LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11856 29.04.2016 Datum des Originals: 29.04.2016/Ausgegeben: 04.05.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4485 vom 8. Februar 2016 des Abgeordneten Jens Kamieth CDU Drucksache 16/11189 Sicherheitsempfinden der Angestellten und Beamten im Ambulanten Sozialen Dienst Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Juli 2015 wurden Fachkräfte und im Büro- und Kanzleidienst tätige Mitarbeiter des Ambulanten Sozialen Dienstes (ASD) Nordrhein-Westfalen zur Sicherheitsthematik befragt. Zwei Drittel der Rückläufe der Befragung berichteten von Gefährdungssituationen, überwiegend durch verbale Gewalt. Kritik an der Sicherheit am Arbeitsplatz wurde regelmäßig mit fehlender technischer Ausstattung, organisatorischen Defiziten und Bagatellisierung des Sicherheitsthemas durch Kollegen und Leitung begründet. Die Befragung ergab ebenso einen hohen Bedarf an Schulungen zu Deeskalation und Eigensicherung sowie einen allgemein hohen Austauschund Optimierungsbedarf. Dringender Handlungsbedarf besteht nach Einschätzung der Deutschen Justiz-Gewerkschaft NRW im Fachbereich Gerichtshilfe, wo Hausbesuche eher in unbekannten Umgebungen und bei unbekannten Klienten durchgeführt werden, wodurch eine mögliche Gefährdung nicht immer rechtzeitig abschätzbar ist. Der Justizminister hat die kleine Anfrage 4485 mit Schreiben vom 29. April 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Konkrete Ergebnisse der im Juli 2015 von der Deutschen Justizgewerkschaft durch-geführten Umfrage unter den Mitarbeitern des ambulanten Sozialen Dienstes liegen dem Justizministerium bislang nicht vor. Vielmehr haben Vertreter der Deutschen Justizgewerkschaft in einem Gespräch am 10. März 2016 erklärt, dass die Auswertung der Ergebnisse bisher nicht abge- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11856 2 schlossen sei und erst im Mai gewerkschaftsintern über die Schlussfolgerungen aus den Rückmeldungen beraten werde. Im Anschluss hieran werde das Justizministerium unterrichtet, um möglichen Handlungsbedarf zu erörtern. Die aufgeworfenen Fragen lassen sich vor diesem Hintergrund wie folgt beantworten. 1. Gab es in den vergangenen zehn Jahren besondere Vorkommnisse im Rahmen der Arbeit des aSD (bitte nach Jahren und Art der Vorkommnisse aufschlüsseln)? Nach Maßgabe der Rundverfügung des Justizministeriums Nordrhein-Westfalen vom 25. März 2014 (3130 – I. 6) betreffend Sicherheit und Ordnung bei Gerichten und Staatsanwaltschaften sind besondere Vorkommnisse dem Justizministerium zu berichten. Besondere Vorkommnisse sind dabei Sachverhalte, die die Sicherheitslage von Justizbehörden oder Justizbediensteten erheblich beeinträchtigen und insbesondere - wegen ihrer erheblichen Tragweite eine besondere, ggf. überörtliche Bedeutung haben, - wegen der Art des Vorkommnisses oder aus sonstigen Gründen weitere Kreise, zum Beispiel die überörtlichen Medien beschäftigen oder voraussichtlich beschäftigen werden , - für die Bewertung dienstrechtlicher oder personalrechtlicher Maßnahmen von besonderer Bedeutung sein können oder - von dem Justizministerium allgemein bezeichnet worden sind oder im Einzelfall zu Berichtssachen bestimmt werden. Die Beurteilung, ob ein Ereignis berichtspflichtig ist, liegt im pflichtgemäßen Ermessen der jeweiligen Gerichts-/ Behördenleitung. Eine aus Anlass der Beantwortung der Kleinen Anfrage erfolgte Sichtung hiesiger Vorgänge sowie eine kurzfristig durchgeführte Praxisbefragung führte zu der als Anlage beigefügten Übersicht über besondere Vorkommnisse im ambulanten Sozialen Dienst. Diese erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, zumal auch davon auszugehen ist, dass einige der im Geschäftsbereich angelegten Einzelvorgänge für den lang zurückliegenden Zeitraum zwischenzeitlich ausgesondert sind. 2. Welchen Schutz der Fachkräfte des aSD im Außendienst sieht die Landesregierung bisher vor? Das Sicherheitskonzept für die Gerichte und Staatsanwaltschaften des Landes Nordrhein- Westfalen enthält keine gesonderten Richtlinien für den ambulanten Sozialen Dienst. Soweit vor Ort besondere Sicherheitsmaßnahmen im Außendienst erforderlich werden, werden diese von den zuständigen Stellen im Geschäftsbereich des Justizministeriums getroffen. Nach der Allgemeinverfügung des Justizministeriums vom 25. Februar 2008 (4260 – III. 1) betreffend die Organisation des ambulanten Sozialen Dienstes führt die Dienst- und Fachaufsicht die Präsidentin oder der Präsident des Landgerichts, für den Fachbereich Gerichtshilfe im Einvernehmen mit der Leitenden Oberstaatsanwältin oder dem Leitenden Oberstaatsanwalt. Bislang liegen dem Justizministerium keine Berichte aus dem Geschäftsbereich vor, mit denen die Notwendigkeit oder das Bedürfnis entsprechend einheitlicher Richtlinien für den Außendienst vorgetragen wurden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11856 3 3. Welche Sicherheitsstandards gedenkt die Landesregierung bei Hausbesuchen in unbekannten Lagen vorzugeben, um künftig Gefährdungssituationen zu verhindern ? Auf die Ausführungen zu Frage 2 wird verwiesen. 4. Welche zusätzlichen Ausrüstungsgegenstände sollten die Fachkräfte des aSD nach Ansicht der Landesregierung künftig für ihre Aufgabenbewältigung im Außendienst erhalten? Auf die Ausführungen zu Frage 2 wird verwiesen. 5. Wie kann sichergestellt werden, dass in Zukunft auch Angestellte und Beamte in Teilzeit Fortbildungen zum Thema Eigensicherung wahrnehmen können? Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie findet auch bei der Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen schon seit vielen Jahren regelmäßig Berücksichtigung. Soweit Fortbildungsangebote zentral in den Räumlichkeiten der Justizakademie des Landes Nordrhein-Westfalen in Recklinghausen stattfinden, besteht die Möglichkeit, das Kind und eine Betreuungsperson mitzubringen. So kann die Seminarteilnahme unbeschwert erfolgen und gleichzeitig vor und nach dem Seminar Zeit mit dem Kind verbracht werden. Alternativ können für die Zeit der Fortbildung notwendige Kosten für die Betreuung von Kindern unter zwölf Jahren im Rahmen der Reisekostenabrechnung geltend gemacht werden. Neben dem zentralen Fortbildungsangebot können die Obergerichte und Mittelbehörden zudem die ihnen zur Verfügung stehenden bezirklichen Fortbildungsmittel für die Durchführung von sog. Inhouse-Seminaren, die dezentral in den Räumlichkeiten der Gerichte oder Behörden stattfinden, nutzen. Auch die Justizakademie des Landes Nordrhein-Westfalen bietet in geeigneten Fällen bei entsprechendem Bedarf ebenfalls Seminare auch dezentral direkt in den Gerichten oder Behörden an. Selbstverständlich haben teilzeitbeschäftigte Justizangehörige, die an ganztägigen Fortbildungen teilnehmen, Anspruch auf einen zeitlichen Ausgleich. Anlage zu der Antwort auf die Kleine Anfrage 4485 Nr. Anzahl der Fälle Jahr Art des Vorkommnisses 1 2 2006 Einbrüche in Dienststellen des asD. 2 1 2006 Die Eingangstür des Gebäudes, in dem die Dienststelle untergebracht ist, wurde von einem Probanden mutwillig eingetreten. 3 1 2007 Bedrohung eines Bewährungshelfers. 4 1 2008 Mögliche Gefährdungslage eines Mitarbeiters nach der Entlassung eines Gefangenen, gegen den der Mitarbeiter in dem Strafverfahren belastend als Zeuge ausgesagt hat. 5 1 2009 Verbale Aggression mit konkreter Bedrohungssituation (Ankündigung, Bewährungshelferin aus dem Fenster zu werfen). 6 1 2009 Ein Proband hat eine Fachkraft des aSD beleidigt und bedroht. 7 1 2010 Einbruch in eine Dienststelle des asD. 8 1 2011 Einbruch in eine Dienststelle des asD. 9 1 2011 Ein Proband hat eine Fachkraft des aSD bedroht. 10 1 2011 Ein ehemaliger Proband aus dem Fachbereich der Führungsaufsicht hat einen Mitarbeiter des aSD über mehrere Monate massiv an Leib und Leben bedroht. 11 1 2011 Einbruch in eine Dienststelle des aSD. 12 2 2011 Einbruchsversuche in Dienststellen des aSD. 13 1 2012 Beleidung und Bedrohung einer Fachkraft des asD. 14 1 2012 Beleidigung und Bedrohung einer Fachkraft des aSD. 15 2 2012 Einbrüche in Dienststellen des aSD. 16 1 2012 Verbale Bedrohung einer Mitarbeiterin durch einen Beschuldigten im Rahmen ihrer Tätigkeit als Gerichtshelferin. 17 1 2012 Bedrohung einer Bewährungshelferin. 18 1 2013 Messerattacke auf einen Bewährungshelfer bei einer durch Polizeivollzugsbeamte begleiteten Dienstfahrt durch einen KURS-Probanden. 19 1 2013 Eine Mitarbeiterin des ambulanten Sozialen Dienstes wie auch andere Personen sind mit einem ca. 15-seitigen Schreiben von einem Probanden aus dem Fachbereich der Bewährungshilfe massiv beleidigt und bedroht worden. 20 1 2013 - 2015 Eine weitere Mitarbeiterin des aSD ist über einen Zeitraum von 2013 bis 2015 immer wieder von einem ehemaligen Probanden aus dem Fachbereich der Bewährungshilfe mit subtilen Briefen bedroht worden. 21 1 2013 Seit dem Jahr 2013 ist ein weiterer Mitarbeiter des aSD immer wieder massiven und persönlichen Beleidigungen und Bedrohungen durch einen Probanden aus dem Fachbereich der Führungsaufsicht ausgesetzt. 22 1 2013 Verbale Bedrohung eines Mitarbeiters durch einen Probanden nach rechtskräftigem Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung. 23 1 2014 Verbale Aggressionen gegenüber einem Mitarbeiter mit konkreter Bedrohungssituation. 24 1 2014 Bedrohung eines Mitarbeiters mit Körperverletzungsdelikt. 25 1 2014 Mögliche Gefährdungslage (in der Vergangenheit tätlicher Angriff eines Mitarbeiters beim aSD) 26 1 2014 Einbruch in eine Dienststelle des aSD. 27 1 2014 Verbale Bedrohung eines Mitarbeiters durch einen Probanden. 28 1 2014 Bewährungshelfer wurde in der Dienststelle von dem Probanden niedergeschlagen, beleidigt und bedroht. 29 1 2015 Lautstarke Beschimpfungen und die Weigerung, die Räumlichkeiten zu verlassen. 30 1 2015 Ein Proband aus dem Fachbereich der Führungsaufsicht bedroht fortwährend einen Mitarbeiter des aSD. 31 1 2015 Ein Proband droht einem Justizwachtmeister Gewalt mit erhobener Faust an der Pforte der Dienststelle an. 32 1 2015 Mögliche Gefährdungssituation bezüglich einer Dienststelle nach vorherigem Warnanruf eines Vaters des Probanden. Der Proband habe im Streit mit dem Vater angedroht, die Bediensteten „abzustechen“. Der Proband ist jedoch nicht in der Dienststelle erschienen. 33 1 2015 Bedrohliches Auftreten gegenüber einem Mitarbeiter des aSD. 34 1 2015 Bedrohung eines Mitarbeiters des aSD. 35 1 2015 Einbruchsversuch in eine Dienststelle des aSD. 36 2 2015 Zwei Fälle von Bedrohung einer Mitarbeiterin des asD. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11856