LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11858 29.04.2016 Datum des Originals: 29.04.2016/Ausgegeben: 04.05.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4612 vom 30. März 2016 der Abgeordneten Ingola Schmitz FDP Drucksache 16/11599 „Banale“ Matheaufgaben bei Lernstandserhebungen in Klasse 8? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Nachrichtenmagazin „Fokus“ berichtete am 22.03.2016 über die Lernstandserhebungen der 8. Klasse im Fach Mathematik in Nordrhein-Westfalen. Unter dem Titel „Bildungskatastrophe Deutschland? Mit so banalen Matheaufgaben testet NRW seine Achtklässler“ wird Nordrhein -Westfalen als Beispiel für den Niveauverlust im deutschen Bildungssystem genannt. Der genannte Text stützt sich auf einen Artikel der „Wirtschaftswoche“ vom 17. März 2016, der laut Fokus letztlich bilanziere, „wie niedrig die Ansprüche an die Landeskinder seien“. In der Tat stellen sich aufgrund einiger der im genannten Artikel der Wirtschaftswoche aufgeführten Aufgaben nachdrückliche Fragen. So heißt es dann denn auch in der Wirtschaftswoche : „Wie niedrig die Ansprüche sind, die man in Düsseldorf an die Kompetenzen der Landeskinder stellt, zeigen auch viele andere Aufgaben. Wer lesen kann und Augen im Kopf hat, findet die Lösungen meist schon im Aufgabentext oder in mitgelieferten Grafiken. (…) Das erfolgreiche Abschneiden aller Schüler hat ganz offensichtlich Vorrang. Der Verdacht drängt sich auf, dass der Sinn der alljährlichen Lernstandserhebungen weniger der Sicherung der tatsächlichen Qualität des Unterrichts dient, sondern in erster Linie der Dokumentation des angeblichen Erfolgs der Bildungspolitik.“ Letztlich kommt die Zeitung zu dem vernichtenden Urteil, dass „die bildungspolitische Devise der Düsseldorfer Landesregierung – „kein Kind zurücklassen !“ –„ ganz offensichtlich so interpretiert werde, um niemanden zurücklassen zu müssen , schreite man erst gar nicht wirklich voran. Und, Zitat: „Die Bildungspolitik betrügt sich selbst.“ Die FDP hat immer wieder davor gewarnt, dass man mit Niveauabsenkungen und der Entwicklung zu einer leistungslosen Schule Kindern kein Gefallen tut. Die Landesregierung bestreitet bekanntlich derartige Entwicklungen. Auch der Fokus hat beim Schulministerium nachgefragt . In dem Artikel heißt es denn dann auch wenig überraschend: „Dort hieß es, dass LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11858 2 Lernstandserhebungen diagnostische Tests seien, und als solche breiter angelegt als gewöhnliche Klassenarbeiten. Entsprechend deckten die Aufgaben fünf verschiedene Kompetenzstufen von ganz einfach bis ganz schwierig ab. Der Grund: Mit den Lernstandserhebungen solle ein verlässliches Abbild der gesamten bis zum Testzeitpunkt erworbenen Kompetenzen erstellt werden. Eine Vereinfachung der Tests habe es in NRW nicht gegeben, teilte das Schulministerium mit. Vielmehr stammen „nur acht der 14 von der ‚WiWo‘ veröffentlichten Aufgabenbeispiele aus der Lernstandserhebung 2016. Die Aufgaben 1-5 und 14 stammen nicht aus der aktuellen Lernstandserhebung“.“ Allerdings deckt sich die von Rot-Grün immer wieder verkündete Einschätzung, es gäbe keine Niveauabsenkungen, weder mit vielen Rückmeldungen aus der Schulpraxis noch mit der immer wieder geäußerten Kritik von Wissenschaftlern. In dem Artikel der Wirtschaftswoche wird ein stellvertretender Schulleiter zitiert, der bezeichnenderweise ungenannt bleiben möchte. Dieser erklärte demnach: "Der Niveauverlust an meiner eigenen Schule hat in der letzten Zeit dramatische Züge angenommen." Auch seien die in der zentralen Abschlussarbeit für den „mittleren Bildungsabschluss“ gestellten Ansprüche zum Teil nicht sehr viel höher als die in der Lernstandserhebung für Achtklässler. Dort heißt es weiter: „Zum Beispiel sei in einer Abschlussaufgabe das Zeichnen von zwei Quadraten mit zwei und einem Zentimeter Kantenlänge schon mit drei von insgesamt erreichbaren 87 Punkten belohnt worden. „Eine wesentlich schwierigere Aufgabe“, berichtete der Mathematiklehrer, „wurde dagegen nur mit zwei Punkten belohnt.“ In einer anderen Teilaufgabe wurde ein Lösungsansatz verlangt, der dann in der Aufgabenstellung der nächsten Teilaufgabe genannt wurde. Dazu kommt, dass Abschlussarbeiten bereits mit 73,6 Prozent der Gesamtpunktzahl als „gut“ bewertet werden, während einige Jahre zuvor dafür noch 85 Prozent die übliche Schwelle waren.“ Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 4612 mit Schreiben vom 29. April 2016 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Die Landesregierung hat erklärt, dass die Aufgaben 1-5 und 14 nicht aus der aktuellen Lernstandserhebung stammten. Woher bzw. aus welchem Jahr stammen sie dann? Im Onlineportal der „WirtschaftsWoche“ wurde am 17.03.2016 eine „Fotostrecke“ mit 14 Abbildungen von Mathematikaufgaben veröffentlicht. Die Fotos 1 bis 5 zeigen Mathematikaufgaben aus Aufgabenheften der Lernstandserhebungen 2015. Foto 14 zeigt eine Mathematikaufgabe, deren Herkunft dem Ministerium für Schule und Weiterbildung in der abgebildeten Form nicht bekannt ist. 2. Wie bewertet die Landesregierung inhaltlich die Kritik, dass demnach in einer Teilaufgabe ein Lösungsansatz verlangt wurde, der dann in der Aufgabenstellung der nächsten Teilaufgabe genannt wurde? Aus der Frage geht nicht hervor, auf welche Teilaufgaben in welchem Prüfungsjahr Bezug genommen wird. Eine inhaltliche Bewertung der an einer Prüfungsaufgabe geäußerten Kritik ist der Landesregierung deshalb nicht möglich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11858 3 3. Wie steht die Landesregierung zu der geäußerten Kritik, wonach Abschlussarbeiten bereits mit 73,6 Prozent der Gesamtpunktzahl als „gut“ bewertet würden, während einige Jahre zuvor dafür noch 85 Prozent die übliche Schwelle gewesen seien? Die geäußerte Kritik trifft sachlich nicht zu. Die in den Bewertungsvorgaben für Zentrale Prüfungen im Fach Mathematik definierte Grenze zur Vergabe der Note „gut“ wurde bei der erstmaligen Durchführung von Zentralen Prüfungen in Klasse 10 von der damaligen Landesregierung im Jahr 2007 festgelegt und seitdem nicht verändert. 4. Wie erklärt es sich die Landesregierung, dass Fachleute an Schulen explizit erklären , dass ein dramatischer Niveauverlust zu beachten sei, während sie selber kontinuierlich das Gegenteil behauptet? Der Landesregierung sind Aussagen von Fachleuten aus Schulen bekannt, die sowohl von einem Niveauverlust als auch von einem Anstieg der Anforderungen berichten. Lehrpläne und Abschlussprüfungen orientieren sich in Nordrhein-Westfalen demgegenüber grundsätzlich an den Bildungsstandards und Vereinbarungen der Kultusministerkonferenz. 5. Warum erachtet es die Landesregierung offenkundig für die Kinder und Jugendlichen nicht als Problem, wenn Nordrhein-Westfalen – inzwischen wiederholt – in verschiedenen Medien als Bundesland dargestellt wird, in dem das Bildungsniveau abgesenkt wird? Das Bildungssystem in Nordrhein-Westfalen eröffnet Kindern und Jugendlichen bestmögliche Bildungschancen unabhängig von der Berichterstattung verschiedener Medien. Eine Absenkung des Bildungsniveaus in Nordrhein-Westfalen ist durch wissenschaftlich belastbare Studien nicht belegt. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11858