LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12175 06.06.2016 Datum des Originals: 06.06.2016/Ausgegeben: 09.06.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4748 vom 3. Mai 2016 der Abgeordneten Petra Vogt CDU Drucksache 16/11947 Entspricht der Ergänzungserlass der Landesregierung zur verbindlichen Einführung von graphikfähigen Taschenrechnern der Realität an den Schulen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Aufgrund von Elternprotesten, die sich gegen die durch das Schulministerium verbindlich gemachte Anschaffung eines grafikfähigen Taschenrechners (GTR) gewandt hatten, veröffentlichte das Ministerium im April 2014 einen Ergänzungserlass, der den Schulen eine gewisse Wahlfreiheit z. B. für Tablets ermöglichen sollte. Der Ergänzungserlass erlaubt die Anwendung von anderen Geräten nur in Kombination mit einem Computer-Algreba-System (CAS-Software). Diese CAS-Software wird allerdings nur von etwa 5 % der Schulen verwendet. Die didaktische Leistungsfähigkeit dieser Software ist dabei gerade für leistungsschwache Schüler noch ungeklärt. Unverständlich ist es deshalb, warum der Erlass nicht GTR-Software auf anderen Geräten erlaubt. Wenn Schulen sich für den Einsatz von z. B. Tablets entscheiden, können die Eltern prinzipiell für die Anschaffung herangezogen werden, in dem Maße nämlich, wie sie auch bei der Anschaffung der TR gefordert wären. Die Prüfungen müssen dann aber auf schuleigenen Geräten erfolgen? Da eine doppelte Ausstattung insgesamt für alle Beteiligten sehr teuer und aufwändig wäre, schaffen also in der Logik des Ergänzungserlasses die Schule allein die Geräte an. ‚Bring Your Own Device‘-Modelle sind durch den Erlass nicht vorgesehen. Der Ergänzungserlass verhindert offensichtlich unter den beschriebenen Voraussetzungen ein zukunftsfähiges Medienkonzept, das Schulen für sich mit entsprechenden Sicherheitskonzepten entwickeln könnten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12175 2 Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 4748 mit Schreiben vom 6. Juni 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Mit Ergänzungserlass vom 10.04.2014 wurde festgelegt, unter welchen Bedingungen Schulen, Weiterbildungs- und Berufskollegs im Mathematikunterricht und in Prüfungen der gymnasialen Oberstufe und des Beruflichen Gymnasiums Computer-Algebra-Systeme (CAS) auf Tablets, Laptops und Computern anstelle von Taschenrechnern nutzen können. Die Fachkonferenz Mathematik entwickelt hierzu ein schulinternes Konzept, welches die Schulleitung prüft und gegebenenfalls mit dem Schulträger abstimmt, bevor es der Schul- bzw. Bildungsgangkonferenz zur Entscheidung vorgelegt wird. Bei Zustimmung der Schul- bzw. Bildungsgangkonferenz zeigt die Schulleitung das Konzept gemäß § 65 Abs. 1 Satz 4 SchulG dem Schulträger und der zuständigen Schulaufsichtsbehörde an. Wenn die im Erlass genannten Bedingungen nicht vollständig im schulinternen Konzept eingehalten werden, ist eine Einzelfallprüfung und Genehmigung durch die zuständige Bezirksregierung angezeigt. Die Vertreterinnen und Vertreter der Fachaufsicht Mathematik bei den Bezirksregierungen stehen den betroffenen Schulen beratend zur Seite. Sie prüfen Konzepte von Schulen hinsichtlich ihrer Konformität zur Erlasslage und sind Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner bei Einzelfallentscheidungen. 1. Warum schränkt der Ergänzungserlass die Benutzung von anderen Geräten auf die Kombination mit der CAS-Software ein? Die erweiterte Funktionalität von Computer-Algebra-Systemen (CAS) besteht insbesondere darin, dass exaktes symbolisches Rechnen möglich ist und mathematische Gleichungen algebraisch gelöst werden können. Durch den Einsatz von CAS anstelle von graphikfähigen Taschenrechnern (GTR) ergeben sich dadurch ein didaktischer Mehrwert und eine Erweiterung der unterrichtlichen Möglichkeiten. Zudem sind aktuelle Geräte aufgrund ihrer leistungsfähigen Hardware in besonderer Weise für die Verwendung von CAS-Software geeignet. Im Zentralabitur Mathematik wird ein spezieller Aufgabensatz für CAS angeboten, der die erweiterte Funktionalität dieser Technologie in den Aufgabenstellungen berücksichtigt. Während die Hersteller der Taschenrechner GTR- und erweiterte CAS-Funktionalitäten mit Blick auf die angebotenen Modelle deutlich abgrenzen, ist im Bereich der softwarebasierten GTR-Anwendungen der Funktionsumfang nicht immer trennscharf zu CAS. Bei der Vielzahl von GTR-Apps gehen die Funktionalitäten teilweise von GTR nach CAS fließend ineinander über. Im Zentralabitur hat die Fachlehrkraft für den zweiten Teil der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Mathematik jedoch den Aufgabensatz für ihren Kurs auszuwählen, welcher der im Unterricht verwendeten Technologie (GTR oder CAS) entspricht. Aus den oben genannten Gründen sieht der Ergänzungserlass daher die Nutzung der CAS- Technologie auf alternativen Geräten wie Tablets, Laptops und Computern vor. Wenn das fachliche Konzept einer Schule den Einsatz von GTR-Software auf alternativen Geräten beinhaltet, ist daher eine Einzelfallprüfung hinsichtlich des Leistungs- und Funktionsumfangs der ausgewählten GTR-Software und eine Genehmigung durch die zuständige Bezirksregierung angezeigt (siehe Vorbemerkung). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12175 3 2. Warum dürfen Prüfungen nicht auf eigenen Geräten erfolgen, wenn der Einsatz durch ein entsprechendes Sicherheitskonzept geregelt ist (ggf. in Absprache mit der Fachaufsicht)? Ein Einsatz von schülereigenen internetfähigen Geräten in Prüfungen ist aufgrund des möglichen Missbrauchs (Täuschungsversuche) durch den Ergänzungserlass vom Grundsatz her nicht vorgesehen. Wenn das Konzept einer Schule jedoch den Einsatz von schülereigenen Geräten ermöglichen möchte, ist daher eine Einzelfallentscheidung durch die zuständige Bezirksregierung angezeigt (siehe Vorbemerkung). Wesentliches Kriterium hierbei ist die Prüfungssicherheit. Hierzu werden auch weitere technische Entwicklungen berücksichtigt, zum Beispiel schulische „Bring-Your-Own-Device“ (BYOD) Konzepte im Kontext einer schulischen IT-Infrastruktur, die eine Möglichkeit zur prüfungssicheren Verwaltung der Geräte beinhaltet (Mobile-Device-Management). 3. Warum wird der Zugriff auf eine Formelsammlung und ein Wörterbuch untersagt? Diese könnte man durch ein Tablet auch einsparen. Prüfungen für Schülerinnen und Schüler bzw. Studierende sind so zu gestalten, dass sie unter fairen und vergleichbaren Bedingungen stattfinden. Im Hinblick auf die vielfältigen Möglichkeiten von aktuellen digitalen Hilfsmitteln sind im Ergänzungserlass Bedingungen formuliert, die vergleichbare Voraussetzungen schaffen und darauf angelegt sind, Täuschungsversuche durch eine Manipulation der Geräte im Vorfeld zu verhindern. Hierzu gehört auch die Maßgabe, dass in Prüfungssituationen ausschließlich Zugriff auf die CAS- Software möglich ist. 4. Wie schätzt die Landesregierung die Vereinbarkeit des Ergänzungserlasses mit einem zukunftsfähigen Medienkonzept von Schulen ein? Der Ergänzungserlass ermöglicht es den Schulen, unter bestimmten Voraussetzungen über den Einsatz von GTR hinausgehende alternative schulinterne Lösungen bereitzustellen. Hierdurch können Impulse ausgehen, das bestehende schulische Medienkonzept zu erweitern und fächerübergreifende Konzepte zum Einsatz von Tablets, Laptops oder Computern im Unterricht zu entwickeln. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12175