angemessen wahrzunehmen, oder werden durch familiäre oder soziale Probleme überfordert. So ziehen sie sich in sich selbst zurück oder reagieren mit Aggressionen oder Clownerien. Dadurch werden sie meist von ihren Mitschülerinnen und Mitschülern abgelehnt . So benötigen diese Kinder und Jugendlichen Hilfen, um ihre Umwelt anders wahrnehmen zu können, angemessene Verhaltensweisen zu entwickeln und ein positives Selbstwertgefühl aufbauen zu können. Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 4587 mit Schreiben vom 20. April 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Der von der Fragestellerin aufgestellte kausale, lineare Zusammen-hang zwischen Aggressionen , Clownerien und familiären und sozialen Problemen ist weder unter schulfachlicher noch unter wissenschaftlicher Perspektive ein alleiniges Indiz für die Feststellung eines Bedarfs an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung . Die Genese von Verhaltensauffälligkeiten, die in Art und Umfang die Feststellung eines Bedarfs an sonderpädagogischer Unterstützung rechtfertigen, ist eher vielschichtig und oftmals äußerst komplex, so dass pauschale, generalisierende Aussagen zu dieser Thematik in der Regel nicht möglich sind. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11789 2 1. Welche Unterstützungsmaßnahmen empfehlen die Beraterinnen und Berater der Bezirksregierung, damit diese Kinder und Jugendlichen stabilisiert werden können ? Spezifische Beraterinnen und Berater, die in Fällen der Anwendung von § 40 Schulgesetz tätig werden, gibt es in den Bezirksregierungen nicht. Eine allgemeine Listung von Unterstützungsmaßnahmen zur Stabilisierung dieser Schülerinnen und Schüler ist nicht zielführend. Die Lehrkräfte der allgemeinen Schule sowie die Lehrkräfte für Sonderpädagogik gestalten vielfältige individualisierte Lösungsansätze für die Schülerinnen und Schüler unter Berücksichtigung der konkreten Ausgangslage des jeweiligen Lernorts. 2. Wie begründet die Landesregierung die Maßnahme, dass für Kinder und Jugendliche , die nicht gefördert werden können, die Schulpflicht ruht (§ 40 Ruhen der Schulpflicht , SchulG)? Diese Maßnahme wurde vom Gesetzgeber in § 40 Absatz 2 Schulgesetz NRW für solche Ausnahmesituationen geschaffen, in denen Kinder und Jugendliche mit erheblichen Behinderungen nicht beschult werden können. Dazu ist festzustellen, dass das Schulsystem in NRW einen sehr hohen Differenzierungsgrad aufweist. Zu den allgemeinen Schulen und Förderschulen treten Unterstützungsformen von Hausunterricht, Schule für Kranke und Möglichkeiten der inneren und äußeren Differenzierung an einzelnen Systemen, die im Einzelnen beraten und abgewogen werden müssen. Erst wenn tatsächlich alle Fördermöglichkeiten ausgeschöpft worden sind, kann eine Ruhensentscheidung getroffen werden. Schon aus Verhältnismäßigkeitsgründen wäre diese regelmäßig zu befristen und zu überprüfen. Die Entscheidung hierzu trifft die zuständige Schulaufsichtsbehörde . Dazu holt sie ein Gutachten der unteren Gesundheitsbehörde ein und hört die Eltern an. Angesichts des verfassungsmäßigen Rechts auf Bildung kann das Ruhen der Schulpflicht nur eine letzte Möglichkeit darstellen und sich auf seltene Ausnahmefälle beschränken. 3. Ist der Landesregierung bekannt, in wie vielen Fällen die Suspendierung vom Unterricht in Form von „Ruhen der Schulpflicht“ bei Kindern und Jugendlichen im Schuljahr 2014/15 stattgefunden hat? Um eine erste Einschätzung über die landesweiten Fallzahlen der An-wendung von § 40 Absatz 2 Schulgesetz zu bekommen, wurden die Bezirksregierungen Mitte März um entsprechende Rückmeldungen gebeten. Nach der Auswertung bestätigt sich die Auffassung der Landesregierung, dass § 40 Schulgesetz nur in sehr wenigen Einzelfällen Anwendung findet. In der Bezirksregierung Köln sind insgesamt „etwa 48 Fälle“ in den Schuljahren 2014/2015 und 2015/2016 angesichts von insgesamt mehr als 430.000 Schülerinnen und Schülern Einzelfälle (etwa 0,1 Promille). Den Einschätzungen der anderen Bezirksregierungen zufolge liegen die Zahlen dort noch einmal deutlich niedriger. Da selbst diese händisch durchgeführte Abfrage in den fünf Bezirksregierungen angesichts der sehr geringen Fallzahlen einen erheblichen Arbeitsaufwand verursachte, wäre eine Abfrage in allen 53 Schulämtern nicht vertretbar. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11789 3 4. Wenn ja: bitte die entsprechenden Zahlen nach Regierungsbezirken aufschlüsseln. 5. Wenn nein: warum werden diese Zahlen nicht erhoben? Die Fragen 4 und 5 werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet: Konkrete Zahlen wurden nicht genannt, lediglich ungefähre Zahlen: • BR Arnsberg: ca. 3-5 Fälle in den vergangenen drei Jahren • BR Detmold: Wenige Einzelfälle in Förderschulen in den vergan- genen zehn Jahren • BR Düsseldorf: keine Fälle • BR Köln: ca. 48 Fälle in den Schuljahren 2014/2015 und 2015/2016 • BR Münster: keine Statistiken, lt. Einschätzung allenfalls Einzel- fälle in geringer Zahl Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11789