LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11955 09.05.2016 Datum des Originals: 09.05.2016/Ausgegeben: 12.05.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4643 vom 5. April 2016 des Abgeordneten Gregor Golland CDU Drucksache 16/11650 Einsatzlage und Vorgänge nach tödlichem Schwimmbadbesuch in Bergheim-Ahe Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In Bergheim-Ahe gibt es einen 2.700 Personen umfassenden Wohnpark. Am vergangenen Dienstag wurden dort drei junge Rumänen im Alter von 12, 13 und 20 Jahren tot im Schwimmbad des Komplexes aufgefunden. Die Todesursache ist bisher unklar. Die Polizei ermittelt. Die Arbeit der Polizei wurde diversen Medienberichten zur Folge durch den Auflauf von vielen Bewohnern der Anlage erschwert. Eine Einsatzhundertschaft der Polizei musste die Beamten vor Ort unterstützen, die Versammelten beruhigen, um so Ermittlungen zu ermöglichen. Die Polizei im Rhein-Erft-Kreis hatte offenbar einige Mühe, die Eltern der Verstorbenen ausfindig zu machen. Es stellte sich heraus, dass viele Personen in der Anlage nicht in den Wohnungen leben, in denen sie gemeldet sind. Zudem scheinen sich in der Anlage, die insbesondere von Rumänen bewohnt wird, viele Menschen aufzuhalten, die dort nicht gemeldet sind. Inzwischen hat die Kölner Polizei die Ermittlungen übernommen. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4643 mit Schreiben vom 9. Mai 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister beantwortet. 1. Was ist am 29. März und den folgenden Tagen rund um den Wohnpark in Ahe geschehen? (Bitte die Vorgänge detailliert schildern und beteiligte Personen, Gruppen, Behörden, etc. und deren Tätigkeiten/Handeln erläutern.) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11955 2 Nach den bislang vorliegenden Erkenntnissen entdeckte ein Anwohner der Wohnanlage Bergheim-Ahe am 29.03.2016 gegen 12.40 Uhr in dem Schwimmbecken des dortigen Schwimmbads drei augenscheinlich leblose Personen. Da der Anwohner einen Stromschlag als mögliche Ursache vermutete, nahm er von Rettungsmaßnahmen Abstand, verließ das Schwimmbad und kontaktierte vor dem Schwimmbad eine weitere Person, die die Rettungskräfte verständigte. Da die vor Ort eingesetzte Feuerwehr ebenfalls Strom als Ursache für die Todesfälle vermutete, nachdem ein Austritt von Chlorgas durch Messungen ausgeschlossen werden konnte, wurden zunächst die Stromzufuhr des Schwimmbads und nachfolgend der gesamten Wohn-anlage durch Haustechniker des Wohnparks sowie Mitarbeiter des Stromanbieters unterbrochen. Sodann wurden die Leichen von drei rumänischen Staatsbürgern im Alter von 12, 13 und 20 Jahren geborgen. Im weiteren Verlauf fanden sich an der Polizeiabsperrung etwa 80 bis 100 überwiegend rumänische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger ein, zu denen auch Angehörige der Opfer zählten. Diese wurden durch von der Feuerwehr angeforderte Notfallseelsorger betreut. Speziell ausgebil-dete Beamtinnen und Beamte des polizeilichen Opferschutzes der Kreispolizeibehörde Rhein-Erft-Kreis waren hierbei eingebunden. Durch den Wohnparkbetreiber wurden hierfür gesonderte Räumlichkeiten bereitgestellt. Am Abend des 30.03.2016 bot zudem der rumänische Generalkonsul an, die Betreuung von betroffenen Angehörigen zu unterstützen. Er wurde insoweit umfassend informiert. Noch am 29.03.2016 begannen Sachverständige des Landeskriminal-amts Nordrhein- Westfalen mit ihren Untersuchungen der Stromanlage. Ab 18.00 Uhr wurde die Wohnanlage nach und nach - mit Ausnahme des unmittelbaren Ermittlungsbereichs - wieder an den Stromkreis ge-schlossen. Die Leichen wurden gegen 16.25 Uhr dem Institut für Rechtsmedizin Köln zugeführt, wo sie auf Anordnung der Staatsanwaltschaft am 30.03.2016 obduziert wurden. Nachdem das Todesermittlungsverfahren zunächst durch das Kriminalkommissariat 11 der Kreispolizeibehörde Rhein-Erft-Kreis - in enger Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Köln - geführt wurde, erfolgte am 30.03.2016 die Übernahme der Ermittlungen durch das Polizeipräsidium Köln (Ermittlungsgruppe „Pool“). Am 09.04.2016 fand in Bergheim ein Trauerzug statt, an dem ca. 100 Personen teilnahmen. 2. Warum ist es so schwer, die Todesursache der drei Rumänen festzustellen? (Kann ein Gewaltverbrechen ausgeschlossen werden?) Die Obduktionen erbrachten keine Hinweise auf eine äußere mechani-sche Gewalteinwirkung. Vielmehr ergaben sich Befunde, die mit einem Ertrinkungstod vereinbar sind. Nicht geklärt ist bislang die Ursache für das Ertrinken. Da dieses auf zahlreichen Ursachen beruhen kann, sind umfangreiche Ermittlungen erforderlich, zu denen die weitere Überprüfung der Stromanlage des Schwimmbads und chemisch-toxikologische Untersuchungen gehören, die noch andauern. Da die zwischenzeitlich durchgeführten Zeugenvernehmungen zudem Zweifel an der Schwimmfähigkeit der Verstorbenen aufkommen ließen, wurde ein Sachverständigengutachten zu den Strömungsverhältnissen des Schwimmbeckens in Auftrag LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11955 3 gegeben. Mit diesem soll die Frage beantwortet werden, ob ein lebloser Körper durch die Strömung im Becken vom Nichtschwimmer- in den Schwimmerbereich gelangen kann. Anhaltspunkte für ein Gewaltverbrechen liegen nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen nicht vor. 3. Bezug nehmend auf Medienberichte wonach im Wohnpark Bewohner nicht dort leben, wo sie gemeldet sind und sich auch viele illegale Personen dort aufhalten sollen: Wie sind die tatsächlichen Wohnverhältnisse in der Wohnanlage? (Bitte konkret angeben, welche Erkenntnisse vorliegen und was gegen die Illegalität und die falschen Meldeadressen unternommen wird.) In der Wohnanlage „Im Wohnpark“ in Bergheim-Ahe ist eine hohe Zahl rumänischer Staatsangehöriger wohnhaft. Vereinzelt wurden und wer-den bei polizeilichen Maßnahmen auch dort nicht gemeldete Personen angetroffen oder festgestellt, dass dort gemeldete Personen unbekannt verzogen sind. In diesen Fällen wird die örtlich und sachlich zuständige Stadt Bergheim informiert. Durch die Polizei werden in diesen Fällen keine Verfahren wegen Verdachtes des illegalen Aufenthaltes eingeleitet, da rumänische Staatsbürger gemäß Art. 21 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union genießen. Die Wohnanlage „Im Wohnpark“ in Bergheim-Ahe wird zudem durch den ordnungsbehördlichen Außendienst sechsmal wöchentlich bestreift und es werden fast täglich Meldeermittlungen durchgeführt. So wurden in den letzten 15 Monaten 177 Abmeldungen von Amts wegen vorgenommen, weil dort vorgeblich gemeldete Personen nicht ermittelt werden konnten. 4. Wann werden die Ermittlungen voraussichtlich abgeschlossen sein? Den Zeitpunkt für den Abschluss der Ermittlungen vermag der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln insbesondere mit Blick auf die zu erstellenden Gutachten und etwaig erforderliche Anschlussermittlungen nicht abzuschätzen. 5. Wie werden die Angehörigen und die Bewohner des Wohnparks nach diesem schlimmen Vorfall betreut? Eine Betreuung der Angehörigen erfolgte durch Notfallseelsorger sowie speziell ausgebildete Kräfte des polizeilichen Opferschutzes. Siehe hierzu auch Antwort zur Frage 1. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11955