LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11940 09.05.2016 Datum des Originals: 09.05.2016/Ausgegeben: 12.05.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4650 vom 4. April 2016 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/11657 Integrationspflicht für Ausländer und Asylbewerber Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bundesinnenminister Thomas de Maizière plant mit einem neuen Integrationsgesetz gleichzeitig eine Verschärfung der Rechtslage für Flüchtlinge: Wer sich nicht integriert, soll künftig mit Sanktionen rechnen müssen. Bausteine des Gesetzes sollen einerseits eine Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge, andererseits Sanktionen für „integrationsunwillige“ Personen sein. Bisher werden Asylbewerber Kommunen zugewiesen und dürfen sich, sobald sie Asyl oder Flüchtlingsschutz erhalten, ihren Wohnsitz aussuchen. Künftig sollen auch anerkannte Flüchtlinge – bis sie eine Arbeit gefunden haben – dort leben, wo sie zugewiesen sind. Nach den Vorschlägen des Bundesinnenministeriums soll eine solche Wohnsitzauflage nur für solche Flüchtlinge gelten, die ihren Lebensunterhalt nicht selber sichern können. Ziel einer Wohnsitzauflage ist es, eine Konzentration auf Ballungsräume zu vermeiden, weil dadurch Integration nicht mehr möglich ist. Daneben soll anerkannten Flüchtlingen ein dauerhafter Aufenthalt verwehrt werden, wenn sie einen staatlich angebotenen Integrationskurs verweigern und Arbeitsangebote ausschlagen. Möglich ist dies durch eine Kopplung an die Aufenthaltserlaubnis. Bislang können Ausländer und auch anerkannte Flüchtlinge von den Ausländerbehörden und den Jobcentern zur Teilnahme am Integrationskurs verpflichtet werden, wenn sie nicht ausreichend Deutsch sprechen. Auch können ihnen Leistungen gekürzt werden. Vor der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis wird dann geprüft, ob der Ausländer einer „etwaigen Pflicht zur ordnungsgemäßen Teilnahme am Integrationskurs nachgekommen ist“, heißt es im Aufenthaltsrecht. Eine Verlängerung des Aufenthalts kann demnach abgelehnt werden, es sei denn, der Ausländer erbringt den Nachweis, dass seine Integration „anderweitig erfolgt ist“. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11940 2 Bisher sind anerkannte Flüchtlinge in diesem Punkt gegenüber anderen Ausländern privilegiert. Zudem haben sie keine wirkliche Pflicht zur Integration. Für Personen, die aus humanitären Gründen eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten, sieht das Ausländerrecht Sonderregelungen vor. Die bestehende Pflicht zum Besuch eines Integrationskurses bleibt für sie bei Verweigerung o.ä. ohne Konsequenz. Asylberechtigten und Ausländern, die Flüchtlingsschutz erhalten, wird für drei Jahre eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt. Danach erhalten sie – sofern das BAMF die Anerkennung nicht widerruft – gemäß § 26 des Aufenthaltsgesetzes „voraussetzungslos eine Niederlassungserlaubnis“. Nach derzeitiger Rechtslage kann die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis für Asylberechtigte „nicht vom Nachweis des erfolgreichen Abschlusses des Integrationskurs abhängig gemacht werden“. Momentan erhalten legal eingereiste Ausländer, sofern sie die notwendigen Voraussetzungen erfüllen, eine Niederlassungserlaubnis nach fünf Jahren – anerkannte Flüchtlinge in der Regel schon nach drei Jahren. Die Niederlassungserlaubnis ist im Gegensatz zur Aufenthaltserlaubnis unbefristet. Sie berechtigt zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit und ist räumlich unbeschränkt. In einer Vielzahl von Fällen würden Sanktionen verhängt, auch werde oft damit gedroht, heißt es aus den Ausländerbehörden der Länder. So wird etwa eine Aufenthaltsverlängerung um nur ein weiteres Jahr an die Forderung gebunden, Deutsch zu lernen. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4650 mit Schreiben vom 9. Mai 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Ein Großteil der Menschen, die nach Deutschland und damit auch nach Nordrhein-Westfalen kommen, um hier Schutz vor Krieg, Terror und Verfolgung zu suchen, möchte so früh wie möglich an Integrationsmaßnahmen teilnehmen. Die Landesregierung setzt sich daher dafür ein, dass allen Menschen im Asylverfahren mit Bleibeperspektive schon zu einem frühen Zeitpunkt die Teilnahme an einem Integrationskurs ermöglicht wird. In diesem Zusammenhang ist es ebenso wichtig, den Betroffenen die Bedeutung, aber auch die rechtliche Verpflichtung der Teilnahme an Integrationsmaßnahmen darzulegen. Denn § 8 Abs. 3 AufenthG sieht vor, dass bei der erforderlichen Vorsprache zur Aufenthaltsverlängerung die Feststellung der ordnungsgemäßen Teilnahme am Integrationskurs geprüft und über die notwendigen Folgen einer Nichtteilnahme entschieden wird. Ob und inwiefern eine Nichtteilnahme am Integrationskurs Sanktionsfolgen auslöst, ist jeweils wiederum anhand der konkreten Umstände des betreffenden Einzelfalls zu prüfen. 1. In wie vielen Fällen wurde im vergangenen Jahr die Teilnahme an einem Integrationskurs durch „Verpflichtungen“ ausgesprochen? Aus der Integrationsgeschäftsstatistik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Abfragestand: 09.01.2016) geht hervor, dass im Zeitraum vom 01.01. bis 30.09.2015 bundesweit 87.825 Teilnahmeverpflichtungen für Integrationskurse ausgesprochen wurden. Bei den Teilnahmeverpflichtungen für Integrationskurse wird nicht nach Bundesländern differenziert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11940 3 Ferner haben in diesem Zeitraum bundesweit 129.985 Personen an einem Integrationskurs teilgenommen, davon 30.531 (23,5 %) aus NRW. 55.970 Personen, die in diesem Zeitraum bundesweit an einem Integrationskurs teilgenommen haben, waren zu der Teilnahme verpflichtet worden. Zahlen für das letzte Quartal 2015 liegen noch nicht vor. 2. In wie vielen Fällen wurden Sanktionen angedroht, um die Verpflichteten zur ordnungsgemäßen Kursteilnahme zu verpflichten? 3. In wie vielen Fällen wurde die Aufenthaltserlaubnis als Sanktion für die nicht erfolgte Teilnahme an Integrationskursen mit verringerter Dauer verlängert? 4. In wie vielen Fällen wurden im Jahr 2015 Bußgelder verhängt, zur Durchsetzung der Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs? 5. In wie vielen Fällen wurde bei anerkannten Flüchtlingen und Asylberechtigten die Verpflichtung zum Integrationskurs durchgesetzt? Die Fragen 2, 3, 4 und 5 werden wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Statistische Daten zur Sanktionspraxis liegen nicht vor. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11940