LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12102 31.05.2016 Datum des Originals: 31.05.2016/Ausgegeben: 03.06.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4710 vom 25. April 2016 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/11837 Was wurde aus der Ankündigung des Innenministers „NRW nimmt vorerst keine Marokkaner mehr auf“? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Vorlage des Innenministeriums vom 17. Februar 2016 – Vorlage 16/3696 - wurde in Bezug auf die Bearbeitungszuständigkeit von Herkunftsländern dargelegt, dass Asylsuchende aus Algerien neben Nordrhein-Westfalen auch noch in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hessen liege, die Zuständigkeit für Marokko in Niedersachsen, Sachsen und Nordrhein- Westfalen liege. Angesichts der Vorfälle an Silvester erklärte dann das Ministerium in der entsprechenden Vorlage , dass die Landesregierung sich auf Bundesebene für eine Verteilung von Asylbewerbern aus Algerien und Marokko auf alle Bundesländer eingesetzt habe und mit dem BMI vereinbarte , dass Nordrhein-Westfalen für die Zuweisung von Marokkanern künftig gesperrt sei. Die Zuweisung erfolge vorerst in andere Bundesländer, die entsprechende Spezialzuständigkeiten vorhalten. Lediglich die „Altfälle“ würden weiter prioritär in den NRW-Außenstellen abgearbeitet . Gegenüber der Presse erklärte der Innenminister bereits am 16.02.2016, dass Nordrhein- Westfalen ab sofort keine Asylbewerber aus Marokko mehr aufnehme. Diese Vereinbarung habe das Land mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge getroffen, sagte der Innenminister Ralf Jäger am Dienstag, 16.02.2016, in Düsseldorf. Gleichzeitig erklärte der Minister, dass die Verfahren für nordafrikanische Flüchtlingen beschleunigt werden sollen, u.a. indem sie sollen in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes bleiben, bis über ihren Antrag entschieden ist. Laut der aktuellen Vorlage des Innenministers zum Planungsstand bezüglich neuer Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber und aktuelle Situation in den Einrichtungen von 20, April LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12102 2 2016, wird hingegen dargelegt, dass auch im März über die sog. EASY-Buchungen – Zuweisungen durch die EASY-Verteilung – 3,30 Prozent bzw. 146 Asylsuchende aus Marokko sowie 2,13% der Asylsuchenden aus Algerien Nordrhein-Westfalen zur Bearbeitung zugewiesen wurde. In der Antwort auf die kleine Anfrage 16/11573 erklärt das Innenministerium, dass der sog. Aktionsplan für ein beschleunigtes Verfahrens jedoch nur auf Asylsuchende vom Westbalkan angewandt wird. Asylsuchende aus diesen Staaten verbleiben dabei die gesamte Verfahrensdauer in Landeseinrichtungen und werden notfalls auch direkt aus diesen zurückgeführt. Perspektivisch solle das Verfahren auch auf den überwiegenden Teil der Folgeantragsteller erstreckt werden. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4710 mit Schreiben vom 31. Mai 2016 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Werden Nordrhein-Westfalen seit dem 16. Februar Asylsuchende aus Algerien und Marokko Nordrhein-Westfalen nicht mehr zugewiesen - wie am 16.02.2016 angekündigt wurde? Auf Initiative von NRW gab es am 11.02.2016 durch das Bundesministerium des Innern eine verbindliche Zusage, dass NRW bis auf weiteres über das EASY-Verteilsystem für Asylantragsteller keine Personen aus den Herkunftsländern Marokko und Algerien zugewiesen bekommt. Die Leitungsebene des Bundesministeriums hat auch seine Zustimmung erteilt, dass diese Zusage im parlamentarischen Raum (Bericht vom 17.02.2016 an den Innenausschuss, Vorlage 16/3696) kommuniziert wird. Die Umsetzung der Zusage bedurfte der administrativen Umsetzung in Form einer Neuregelung der Verteilung der Asylantragsteller aus den Herkunftsländern Marokko und Algerien. Hierzu hat der Bund verschiedene Gespräche mit anderen Bundesländern bezüglich deren Bereitschaft zur Aufnahme von Asylantragstellern aus Marokko und Algerien geführt. Nach Abschluss dieser Gespräche sieht der Bund nunmehr als einzige realistische Verfahrensweise , dass Asylantragsteller aus Marokko und Algerien zukünftig auf alle Bundesländer verteilt werden. Eine entsprechende Mitteilung an die Länder ist inzwischen im Rahmen einer Bund-Länder-Besprechung erfolgt. Wenngleich der Bund damit seine Zusage nicht erfüllen kann, würde diese Lösung für NRW eine signifikante Entlastung bedeuten. NRW hatte in der Vergangenheit teilweise mehr als 80% der Asylantragsteller aus Marokko und 60 % der Asylbewerber aus Algerien aufnehmen müssen. Derzeit ist nur noch eine geringe Anzahl von Zugängen aus Marokko und Algerien nach NRW zu verzeichnen. Im April 2016 kamen 113 marokkanische und 75 algerische Asylbewerber nach NRW (zum Vergleich im Januar 2016: 1.363 Marokkaner und 698 Algerier). 2. In wie vielen Fällen fand eine EASY-Zuweisung von Asylsuchenden aus Algerien bzw. Marokko nach Nordrhein-Westfalen nach dem 16.02.2016 statt? Seit dem 16.02.2016 bis zum 16.05.2016 wurden 280 Fälle mit der Nationalität Algerien und 407 Fälle mit der Nationalität Marokko per EASY-Zuweisung für Nordrhein-Westfalen generiert . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12102 3 3. Auf welche konkrete Weise wurde die Ankündigung des Innenministers vom 16.02.2016, dass die Verfahren für nordafrikanische Flüchtlingen beschleunigt werden sollen, u.a. indem sie sollen in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes bleiben, bis über ihren Antrag entschieden ist, in Nordrhein-Westfalen umgesetzt? Alle nordafrikanischen Flüchtlinge verbleiben bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag in den Landeseinrichtungen. Entsprechend der geltenden Vorschriften werden nach Vorliegen der Entscheidungen über die Asylanträge kurzfristig Maßnahmen insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Rückführung in die Herkunftsländer bzw. Drittstaaten geprüft. Sofern keine kurzfristige Rückführungsmöglichkeit besteht, erfolgt eine Zuweisung in die Kommunen. Nach § 49 Absatz 1 Asylgesetz ist die Verpflichtung, in Aufnahmeeinrichtungen zu wohnen, zu beenden , wenn eine Abschiebungsandrohung vollziehbar und die Abschiebung kurzfristig nicht möglich ist. Am 12.04.2016 wurde eine Schwerpunktaktion durchgeführt, bei der 468 Asylbewerber aus den nordafrikanischen Staaten dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aus den Landeseinrichtungen heraus zur Asylantragstellung zugeführt worden sind. Dabei handelte es sich auch um Personen, die bisher der Ladung des Bundesamtes zur Asylantragstellung nicht gefolgt sind und so bereits den Beginn des Asylverfahrens verhindert haben. Weitere 17 Personen wollten keinen Asylantrag stellen. Gegen diese wurde ein Strafverfahren wegen des Verdachts des illegalen Aufenthalts eingeleitet. Den von dieser Aktion nicht betroffenen und neu ankommenden nordafrikanischen Flüchtlingen in den Landeseinrichtungen wurde und wird zeitnah die Möglichkeit einer Asylantragstellung in einer der Ankunftszentren des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge eingeräumt. Für die Durchführung der Asylverfahren ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge allein zuständig. 4. Wie viele nordafrikanische Asylbewerber, die den Kommunen zugewiesen wurden , sind aktuell weder biometrisch erfasst noch haben einen Asylantrag beim BAMF gestellt? Zu der Fragestellung, wie viele der bereits zugewiesenen Asylbewerber gegenwärtig noch keinen Asylantrag beim BAMF gestellt haben, kann die Landesregierung keine Aussage treffen. Derzeit erfolgt die Antragstellung von Flüchtlingen, die bereits den Kommunen zugewiesen wurden, allein nach Ladung durch das Bundesamt. Die Landesregierung hat keine Kenntnis wie viele Ladungen und Antragstellungen von nordafrikanischen Flüchtlingen beim BAMF bereits erfolgt sind. Durch das Land erfolgt zudem keine biometrische Erfassung von Flüchtlingen. In den Erstaufnahmeeinrichtungen und Registrierhallen des Landes NRW wird nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften ausschließlich eine erkennungsdienstliche Erfassung, sog. ED-Behandlung, vorgenommen. Da ED-Behandlungen auch im Rahmen der Antragstellung beim Bundesamt erfolgen, ist aus dem bereits angegeben Grund auch in diesem Punkt keine Beantwortung der Frage möglich. 5. Wie bewertet die Landesregierung das Problem, dem BAMF ladungsfähige Adressen von Asylsuchenden, die bereits den Kommunen zugewiesen wurden, mitzuteilen , um eine Registrierung und Asylantragstellung beim BAMF sicherzustellen? Derzeit erfolgt die Ladung von Asylsuchenden, die bereits den Kommunen zugewiesen sind, zur Antragstellung nach Absprache zwischen den Außenstellen des Bundesamtes und den LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12102 4 einzelnen Kommunen. Die Kommunen stellen dem BAMF entsprechend der gemeldeten Bearbeitungskapazitäten ladungsfähige Adressen zur Verfügung. Zukünftig soll die effektive Auslastung der Bearbeitungskapazitäten des BAMF durch das landesweite Zuführungskonzept sichergestellt werden. Die Landesregierung verfolgt das Ziel alle Flüchtlinge, die bereits den Kommunen zugewiesen wurden, schnellstmöglich in das Asylverfahren zu bringen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12102