LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11929 09.05.2016 Datum des Originals: 09.05.2016/Ausgegeben: 12.05.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4652 vom 5. April 2016 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/11659 Warum schränkt das Land den Einsatz von privaten Inkasso-Firmen für Kommunen ein? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Stadtverwaltung der Stadt Essen plant aktuell, die Schulden säumiger Bürger mit Hilfe von privaten Inkasso-Büros einzutreiben. Allerdings wird die Stadt Essen dies nur in geringerem Ausmaß als ursprünglich geplant angehen. Denn, wie der Kämmerer der Stadt erklärte, habe das Land massive Bedenken geäußert. Das bedeutet: Die Stadt darf daher keine Steuerschulden sowie Schulden aus dem sozialen Bereich über Dritte eintreiben lassen. Damit bleiben am Ende nur Ordnungs- und Bußgelder, ausstehende Mieten und Pachten. Statt 30 Millionen Euro, auf die sich die Ausstände der Bürger allein der Stadt Essen insgesamt summieren, bleiben für den Einsatz der Inkasso-Firmen nur noch rund zwei Millionen Euro übrig. Essens Stadtkämmerer rechnet damit, dass er am Ende davon 70.000 Euro tatsächlich in die Kasse bekommt. Der Test mit drei Inkasso-Firmen soll dennoch starten, um am Ende doch den Erkenntnisgewinn zu haben, dass dieses auch im Steuerbereich eingesetzt werden könne. Derzeit kümmern sich rund zwei Dutzend Vollstreckungsbeamte allein in der Stadt Essen um offene Forderungen. Der Schritt, Private einzusetzen, soll das städtische Personal entlasten. Dabei geht es der Stadt Essen auch um ein Signal: Es dürfe nicht sein, dass der ehrliche Steuerzahler in Essen das Gefühl hat, er sei der Dumme und der säumige Bürger der Kluge. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4652 mit Schreiben vom 9. Mai 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11929 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Frage, wie die Landesregierung die Möglichkeit des Einsatzes privater Inkassounternehmen als Verwaltungshelfer bei der Eintreibung von Forderungen der Kommunen beurteilt, war bereits Gegenstand der Kleinen Anfrage 1722 vom 28. Oktober 2013 des Abgeordneten André Kuper CDU (Drucksache 16/4297). Sie wurde von der Landesregierung mit Schreiben vom 25. November 2013 (Drucksache 16/4460) beantwortet. Die Bewertung der Frage durch die Landesregierung ist seither unverändert. 1. Wie bewertet die Landesregierung grundsätzlich das Potential zur Entlastung kommunaler Personalhaushalte durch den ergänzenden Einsatz von Privaten bei der Eintreibung von kommunalen Forderungen? Auf die Antwort der Landesregierung (Drucksache 16/4460) auf die Kleine Anfrage 1722 wird verwiesen. 2. Welche konkreten Bedenken hat die Landesregierung gegen den Einsatz von Inkasso-Unternehmen auch im Bereich von Steuerschulden sowie Schulden im sozialen Bereich? Der Einsatz von Inkasso-Unternehmen kann in den genannten Bereichen nicht in Betracht kommen, da Daten, die dem Steuergeheimnis (§ 30 AO) bzw. dem Sozialgeheimnis/Sozialdatenschutz (§§ 35 und 80 SGB X) unterliegen, von den Vollstreckungsbehörden nicht an den Verwaltungshelfer weitergegeben werden dürfen. Auf die Antwort der Landesregierung zu Frage 2 der o.g. Kleinen Anfrage 1722 wird verwiesen. 3. Für welche konkreten Bereiche von kommunalen Forderungen hält die Landesregierung die Möglichkeit der Nutzung privater Inkasso-Firmen für möglich? Wie bereits in der Antwort der Landesregierung der Kleinen Anfrage 1722 dargelegt, ist eine Unterstützung der Vollstreckungsbehörden durch private Verwaltungshelfer nur in engen Grenzen möglich. Es liegt in der eigenen Verantwortung der jeweiligen Kommunen, in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Einschaltung eines privaten Inkasso-Unternehmens als Verwaltungshelfer gegeben sind. Auch bei der Vollstreckung solcher Forderungen, die nicht dem Steuer- oder Sozialdatengeheimnis unterliegen, muss sichergestellt bleiben, dass die im Zusammenhang mit dem Forderungseinzug stehenden Aufgaben nicht dem Kernbereich der originären staatlichen Aufgaben zugeordnet sind und dass die zugrunde liegenden vertraglichen Bestimmungen zur Datenverarbeitung Regelungen vorsehen, die die Hilfs- und Unterstützungsleistungen für die Auftrag gebende Kommune detailliert festlegen. Die Aufgaben der Verwaltungshelfer dürfen sich nicht als Maßnahmen der Zwangsvollstreckung erweisen, die weder ganz noch zum Teil von einer Stelle außerhalb der Gemeindeverwaltung besorgt werden darf (§ 94 Satz 2 GO NRW). Eine dauerhafte Nutzung, Speicherung oder Vermischung von Schuldnerdaten der Behörde mit denen des Inkassounternehmens muss ausgeschlossen sein. Dem Datenschutz unterliegende personenbezogene Daten dürfen nicht an den Verwaltungshelfer weitergegeben werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11929 3 4. Welche Kommunen nutzen bereits heute private Dritte für den Bereich kommunaler Forderungen? Bereits in der Antwort auf die Kleine Anfrage 1722 wurde darauf hingewiesen, dass es keine Statistik darüber gibt, welche nordrhein-westfälischen Kommunen sich bei der Eintreibung offener Forderungen privater Verwaltungshelfer bedienen. Eine solche Statistik existiert nach wie vor nicht. 5. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die Eintreibung von kommunalen Forderungen zu verbessern? Es müssen alle Optionen der Eigenvollstreckung ausgeschöpft werden. Neben der Nutzung sämtlicher zur Verfügung stehender Vollstreckungsmethoden zählen hierzu auch organisatorische Maßnahmen, wie etwa der Einsatz von Universalvollstreckern, die sowohl im Innen- als auch im Außendienst tätig werden. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11929