LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12059 23.05.2016 Datum des Originals: 20.05.2016/Ausgegeben: 27.05.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4705 vom 25. April 2016 des Abgeordneten Marc Lürbke FDP Drucksache 16/11829 Unterbringung von Nordrhein-Westfalens Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in Gammelzimmern - Welche Standards gibt es bei der Unterbringung von Polizeihundertschaften ? Wortlaut der Kleinen Anfrage Am vergangenen Wochenende berichteten mehrere Medien von Problemen bei der Unterbringung von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten aus Nordrhein-Westfalen, die beim Obama- Besuch in Niedersachsen zum Einsatz kommen sollen. Den Berichten zu Folge soll das Land Niedersachsen den Hundertschaften vollkommen verdreckte Zimmer in einer ehemaligen Kaserne in Hameln zur Verfügung gestellt haben. Die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten sollen sich daraufhin geweigert haben, darin zu übernachten . „Fotos, die der Redaktion vorliegen, sollen die unzumutbaren Zustände belegen. Sie zeigen undefinierbare Flecken auf zwei Teppichen und auf Bettwäsche. In den Räumen, einer ehemaligen britischen Kaserne, soll es nach Urin und Erbrochenem stinken. Auf den Betten hätten die Polizisten Blutflecken entdeckt, die Böden seien unzumutbar schmutzig gewesen, berichtet die Zeitung.“ (vgl. http://www.welt.de/politik/deutschland/ article154679554/Polizisten -verweigern-Unterbringung-in-Gammel- Zimmern.html? wtrid=socialmedia .socialflow ....socialflow_facebook). Im Mindener Tageblatt heißt es ergänzend dazu: „Nach einem kurzen ersten Blick in die Zimmer war schnell klar, dass die Zimmer für eine Unterbringung von Polizeikräften nicht tragbar sind", schreiben die jungen Polizeigewerkschafter auch auf ihrer Homepage. Neben Erbrochenem und Fäkalien auf dem Boden und an den Wänden seien die Matratzen, Kissen, Bettdecken und deren Bezüge voller Haare, Blut und Flecken gewesen. […] Mit dem Betreiber der Einrichtung wurde deshalb die Instandsetzung der Zimmer vereinbart. Dabei stellte sich heraus , dass nicht alle Mängel mit einfachen Mitteln zu beseitigen waren. Für die letzte Nacht sei LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12059 2 deshalb eine andere Unterkunft gesucht worden, so die Polizei gegenüber der Neuen Westfälischen . (http://www.mt.de/lokales/regionales/20774412_Polizisten-aus-NRW-bemaengelndreckige -Unterkuenfte-bei-Obama-Einsatz.html) In der Hamelner Kaserne seien für den Einsatz während des Obama-Besuchs etwa 1.000 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte untergebracht. 360 stammen davon aus Nordrhein- Westfalen. Sie sollen dem Welt-Bericht zufolge eine „[…] eine komplette Reinigung der Räumlichkeiten gefordert haben. Andernfalls wollten sie offiziell Widerspruch einlegen.“ (vgl. Welt- Artikel). Hamelns Landrat Tjark Bartels (SPD) bat die jungen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten zwar um Verzeihung, erklärte aber laut ndr.de, „Allerdings müsse die Kirche im Dorf bleiben. […] Die Darstellung und Wortwahl einiger Polizisten sei dazu geeignet, ein vollkommen verzerrtes und falsches Bild zu erzeugen, so Bartels am Sonntag.“ (vgl. ndr.de-Artikel). Die Junge Polizei fordert bei Facebook derweil per Petition den Rücktritt des SPD-Landrats. Dort heißt es in einem Post: „Wie fordern den Rücktritt des Landrat von Hameln-Pyrmont. Als Reaktion auf die unsäglichen Aussagen von Landrat Tjark Bartels (SPD), welcher die Situation der Einsatzkräfte in der verschmutzten Linsingen-Kaserne als überzogen bezeichnete, fordern wir den Rücktritt des Politikers aus seinem Amt. Wer die Menschenwürde von Beamten mit Füßen tritt und keinerlei Verständnis für menschliche Bedürfnisse aufbringen kann muss aus dem Amt ausscheiden. So etwas kann und darf nicht geduldet werden. Auch die aktuellen Aussagen in der Presse sind ein Hohn und ein Schlag ins Gesicht für alle Beamten vor Ort. Durch eingesetzte Beamte wird uns heute bestätigt, dass Bilder und Aussagen vorliegen, welche ein weitaus größeres Ausmaß an Verschmutzungen dokumentieren als in den Medien dargestellt wird. Zudem wurde die Unterkunft durch die Gewerkschaften sowie durch Vorgesetzte der Beamten als unbewohnbar eingestuft! Auch wir haben mittlerweile eine Fülle an Bildern, welche die Verschmutzungen dokumentieren. Unterschreibt und teilt die Petition. Wir werden diese dann an das zuständige Landratsamt übergeben.“ (vgl. https://www.facebook .com/bepo.deutschland/?fref=ts). Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4705 mit Schreiben vom 20. Mai 2016 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche Standards und Vorgaben gibt es bei der Unterbringung von Bereitschaftspolizeihundertschaften bei planbaren Einsätzen allgemein? Die Unterbringung von Bereitschaftspolizeihundertschaften richtet sich nach einer bundesweit vereinbarten Rahmenvorgabe, dem "Leitfaden 150 - Versorgung der Polizei im Einsatz". Darin sind die räumlichen Mindestanforderungen beschrieben, wie z. B. Mindestgröße, Mobiliar , Belüftung, Beheizung und Sanitärräume. Der Leitfaden gibt unter anderem auch vor, dass Unterkünfte vor einer Nutzung zu reinigen sind. Für alle Räume werden zudem regelmäßige Reinigungsintervalle vorgegeben. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12059 3 2. Welche konkreten Erkenntnisse hat die Landesregierung über Unterbringungen der nordrhein-westfälischen Bereitschaftspolizeihundertschaften außerhalb von NRW seit 2015? Gemäß geltender Erlasslage berichten die Einheiten der Bereitschaftspolizei meinem Ministerium über den Verlauf von Einsätzen zur Unterstützung anderer Länder bzw. des Bundes (jeweils außerhalb Nordrhein-Westfalens) nach Einsatzende. Ziel ist es, die bei länderübergreifenden Unterstützungseinsätzen gewonnenen Erfahrungen zu erheben, ggf. für künftige Einsätze nutzbar zu machen und bei erkannten Schwachstellen Abhilfe zu schaffen. Im Rahmen der Berichtsführung wird regelmäßig auch zum Themenfeld Versorgung Stellung genommen, das unter anderem die Versorgungsfelder Verpflegung und Unterbringung umfasst. Darüber hinaus sind die Einheiten der Bereitschaftspolizei aufgefordert, über besondere Vorkommnisse im Zusammenhang mit Unterstützungseinsätzen - soweit Kräfte NRW betroffen sind - dem Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD NRW) unverzüglich, ggf. fernmündlich voraus, zu berichten. Das LZPD NRW informiert das MIK NRW. Im Zeitraum 01.01.2015 bis 06.05.2016 wurden durch die eingesetzten Einheiten grundsätzlich keine Mängel im Zusammenhang mit der Unterbringung in anderen Ländern berichtet. Die Unterbringung erfolgte mindestens nach den bundesweit gültigen Vorgaben des Leitfadens 150. 3. Welche Vorgaben und Verfahrensweisen, insbesondere seit dem Jahr 2015, zur Unterbringung von Bereitschaftspolizeihundertschaften aus anderen Bundesländern gibt es in Nordrhein-Westfalen? Auch in NRW richtet sich die Unterbringung von Bereitschaftspolizeihundertschaften nach dem Leitfaden 150. Sie erfolgt nach Möglichkeit in den Liegenschaften der Bildungszentren des Landesamtes für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW in Brühl, Münster, Neuss, Schloss Holte-Stukenbrock und Selm. Überwiegend erfolgt jedoch eine Unterbringung in Hotels. 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Äußerungen des SPD-Landrates von Hameln , insbesondere vor dem Hintergrund der Rücktrittsforderungen der Jungen Polizei bei Facebook? Der Umgang der Länder untereinander ist durchweg partnerschaftlich. Etwaige Problemfelder bei Unterstützungseinsätzen - sofern sie überhaupt aufgetreten sind - konnten in der Vergangenheit grundsätzlich einvernehmlich und kurzfristig einer Lösung zugeführt werden. Dies war auch bei dem Einsatz zur Unterstützung des Landes Niedersachsen aus Anlass des Besuches des Präsidenten der Vereinigten Staaten in Hannover im Zeitraum 24.04. bis 25.04.2016 der Fall, bei dem die vorgesehene Unterkunft in Hameln unstreitig nicht den Vorgaben des Leitfadens 150 entsprach. Vor diesem Hintergrund besteht aus hiesiger Sicht kein weiterer Handlungsbedarf. Die Forderungen der "Jungen Polizei" bei Facebook sind Aktivitäten und persönliche Erklärungen Einzelner bzw. einer Gruppe, die die Landesregierung zur Kenntnis nimmt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12059 4 5. Welche Rechte und Möglichkeiten haben Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte aus Hundertschaften, wenn sie wie in Hameln in verschmutzen Einrichtungen untergebracht werden? Grundsätzlich werden Unterkünfte rechtzeitig vor Bezug durch Beauftragte der unterzubringenden Kräfte besichtigt. Trotzdem können in Einzelfällen Verschmutzungen übersehen werden oder erst nach Bezug auftreten. Die eingesetzten Polizeibeamtinnen und -beamten der nordrhein-westfälischen Bereitschaftspolizei können sich zunächst über ihren Vorgesetzten an ihren nordrhein-westfälischen Einheitsführer (Abteilungsführer, Hundertschaftsführer oder Führer einer Technischen Einsatzeinheit ) wenden. Dieser ist verantwortlicher Ansprechpartner zu dem jeweils einsatzführenden Land und vertritt das Land Nordrhein-Westfalen vor Ort. Sofern ein bedeutsamer Mangel objektiv besteht, hat er die Aufgabe, eine Beseitigung zu verlangen bzw. eine andere Unterbringung zu erbitten. Sollte auf diesem Weg keine Problemlösung erreicht werden können, kann er sich an das LZPD NRW oder an das MIK NRW wenden. Von dort erfolgt eine unmittelbare Kontaktaufnahme mit der einsatzführenden Polizeibehörde oder dem zuständigen Innenministerium. Sofern auch auf diesem Weg keine nachhaltige Problembeseitigung erzielt werden kann, werden die nordrhein-westfälischen Einsatzkräfte aus dem Einsatz zurückgezogen. Wie bereits dargestellt, pflegen die Länder und der Bund jedoch einen partnerschaftlichen Umgang. Die erfolgte Problemlösung durch das Land Niedersachsen zeugt von dieser Grundhaltung . Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12059