LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/11968 11.05.2016 Datum des Originals: 10.05.2016/Ausgegeben: 17.05.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4647 vom 6. April 2016 der Abgeordneten Yvonne Gebauer und Dirk Wedel FDP Drucksache 16/11654 Sollen Schulen Flüchtlingskinder nach Willen der Schulverwaltung nun im „Schichtbetrieb“ unterrichten? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In Ratingen hat sich ein Schulleiter eines Gymnasiums auf Basis vorliegender Informationen völlig zu Recht über das Vorgehen der Schulverwaltung beschwert. Per Mail war der Schulleiter von der Kreisschulrätin „gebeten" worden, eine zweite Seiteneinsteigerklasse an seiner Schule einzurichten. In seiner Antwort hat der Schulleiter laut eigener Ausführungen auf bereits seit November 2015 26 beschulte Kinder, auf Probleme bei den räumlichen Kapazitäten sowie auf eine Zuständigkeit der Bezirksregierung hingewiesen. In der Erwiderung erklärte die Kreisschulrätin dem Schulleiter laut vorliegenden Ausführungen demnach wörtlich, zwecks Einrichtung dieser Gruppe solle „im Schichtbetrieb“ unterrichtet werden. Der Schulleiter spricht in diesem Zusammenhang durchaus nachvollziehbar davon, „wie zynisch hier von offizieller Seite im Kontext dieses hochprekären Themas Unterrichtsversorgung von Flüchtlingskindern kommuniziert“ werde. Nachvollziehbar beklagt der Schulleiter hierbei „pädagogische Verantwortungslosigkeit“, „unterrichtsorganisatorische Ignoranz“ und „subtile Vorstellungen“. Ebenfalls wird beklagt, dass Schulleitungen nicht frühzeitiger befragt bzw. eingebunden würden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11968 2 Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 4647 mit Schreiben vom 10. Mai 2016 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Was genau ist organisatorisch unter einem „Schichtbetrieb“ bei der Unterrichtung von Flüchtlingskindern zu verstehen, die hier von dem Schulministerium nachgeordneten Behörden von Schulen eingefordert wird? Der Begriff „Schichtbetrieb“ ist im Schulrecht des Landes Nordrhein-Westfalen nicht belegt und daher auch nicht definiert. Er suggeriert einen Schulunterricht der Klassen oder Gruppen von Schülerinnen und Schülern zu unterschiedlichen Zeiträumen bzw. –intervallen. 2. Kann die Landesregierung nachvollziehen, dass solche Aufforderungen von dem Schulministerium nachgeordneten Behördenvertretern an Schulen als „pädagogische Verantwortungslosigkeit“ und „unterrichtsorganisatorische Ignoranz“ gewertet werden (wenn nein, warum nicht)? Das Schulministerium hat Anfragen zu Unterricht im „Schichtbetrieb“ stets mit dem Hinweis beantwortet, dass ein solcher Unterricht nach geltender Rechtslage nicht zulässig ist. Nur, wenn der Anspruch auf das Recht auf Bildung nicht anders realisiert werden kann, kommt eine eng befristete Ausnahmeregelung in Betracht. Im vorliegenden Fall hat die zuständige Bezirksregierung mitgeteilt, dass hier aufgrund von Kommunikationsproblemen Missverständnisse entstanden waren, die jedoch schon länger ausgeräumt sind. 3. Wie stellt sich die jeweilige Zuständigkeit zwischen dem Ministerium nachgeordneten Behörden und den kommunalen Entscheidungsträgern bei der Zuweisung von Flüchtlingskindern an weiterführende Schulen dar? Nach dem RdErl. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung v. 21.12.2009 (ABl. NRW. 02/10 S. 93) „Unterricht für Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte, insbesondere im Bereich der Sprachen“ trifft die Entscheidung über die Zuweisung von schulpflichtigen Schülerinnen und Schülern mit Zuwanderungsgeschichte in eine Vorbereitungsklasse die Schulaufsichtsbehörde auf Vorschlag der Schulleiterin oder des Schuleiters und nach Beratung der Eltern. Die kommunalen Integrationszentren wirken dabei mit. 4. Warum gelingt es der Landesregierung offensichtlich nach wie vor nicht, die Koordination zwischen den verschiedenen beteiligten Institutionen bei der Verteilung von Flüchtlingskindern an weiterführende Schulen so auszugestalten, so dass die Möglichkeiten der Schulen frühzeitig und ausreichend berücksichtigt werden? Kinder und Jugendliche unterliegen der Schulpflicht, sobald sie einer Kommune zugewiesen wurden. In gemeinsamer Verantwortung richten Schulträger und Schulaufsicht an Schulen die notwendigen Schulplätze ein. Prognostisch geschieht dies vor Schuljahresbeginn. Die Kommunalen Integrationszentren sind in diesen Prozess mit eingebunden und können Eltern schulpflichtiger Kinder und Jugendlicher beratend zur Seite stehen. Die Schulaufnahme geschieht durch die jeweilige Schulleitung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/11968 3 Da diese Prozesse und Planungen immer von Prognosedaten abhängen, kann es in Einzelfällen, in denen schulpflichtige Kinder und Jugendliche unterjährig einen Schulplatz benötigen, zu Verzögerungen kommen. Denn die unterschiedlichen örtlichen und regionalen Rahmenbedingungen führen dazu, dass dies – auch mit Blick auf die konkrete Größenordnung der Zuwanderung – nicht überall nach einem identischen Muster erfolgen kann. Mitunter sind daher zeitnahe Entscheidungen erforderlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Zuständigkeit für die Bereitstellung von Gebäuden und Räumen zur Sicherung eines ordnungsgemäßen Unterrichtsbetriebes nach § 79 Schulgesetz Nordrhein-Westfalen ausschließlich bei den Schulträgern liegt. Den Schulträgern stehen je nach Ausgangslage unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/11968