LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12018 17.05.2016 Datum des Originals: 13.05.2016/Ausgegeben: 20.05.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4659 vom 7. April 2016 des Abgeordneten Matthias Kerkhoff CDU Drucksache 16/11679 Ausstattung von Vertretungspools – Ist die „Eiserne Reserve“ an Lehrern ist aufgebraucht ? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Hochsauerlandkreis herrscht in den letzten Wochen erheblicher personeller Notstand an vielen Schulen. Die Lehrer an den Bildungseinrichtungen befinden sich am Limit ihrer Leistungsfähigkeit , denn viele ihrer Kollegen sind langzeiterkrankt, gehen in den Mutterschutz oder sind von akuten Krankheitswellen erfasst. Folglich müssen die Lehrerinnen und Lehrer täglich improvisieren, um den Schülern überhaupt eine Chance auf Unterricht zu gewährleisten. Der Vertretungspool, eine eiserne Reserve für Schulen um Lehrer zu ersetzen, ist insbesondere im Grundschulbereich chronisch überlastet. Für den kompletten Hochsauerlandkreis stehen hier gerade einmal 14 Ersatzgrundschullehrer zur Verfügung. Am Beispiel der Marienschule in Meschede wird die Problematik der Vertretungslücke deutlich. Denn für die Grundschule waren teilweise gerade einmal 40 Prozent der Lehrkräfte im Dienst. Demzufolge bleibt den Schulen nichts anderes übrig, als verschiedene Klassen zusammenzulegen oder den Unterricht komplett ausfallen zu lassen. Auf Grund dieser Situation haben betroffene Eltern nun auch eine Unterschriftenaktion gestartet, um auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 4659 mit Schreiben vom 13. Mai 2016 namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12018 2 1. Wie bewertet die Landesregierung die aktuelle Situation der Ausstattung mit den flexiblen Mitteln für den Vertretungsunterricht in der Primarstufe im Hochsauerlandkreis ? 2. Wie hat sich die Auslastung dieser Vertretungspools im HSK seit 2012 entwickelt (bitte neben der Primarstufe auch die Sekundarstufen I und II nach Schulart, Auslastung und Personalentwicklung aufschlüsseln)? 4. Wie ist die Situation der Auslastung beziehungsweise Nutzung der Vertretungspools in den anderen Kreisen des Landes (bitte neben der Primarstufe auch die Sekundarstufen I und II nach Schulart, Auslastung und Personalentwicklung aufschlüsseln )? 5. Wie unterstützt die Landesregierung die betroffenen Schulen bei der Aufrechterhaltung des notwendigen Unterrichts? Die Fragen 1, 2, 4 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Ein vorrangiges Ziel der Landesregierung ist es, Unterrichtsausfall zu verhindern bzw. so gering wie möglich zu halten. Die Vertretungsreserve für die Grundschulen in Höhe von 900 Stellen hat sich dabei als eines von mehreren Instrumenten, welche zur Vermeidung von Unterrichtsausfall an Grundschulen zur Verfügung stehen, aus Sicht der Landesregierung bewährt. Im Rahmen der jährlichen Stellenzuweisungen werden diese Stellen den Bezirksregierungen zugewiesen, die diese wiederum den Schulämtern ihres Bezirkes zur eigenständigen Bewirtschaftung zuweisen. Die Zuweisungen seit 2012 können der Anlage 1 entnommen werden. Historische Daten zur Stellenbesetzung und zur Personalausstattung liegen nicht vor. Die in der Anlage 2 genannte Stellenbesetzung und Personalausstattung stellt insofern den aktuellen Stand (2. Mai 2016) dar. Hierbei ist zu beachten, dass es aufgrund der auch unterjährig stattfindenden Personalfluktuation und der damit verbundenen Verfahren zeitweise zu einer abweichenden Stellenbesetzung und Personalausstattung im Vergleich zur Stellenzuweisung kommen kann. Den Grundschulen stehen über die genannte Vertretungsreserve hinaus insgesamt 1.000 Stellen von den im Haushalt 2016 veranschlagten zusätzlichen 4.000 Stellen gegen Unterrichtsausfall , für Vertretungsaufgaben und für besondere Förderaufgaben zur Verfügung. Mit diesen Stellen erhalten die Schulen zusätzliches Potenzial, um ihre schulinternen Vertretungskonzepte zu optimieren und damit den vorgesehenen Unterricht sowie differenzierte Förderangebote zu realisieren. Den Grundschulen des Hochsauerlandkreises wurden hieraus 12,20 Stellen von der Schulaufsicht zugewiesen. Im Haushalt 2016 stehen zudem mehr als 53 Mio. € Flexible Mittel für den Vertretungsunterricht zur Verfügung, an denen auch die Grundschulen in nennenswertem Umfang partizipieren. Im Rahmen eines bedarfsgerechten, schuljahresbezogenen Mittelabflusses wurden mit Erlass vom 06. Januar 2016 den Bezirksregierungen davon in einer ersten Rate 33 Mio. EUR für das laufende Schuljahr 2015/2016 zugewiesen. Hiervon sind (Stand: 25. April 2016) rund 19 Mio. EUR verbraucht bzw. gebunden. Für das Schuljahr 2016/2017 wird eine zweite Zuweisung noch vor den Sommerferien folgen. Dieses gestufte Verfahren der sukzessiven Zuweisung unterstützt einen bedarfsgerechten Mittelabfluss in allen Regierungsbezirken gleichermaßen. Die Bezirksregierungen nehmen eine LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12018 3 eigenständige Mittelbewirtschaftung vor, die die Lage der Schulen vor Ort in den Blick nimmt und so die Unterrichtsversorgung sicherstellt. Ferner besteht die Möglichkeit, freie und besetzbare Lehrerstellen bzw. nicht ausgeschöpfte Besoldungsmittel, z. B. im Falle von Elternzeiten, für die befristete Einstellung von Vertretungslehrkräften zu nutzen. Darüber hinaus können zur Sicherstellung der Unterrichtsversorgung u. a. die nachfolgend genannten personalwirtschaftlichen Instrumente genutzt werden: Versetzungen oder Abordnungen von Lehrkräften unter Nutzung von (schulform-)übergreifenden Stellenüberhängen, Anordnung von Mehrarbeit. Allerdings lassen sich Unterrichtausfälle, etwa bei einer unvorhersehbaren Häufung kurzfristiger Erkrankungen von Lehrkräften, trotz der dargestellten Maßnahmen nicht gänzlich verhindern . 3. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um den erheblichen Personalmangel an den Schulen im Hochsauerlandkreis generell entgegenzuwirken? Im Hochsauerlandkreis kann nicht grundsätzlich von einem Lehrermangel ausgegangen werden . Die regelmäßige Versorgung der Schulen mit Lehrkräften wird zunächst über die Versetzungsverfahren und anschließend über die Einstellungsverfahren sichergestellt. Um Schulen in schwerer zu versorgenden Regionen und Randlagen frühzeitig mit Lehrkräften zu versorgen, wird seit 2009 das sog. vorgezogene Listenverfahren durchgeführt. Bei diesem Listenverfahren werden nach Fächerkombinationen und Ortswünschen zu einem frühen Zeitpunkt Listenangebote an die nach Ordnungsgruppe besten Bewerberinnen und Bewerber vergeben . Dadurch wird eine sehr frühe Zusage der Bewerberinnen und Bewerber und somit eine Sicherstellung der Unterrichtsversorgung für Schulen insbesondere im ländlichen Raum ermöglicht . Des Weiteren hat das Land Nordrhein-Westfalen für nahezu alle Schulformen die Möglichkeit geschaffen, dass Schulen ihre Stellenausschreibungen für den Seiteneinstieg öffnen können. Auf diesem Wege haben Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger die Möglichkeit, eine Beschäftigung im öffentlichen Schuldienst zu erhalten und die Unterrichtsversorgung sicherzustellen . Eine Qualifizierung der im Seiteneinstieg eingestellten Lehrkräfte erfolgt je nach Vorbildung über den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst oder die pädagogische Einführung. Das Ministerium für Schule und Weiterbildung ist regelmäßig auf Jobmessen, z.B. den Unternehmenskontaktmessen Bonding und Konaktiva, und Absolventenkongressen mit Informationsständen vertreten, um Lehrkräfte insbesondere für die sogenannten Mangelfächer zu gewinnen . Weiterhin finden Informations-veranstaltungen an Universitäten mit gewerblich-technischen Fachrichtungen statt, um insbesondere für den Seitenstieg zu werben. Mit diesen Werbemaßnahmen werden Lehrkräfte für alle Regionen in Nordrhein-Westfalen – auch für den Hochsauerlandkreis – akquiriert. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12018