LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12144 01.06.2016 Datum des Originals: 01.06.2016/Ausgegeben: 06.06.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4721 vom 28. April 2016 der Abgeordneten Henning Höne und Ingola Schmitz FDP Drucksache 16/11852 Wie wird der Bedarf an Gartenbau-Fachlehrern gesichert? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau sorgt sich um die Sicherung des benötigten Lehrkräftebedarfs an Berufskollegs. Laut vorliegender Informationen gibt es in diesem Bereich „stabil hohe Auszubildendenzahlen“. Gegenwärtig gebe es demnach einen Bedarf von jährlich 7-10 Lehrkräften, welcher auf absehbare Zeit jedoch nicht erreicht werde. Die Sicherung des Lehrkräftebedarfs mit einer vorherigen hochschulischen Ausbildung ist selbstverständlich eine wichtige Aufgabe. Gegenwärtig sind laut Aussagen des Verbands zwei Wege für eine entsprechende Ausbildung möglich: Den ersten Weg einer solchen Ausbildung stelle ein Master of Education mit anschließendem Referendariat dar, wobei eine solche Ausbildung gegenwärtig nur an der Technischen Universität in Berlin erfolge und von den jährlich vier bis fünf Absolventinnen und Absolventen laut Verband niemand nach Nordrhein- Westfalen gewechselt sei. Entsprechende Bemühungen anderer Universitäten um eine solche Ausbildung stünden erst am Anfang bzw. dürften sich sehr zeitversetzt auswirken. Alternativ könne man aktuell auch den Weg über den Seiteneinstieg mit universitärer Vorbildung und mehrjähriger Berufserfahrung wählen. Dies habe zuletzt jedoch nicht zu einem Erfolg, also der Einstellung einer entsprechenden Fachkraft, geführt. Der Verband schlägt nun zwei Strategien vor, um mittelfristig den benötigten Lehrkräftebedarf in diesem Bereich zu sichern. Dies wäre erstens die Öffnung der Ordnung zur berufsbegleitenden Ausbildung von Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern und der Staatsprüfung (OBAS) für einen Master of Science mit Hochschulabschluss. Hier würden sich entsprechende Bewerberinnen oder Bewerber aus unterschiedlichen Hochschulen anbieten. Als zweite Möglichkeit schlägt der Verband eine zum Beispiel auf fünf Jahre befristete Ausnahmeregelung vor, wie es sie in den Bereichen der Elektrotechnik und dem Maschinenbau bereits gibt. Die genannten Maßnahmen könnten aus Sicht des Verbands einen Beitrag dazu leisten, entsprechend qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12144 2 Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 4721 mit Schreiben vom 1. Juni 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und der Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung beantwortet. 1. Welchen Lehrkräftebedarf im genannten Ausbildungsbereich prognostiziert die Landesregierung in den nächsten fünf Jahren? Wegen der vielfältigen Bildungsgänge an den Berufskollegs mit teilweise sehr geringen Zahlen von Schülerinnen und Schülern bzw. Auszubildenden ist eine fachrichtungsspezifische Prognose des Lehrkräftebedarfs für einzelne Fachrichtungen nicht möglich. Dies gilt auch für die Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau. Für die Schulform Berufskolleg kann nur eine zusammenfassende Aussage getroffen werden. So führt die letzte Veröffentlichung mit dem Titel „Prognosen zum Lehrerarbeitsmarkt in Nordrhein-Westfalen – Einstellungschancen für Lehrkräfte bis 2030“ aus: „Für die gewerblich-technischen Fachrichtungen besteht insgesamt ein – gemessen am Angebot – hoher Einstellungsbedarf, der allerdings so stark von konjunkturellen Einflüssen geprägt ist, dass er nicht verlässlich für die einzelnen Fachrichtungen prognostiziert werden kann. Gewerblich-technische Fachrichtungen bieten grundsätzlich gute Berufsaussichten. Auf Grund konjunktureller Schwankungen und struktureller Entwicklungen einzelner Branchen kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass Bewerberinnen und Bewerber mit bestimmten Fachrichtungen in einzelnen Jahren auf ungünstige Bedingungen stoßen und sich auf eine längerfristige Stellensuche einstellen müssen.“ Diese allgemeine Aussage gilt auch für die Bewertung der Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau. 2. Wie stellt sich vor dem Hintergrund der in Frage 1 erfragten Prognose zum zukünftigen Fachkräftebedarf gegenwärtig die absehbare Versorgungssituation mit Studierenden dar? Die Studiengänge, deren Absolventinnen und Absolventen befähigt sind, an den Berufskollegs den Lehrkräftebedarf für die Ausbildung im Bereich des Garten- und Landschaftsbaus zu decken, sind der Studienfachgruppe "Agrarwissenschaft" zuzuordnen. An den Hochschulen Nordrhein-Westfalens gibt es in dieser Studienfachgruppe allein einen einschlägigen konsekutiven Lehramtsstudiengang für das Berufskolleg, und zwar den Studiengang "Agrarwissenschaft" an der Universität Bonn. Für die Jahre 2011 bis 2014 sind die folgenden Daten vorhanden: 2011 2012 2013 2014 Studierende im Bachelorstudium 1 10 20 28 Absolventinnen und Absolventen des Bachelorstudienganges 0 0 0 1 Studierende im Masterstudium 0 0 0 1 Absolventinnen und Absolventen des Masterstudienganges 0 0 0 0 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12144 3 Die Daten verdeutlichen, dass es sich um einen aufwachsenden Bachelorstudiengang mit zunehmenden Studierendenzahlen handelt. Es ist davon auszugehen, dass in ähnlichem Umfang künftig auch die Anzahl der Studierenden sowie die Anzahl der Absolventinnen und Absolventen des Masterstudienganges anwachsen wird. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass sich wegen der Polyvalenz der Bachelorstudiengänge auch Absolventinnen und Absolventen anderer Bachelorstudiengänge in den Masterstudiengang einschreiben können. 3. Wie bewertet die Landesregierung inhaltlich den ersten vom Verband genannten Handlungsvorschlag zur Sicherung des entsprechenden Lehrkräftebedarfs? Nach §§ 10 und 13 des Lehrerausbildungsgesetzes vom 12. Mai 2009 ist ein regelhafter Zugang zum Schuldienst nur auf der Grundlage eines universitären Hochschulabschlusses zugelassen. Das Abstellen auf universitäre Abschlüsse beruht auch auf den Vereinbarungen in der Kultusministerkonferenz zur Lehrerausbildung und zur bundesweiten gegenseitigen Anerkennung von Lehramtsabschlüssen. Absolventinnen und Absolventen anderer Hochschulabschlüsse können – unter Anrechnung bisheriger Leistungen – in vielen Fällen mit vergleichsweise geringem Aufwand die jeweils erforderlichen Hochschulabschlüsse nacherwerben (etwa nach Erwerb eines Masterabschlusses an einer Fachhochschule). Hinzu kommt, dass das Lehrerausbildungsgesetz im Frühjahr 2016 novelliert wurde (Landtagsbeschluss vom 20. April 2016). Die entsprechenden Regelungen wurden in diesem Rahmen nicht in Frage gestellt und im Ergebnis inhaltlich nicht verändert. 4. Wie bewertet die Landesregierung inhaltlich den zweiten vom Verband genannten Handlungsvorschlag zur Sicherung des entsprechenden Lehrkräftebedarfs? Auch in den Bereichen Elektrotechnik und Maschinenbau gibt es keine vom Vorstehenden abweichende Ausnahmeregelung. Soweit sich der Vorschlag des Verbandes auf den speziellen dualen Masterstudiengang an der Bergischen Universität Wuppertal beziehen sollte, kann folgende Bewertung vorgenommen werden: Dieser Studiengang führt Absolventinnen und Absolventen berufsbegleitend neben einer Tätigkeit als Seiteneinsteigerin oder Seiteneinsteiger im Schuldienst zum Erwerb eines Abschlusses als Master of Education in zwei technischen Fachrichtungen (Teilzeitstudium von sechs Semestern). Dabei ist zu beachten, dass eine Universität in Kooperation mit einer Fachhochschule ein solches Studienformat nur dann anbieten wird, Wenn mit einer verlässlichen Anzahl Studierender im Masterstudiengang zu rechnen ist. Dies ist eine Entscheidung der jeweiligen Hochschule, die nach Einschätzung der Landesregierung bei dem in der Kleinen Anfrage genannten Einstellungsbedarf von sieben bis zehn Lehrkräften pro Jahr vermutlich nicht gegeben sein wird. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass künftig grundständig ausgebildete Bewerberinnen und Bewerber für den Schuldienst aus den 2011 an der Universität Bonn eingerichteten Studiengängen zu erwarten sind. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12144 4 5. Erwägt die Landesregierung weitere Maßnahmen, um den entsprechenden Fachlehrerbedarf zu sichern? Zum Schuljahresbeginn 2015/16 und zum neuen Schulhalbjahr sind jeweils vier Lehrkräfte für die Fachrichtung Agrarwissenschaft eingestellt worden. Damit scheint der aktuelle Bedarf der öffentlichen Berufskollegs an Lehrkräften mit der beruflichen Fachrichtung Agrarwissenschaft in diesem Schuljahr gedeckt zu sein. Hinzu kommt, dass in der Lehrereinstellungsdatei zum Einstellungstermin 19. August 2016 noch sechs ausgebildete Lehrkräfte mit der Lehramtsbefähigung für die Schulform Berufskolleg mit der beruflichen Fachrichtung Agrarwissenschaft oder Gartenbauwissenschaften vorhanden sind (Stand: 17.05.2016). Die weitere Entwicklung der Absolventenzahlen – auch aus dem Lehramtsstudiengang der Universität Bonn – bleibt abzuwarten. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12144