LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/1179 23.10.2012 Datum des Originals: 23.10.2012/Ausgegeben: 26.10.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 483 vom 19. September 2012 der Abgeordneten Henning Höne und Kai Abruszat FDP Drucksache 16/950 Zusätzliche Umweltbelastungen durch Energiesparlampenpflicht? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 483 mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, dem Minister für Inneres und Kommunales, dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales sowie dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Jahr 2008 hat die EU-Kommission ein Herstellungs- und Vertriebsverbot für Glühbirnen erlassen. Sukzessive wurde der Verkauf der altgedienten und weltweit akzeptierten „Glühbirne “ eingeschränkt. Zum 1. September 2012 ist der Verkauf von „Glühbirnen“ in Deutschland gänzlich untersagt. Stattdessen dürfen für den Haushaltsgebrauch nur noch Energiesparlampen verkauft werden . Um die Energiesparlampen, die ein helleres und von den Verbraucherinnen und Verbrauchern derzeit noch nicht präferiertes Licht abgeben, überhaupt für marktfähig zu erklären , wurde das in der EU geltende Quecksilberverbot aufgeweicht. Energiesparlampen enthalten nämlich bis zu fünf Milligramm des Nervengifts Quecksilber. Die Folgen des Einatmens von Quecksilberdampf können weitreichend sein. Derzeit befinden sich noch viele Glühbirnen in den Privathaushalten. Durch ein „Schlupfloch“ ist es weiterhin in der EU möglich , herkömmliche Glühbirnen „für den Spezialgebrauch“ zu veräußern. Laut verschiedener Medienberichte erfreuen sich die Glühbirnen „für den Spezialgebrauch“ in Polen eines besonderen Interesses bei deutschen Konsumenten. Dennoch ist davon auszugehen, dass im Laufe der Zeit Energiesparlampen in jedem Haushalt und in großer Menge vorhanden sein werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1179 2 Die Entsorgung dieser Energiesparlampen muss durch eine Sondermülldeponie erfolgen. Trotzdem landen rund 80 % der Energiesparlampen im normalen Hausmüll. Quecksilber kann dadurch in das Trinkwasser gelangen. EU-Kommissar Oettinger drängt auf flächendeckende Kontrollen, damit sichergestellt wird, dass die „Glühbirnen für den Spezialgebrauch“ nicht am Ende doch - wie auch bisher - in die Privathaushalte gelangen. Die Länder Berlin und Brandenburg haben bereits angekündigt, zur Gewährleistung dieser Kontrollen neue Stellen einzuplanen. Vorbemerkung der Landesregierung Die Ökodesign- Richtlinie bildet den Rahmen für die Anforderungen an energieverbrauchsrelevante Produkte, die mit dem Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz in nationales Recht übernommen wurde. Die Anforderungen an einzelne Produktgruppen werden in EUVerordnungen festgelegt, für deren Überwachung in Deutschland die Länder zuständig sind. Die Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Haushaltslampen mit ungebündeltem Licht werden von den herkömmlichen Glühlampen, die bis zu 95 % der Energie in Wärme statt Licht umwandeln, nicht mehr erfüllt. Eine Verpflichtung, nur noch Energiesparlampen einzusetzen, enthält die ÖkodesignRichtlinie nicht. So sind z. B. auch LED-Leuchten als energiesparende Alternative auf dem Markt, die kein Quecksilber enthalten. Auch bestimmte Halogenleuchten dürfen noch bis 2016 eingesetzt werden. Aus Sicht der Landesregierung ist anzustreben, dass quecksilberhaltige Energiesparlampen so zügig wie möglich durch quecksilberfreie Leuchtmittel ersetzt werden. Das ab dem Jahr 2016 geltende Verbot für Halogenleuchten sollte überdacht werden. Quecksilberfreie LEDLeuchten sind zurzeit noch recht teuer, werden sich aber längerfristig durchsetzen. Die Landesregierung hält insgesamt einen umfassenden Ausstieg aus der Nutzung von Quecksilber für erforderlich. Bis zum vollständigen Verbot des Einsatzes von Quecksilber in Produkten müssen Minderungsmaßnahmen vor allem im Bereich der Luftreinhaltung und des Gewässerschutzes ergriffen werden. Auf Initiative von Nordrhein-Westfalen hat dazu die Bund-Länderarbeitsgemeinschaft Wasser gemeinsam mit dem Länderausschuss Immissionsschutz und der Bund-Länderarbeitsgemeinschaft Bodenschutz Handlungsempfehlungen erarbeitet. Darüber hinaus unterstützt die Landesregierung die Bestrebungen für ein weltweites Quecksilberverbot . Die bereits in der Europäischen Gemeinschaft ergriffenen Maßnahmen zur Ausschleusung von Quecksilber aus dem Wirtschaftskreislauf sind Ziel führend: So ist EUweit das Inverkehrbringen von Quecksilber enthaltenden Fieberthermometern und anderen für die breite Öffentlichkeit bestimmten Messinstrumenten wie z.B. Barometern oder Manometern bereits verboten. Nach dem 10. April 2014 dürfen auch für gewerbliche und industrielle Zwecke bestimmte Barometer, Hygrometer, Manometer und andere Messinstrumente nicht mehr in Verkehr gebracht werden, wenn sie Quecksilber enthalten. Schließlich dürfen metallisches Quecksilber und bestimmte Quecksilberverbindungen seit dem 15. März 2011 nicht mehr aus der Europäischen Gemeinschaft ausgeführt werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1179 3 1. Wie bewertet die Landesregierung die Gefahren für die Verbraucherinnen und Verbraucher durch das Quecksilber in den Energiesparlampen? Während ihres bestimmungsgemäßen Betriebes setzen Energiesparlampen kein Quecksilber frei. Auch bei der Rückgabe von unzerbrochenen Energiesparlampen an eine Sammelstelle wird kein Quecksilber emittiert. Das in Energiesparlampen enthaltene Quecksilber kann ausschließlich beim Zerbrechen einer solchen Lampe freigesetzt werden. Wer nach dem Zerbrechen der Energiesparlampe sofort und gründlich lüftet, muss keine Gesundheitsrisiken durch Quecksilber befürchten. Gesundheitliche Auswirkungen kann nur der andauernde Aufenthalt in einem mit Quecksilber belasteten Raum haben. Deshalb ist sofortiges Lüften des betroffenen Raumes und die richtige Entsorgung der Bruchstücke wichtig. Hierzu halten das Umweltbundesamt und das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW auf ihren Internetseiten Hinweise bereit. Aus Sicht der Landesregierung ist – wie bereits in der Vorbemerkung dargelegt - anzustreben , dass quecksilberhaltige Energiesparlampen so zügig wie möglich durch quecksilberfreie Leuchtmittel ersetzt werden. Quecksilberfreie LED-Leuchten stehen bereits zur Verfügung, allerdings bedarf es noch einiger Entwicklungsarbeit, bis diese auch preislich mit anderen Leuchtmitteln vergleichbar sind. 2. Wie plant die Landesregierung den nicht mehr erlaubten Kauf herkömmlicher Glühbirnen für die Privathaushalte kontrollieren zu lassen? Die Behörden reagieren bereits im Rahmen ihrer Personalkapazität auf Hinweise auf den Verkauf nichtkonformer Produkte. Die Landesregierung plant, mit Stichproben beim Handel und bei Herstellern den Verkauf der von einer Durchführungsvorschrift erfassten energieverbrauchsrelevanten Produkte (u. a. auch Haushaltsbeleuchtung) zu kontrollieren. 3. In welchem Umfang werden nach Kenntnis der Landesregierung Verstöße gegen das Verkaufsverbot der „Glühbirnen für den Spezialgebrauch“ in Polen geahndet ? Die Verordnung für die Anforderungen an Haushaltsbeleuchtung enthält Ausnahmen für Speziallampen, die sehr weit gefasst sind. Ein Nachweis von Verstößen ist bei Beachtung aller anderen Vorschriften (z.B. zur Verpackung) kaum möglich. Über spezielle Fälle aus Polen ist der Landesregierung nichts bekannt. 4. Mit welchen Mitteln will die Landesregierung die mit der Müllentsorgung beauf- tragten Kommunen beim Anstieg des Sondermülls durch Energiesparlampen unterstützen ? Energiesparlampen unterliegen dem Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG), das seit dem 24.03.2006 gilt. Danach sind u. a. Energiesparlampen getrennt vom restlichen Abfall zu halten. Bürgerinnen und Bürger können ausgediente Energiesparlampen an den kommunalen Sammelstellen kostenlos abgeben. Zunehmend bietet auch der Handel an, alte Energiesparlampen kostenlos zurückzunehmen. Die gesammelten Lampen werden vom Rücknahmesystem „Lightcycle“ an den Sammelstellen abgeholt und einer ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgung zugeführt. Lightcycle ist ein Rücknahmesystem für LED- und Energiesparlampen sowie Leuchtstoffröhren, das von den großen Leuchtmittelherstellern in Deutschland eingerichtet wurde, um den nach dem ElektroG geltenden Rücknahme- und Entsorgungspflichten der Hersteller nachzukommen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1179 4 Für die Rücknahme und weitere Entsorgung von Energiesparlampen wurde ein deutschlandweit gut organisiertes System eingeführt, das auch steigende Rücklaufmengen bewältigen könnte. Handlungsbedarf sieht die Landesregierung vor allem bei der getrennten Sammlung und Rückgabe durch private Haushalte. Um hier zu Verbesserungen zu kommen, bedarf es einerseits einer intensiveren Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger. Gleichzeitig muss das Angebot an ortsnahen Rückgabemöglichkeiten noch deutlich gesteigert werden. Die im ElektroG verankerte freiwillige Rücknahme durch den Handel ist nicht ausreichend. Bei der anstehenden Novelle des ElektroG wird sich die Landesregierung für eine Rücknahmeverpflichtung des Handels für gebrauchte Energiesparlampen einsetzen. Auch die Umweltministerkonferenz am 22. Juni 2012 hat über die Rücknahme und Entsorgung von alten Energiesparlampen beraten. Im Ergebnis wurde der Bund gebeten, insbesondere für Energiesparlampen die in der novellierten EU-Elektroaltgeräte-Richtlinie grundsätzlich vorgesehene Rücknahmepflicht des Handels für diese Geräte zeitnah umzusetzen. Die Landesregierung hat darüber hinaus Gespräche mit Vertretern des Rücknahmesystems „Lichtzeichen“, Vertretern der relevanten Handels- und Handwerksverbände und den kommunalen Spitzenverbänden geführt. Ziel ist es, bereits vor der Novelle des ElektroG den Bürgerinnen und Bürgern weitere haushaltsnahe Rückgabemöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. 5. Wie bewertet die Landesregierung die Auswirkungen für den nordrhein- westfälischen Umweltschutz, wenn 80 % der Energiesparlampen durch den Hausmüll entsorgt werden und nicht auf die Sondermülldeponie gelangen? Die in der Vorbemerkung dieser Kleinen Anfrage getroffenen Aussagen, die Entsorgung von Energiesparlampen müsse durch eine Sondermülldeponie erfolgen und Quecksilber gelange in das Trinkwasser, weil rund 80 % der Energiesparlampen im normalen Hausmüll landeten, sind nicht zutreffend. Getrennt erfasste Energiesparlampen werden in der Regel in darauf spezialisierten Entsorgungsanlagen behandelt. Dabei wird das Quecksilber entfernt und getrennt entsorgt. Der anfallende Hausmüll wird in Nordrhein-Westfalen fast ausschließlich thermisch behandelt . Anlagen, in denen Abfälle verbrannt werden, unterliegen den strengen Anforderungen der 17. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz. Diese Verordnung enthält auch Grenzwerte für Quecksilber. Eine „Null-Emission“ ist aber trotz der Emissionsbegrenzung nicht zu erreichen. Daher ist die getrennte Sammlung und Behandlung von quecksilberhaltigen Abfällen notwendig, um Quecksilber möglichst vollständig aus dem Wirtschaftskreislauf zu entfernen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen.