LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11908 04.05.2016 Datum des Originals: 04.05.2016/Ausgegeben: 10.05.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4611 vom 30. März 2016 der Abgeordneten Henning Höne und Ulrich Alda FDP Drucksache 16/11598 Wie steht es um die Effizienz und den langfristigen Erhalt unseres Sozialstaates? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Bundesfinanzministerium hat kürzlich die Eckwerte des Regierungsentwurfs des Bundeshaushalts 2017 und des Finanzplans bis 2020 vorgestellt. Dabei zeichnen sich immer weiter steigende Ausgaben für sozialpolitische Maßnahmen ab (z.B. Erhöhung des Wohngelds, Elterngeld -Plus mit Partnerschaftsbonus, abschlagsfreie Rente ab 63, „Mütterrente“ etc). So sind mit geplanten 171,1 Milliarden Euro im kommenden Jahr fast zehn Milliarden Euro Mehrausgaben im Sozialbereich im Vergleich zu diesem Jahr vorgesehen. Die Kommunen kritisieren indes die deutsche Sozialpolitik scharf. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes mahnt die Politik zu Weitsicht und Besonnenheit: „Die Politik scheint wieder in den Fehler zu verfallen, zur Beseitigung vermeintlicher sozialer Ungleichheiten Transferleistungen und das Sozialbudget zu erhöhen, ohne vorher die Effizienz der bestehenden Systeme zu überprüfen“ (Westdeutsche Allgemeine). Er fürchtet, dass Deutschland nicht immer eine „Wohlstandsinsel“ (Westdeutsche Allgemeine) bleiben könne und fordert daher eine Kommission von unabhängigen Sachverständigen zur Reform des Sozialstaats: „Der große Strauß sozialer Leistungen muss neu geordnet, auf die wirklich Bedürftigen konzentriert, entbürokratisiert und transparent gestaltet werden“ (Westdeutsche Allgemeine). Die Freien Demokraten setzen sich seit jeher für effiziente Strukturen und eine Sozialpolitik ein, die den Bedürftigen, nicht den Findigen, hilft. Als Partei der Generationengerechtigkeit betrachten wir die immer weiter steigenden Kosten für sozialpolitische Maßnahmen jedoch auch mit Sorge. Die langfristige Finanzierung des Sozialstaates scheint mit Blick auf die demographische Entwicklung unseres Landes nicht zukunftsfest gesichert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11908 2 Der Minister für Arbeit, Integration und Soziales hat die Kleine Anfrage 4611 mit Schreiben vom 4. Mai 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, dem Minister für Inneres und Kommunales, dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr, der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport und der Minister für Gesundheit , Emanzipation, Pflege und Alter beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Kleine Anfrage knüpft an die Entwürfe des Bundeshaushalts 2017 sowie des Finanzplans bis 2020 der Bundesregierung an, die steigende Ausgaben für sozialpolitische Maßnahmen vorsehen. Bei den hierzu exemplarisch aufgeführten sozialpolitischen Maßnahmen handelt es sich um bundesgesetzliche Leistungen der sozialen Sicherungssysteme (abschlagsfreie Rente mit 63, Mütterrente) bzw. zur - wirtschaftlichen - Sicherung bestimmter Personengruppen (Wohngeldbezieher, Eltern). Gesetzliche Regelungen und alle sonstigen sozialpolitischen Maß-nahmen haben immer die Interessen und Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger, die gesetzgeberischen Handlungsnotwendigkeiten und -spielräume sowie die nachhaltige Finanzierung des Staatswesens zu berücksichtigen. Die Landesregierung ist sich ihrer Verantwortung bewusst, die sie im Wege ihrer Einflussmöglichkeiten über den Bundesrat im Bundesgesetzgebungsverfahren auch wahrnimmt. Sie orientiert ihr ordnungs-, gesellschafts- und sozialpolitisches Handeln an den finanziellen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, um soziale Sicherheit, soziale Gerechtigkeit und damit die Teilhabe aller an den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen zu gewährleisten. Sorgfältige Planung, laufende Kontrolle und Überprüfung sowie Nachjustierung politischer Maßnahmen sind hierbei Bestandteil der täglichen Arbeit der Landesregierung. Dies gilt sowohl im Rahmen der Beteiligung der Landesregierung an Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene über den Bundesrat, als auch bei allen Maßnahmen auf Landesebene. 1. Inwiefern teilt die Landesregierung den Vorwurf des Städte- und Gemeindebundes, dass die Effizienz bestehender Systeme nicht überprüft werde? Der Vorwurf wird von der Landesregierung nicht geteilt. 2. Welche landeseigenen sozialpolitischen Maßnahmen führt die Landesregierung aktuell durch (Bitte detailliert aufschlüsseln.)? Das Land hat keine eigenen Gesetzgebungskompetenzen in Bezug auf Leistungen der sozialen Sicherung im Sinne der Kleinen Anfrage (s. Vorbemerkung der Landesregierung). Für eine detaillierte Aufschlüsselung aller im weitesten Sinne sozialpolitischen Maßnahmen, die derzeit von der Landesregierung durchgeführt und unterstützt werden, wäre eine umfassende Durchsicht aller Einzelpläne der Staatskanzlei und der Ressorts erforderlich. Dies ist mit vertretbarem Verwaltungsaufwand in der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit so nicht möglich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11908 3 3. Inwiefern sieht die Landesregierung die langfristige Sicherstellung des aktuellen Sozialniveaus als finanzierbar an? Die „langfristige Sicherstellung des aktuellen Sozialniveaus“ ist in erster Linie eine bundesgesetzliche Aufgabe. Die Landesregierung hat es sich im Koalitionsvertrag zur Aufgabe gemacht, durch Einsparungen, Investitionen in die Zukunft und Erhöhung der Einnahmen bis 2020 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen und die Schuldenbremse einzuhalten. Mit dieser verantwortungsvollen Finanzpolitik werden die Grundlagen für eine faire Verteilung der Finanzmittel des Landes im Sinne einer gerechten Gesellschaft geschaffen. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben setzt sich die Landesregierung auch auf Bundesebene dafür ein, das Niveau der sozialen Sicherungssysteme zu erhalten und dort zu verbessern, wo dies erforderlich ist. 4. An welchen Stellen des Landes Nordrhein-Westfalen sieht die Landesregierung konkretes Optimierungspotenzial beim Management der sozialpolitischen Maßnahmen ? Die Landesregierung hält es für erforderlich, alle sozialpolitischen Maßnahmen laufend zu überprüfen und an die sich verändernden Rahmenbedingungen anzupassen bzw. an neuen Herausforderungen auszurichten. 5. Inwiefern unterstützt die Landesregierung konkret die Forderung des Städte- und Gemeindebundes nach einer unabhängigen Sachverständigenkommission zur Reform des Sozialstaates? Die Landesregierung ist grundsätzlich für Ideen, Reformvorschläge und eine Diskussion der Ausgestaltung des Sozialstaats offen. Für die Einrichtung einer unabhängigen Sachverständigenkommission zur Reform des Sozialstaats wird die Zuständigkeit der Bundesregierung gesehen . Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11908