LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12193 07.06.2016 Datum des Originals: 07.06.2016/Ausgegeben: 10.06.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4765 vom 11. Mai 2016 der Abgeordneten Holger Ellerbrock und Henning Höne FDP Drucksache 16/11993 Müssen wir mit unpräzisen Anforderungen zur Vollständigkeit von Bauanträgen und langwierigen Prüfvorgängen zu bereits nicht mehr existierenden Sachverhalten in der Bauprüfverordnung leben? – Was unternimmt die Landesregierung, um Baugenehmigungsverfahren zu beschleunigen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nordrhein-Westfalen liegt beim Bau von neuen Wohnungen weit hinter den anderen Flächenländern in Westdeutschland zurück. Dabei drängt die Zeit, um ausreichende Wohnungseinheiten für den nordrhein-westfälischen Wohnungsmarkt zu schaffen. Aktuelle Berechnungen des Bauministeriums NRW und der NRW.Bank prognostizieren eine mittelfristige zusätzliche Wohnungsnachfrage von 200000 Wohnungseinheiten allein durch den zu erwartenden Flüchtlingszuzug in den Jahren 2015 und 2016 sowie nachgelagertem Familiennachzug für das Land Nordrhein-Westfalen. Es müssen demnach alle Prozesse der Planung und des Baus auf den Prüfstand, um schneller und effizienter neue Wohnungen bauen zu können. In einer Stellungnahme der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen zur Anhörung von Sachverständigen des Bauausschusses am 2. Mai 2016 weisen die Experten darauf hin, dass in der Praxis die „Unvollständigkeit“ der Bauanträge zu enormen Verzögerungen bei den Baugenehmigungsverfahren führe. Sie stellen in diesem Zusammenhang die Forderung auf, dass insbesondere die Bauprüfverordnung „klarer“ (Stellungnahme 16/3782) gefasst werden müsse, um so Verfahrensverzögerungen durch Präzisierung der Prüfanforderungen zu reduzieren. Darüber hinaus spricht die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen davon, „dass bei vielen Bauaufsichtsbehörden Sachverhalte geprüft werden, obwohl der Gesetzgeber diese seit Jahren aus dem Prüfkatalog der Bauaufsichtsbehörde genommen hat“ (Stellungnahme 16/3782). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12193 2 Nach Ansicht der Freien Demokraten ist es auch die Aufgabe der Landesregierung darauf zu achten, dass die Bauaufsichtsbehörden in den Kommunen auf neustem Kenntnisstand sind und auch nur diese Sachverhalte prüfen, die einer zwingenden Prüfung, durch den Gesetzgeber festgelegt, bedürfen. Eine Präzisierung dieser Bauprüfverordnung würde verfahrensbeschleunigend wirken. Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 4765 mit Schreiben vom 7. Juni 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesbauordnung enthält Regelungen, die eine zügige Erledigung der Aufgaben der Bauaufsichtsbehörden sicherstellen sollen. Dazu zählt, dass die Bauaufsichtsbehörden ausreichend mit qualifiziertem Personal versehen sein müssen (§ 60 Abs. 3 BauO). Die Aufgaben der Bauaufsichtsbehörden werden aber von den Kommunen und Kreisen als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahrgenommen; sie unterliegen damit der kommunalen Personal- und Organisationshoheit. In Zeiten, in denen die finanzielle Situation der Kommunen und Kreise höchst angespannt ist, ist es kaum möglich, die Einstellung eigentlich notwendiger weiterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu fordern oder gar durchzusetzen. Als 1984 die behördlichen Prüfungen erstmals reduziert wurden, wurde die Bauvorlageberechtigung eingeführt, mit dem Ziel, Bauherrinnen und Bauherren kundige Personen zur Seite zu stellen, die die für eine Prüfung des Bauvorhabens erforderlichen Pläne und Unterlagen vorlegen. Die Bauprüfverordnung ist für diese Bauvorlageberechtigten eine Handlungsanleitung. Sie ist so aufgebaut, dass zunächst die „Standardunterlagen“ aufgezählt werden und sodann die Möglichkeit eingeräumt wird, vom jeweiligen Katalog abzuweichen, wenn es die Besonderheit eines Bauvorhabens erfordert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die BauPrüfVO sich insoweit an Fachleute richtet, deren hohe Qualifikation sogar die Reduzierung behördlicher Prüfungen rechtfertigt. Um die Bearbeitung von Bauanträgen zu beschleunigen, wurden die Bauaufsichtsbehörden verpflichtet, binnen einer Woche die Vollständigkeit der Bauvorlagen zu prüfen. Sie sollen den Bauantrag zurückweisen, wenn die Bauvorlagen unvollständig sind oder erhebliche Mängel aufweisen. Diese Zurückweisung ist ein belastender Verwaltungsakt, vor dessen Erlass dem Antragsteller gemäß § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz Gelegenheit zu geben ist, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, das heißt, ihm wird mitgeteilt, welche Bauvorlagen fehlen oder mangelhaft sind. Einer speziellen Regelung in der Landesbauordnung bedarf es für dieses Vorgehen nicht. Vor diesem Hintergrund beantworte ich die Fragen wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung darüber vor, in wie vielen Fällen innerhalb der letzten fünf Jahren Baugenehmigungen nach Auffassung der Bauaufsichtsbehörden nur unvollständig eingereicht wurden und diese Unvollständigkeit ursächlich für Verfahrensverzögerungen waren? (Bitte differenziert nach Kommunen angeben.) Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12193 3 2. Welche Informationen liegen der Landesregierung über die durchschnittliche Bearbeitungszeit eines Bauantrages in den nordrhein-westfälischen Kommunen vor? (Bitte wenn möglich nach Kommunen, differenziert nach Kreisen und kreisfreien Städten sowie differenziert nach vereinfachten Baugenehmigungsverfahren und Vollverfahren gegliedert angeben.) Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 3. Welche durchschnittliche Bearbeitungszeit beansprucht die Landeshauptstadt Düsseldorf im Vergleich zur Landeshauptstadt Stuttgart in Baden-Württemberg für ein Baugenehmigungsverfahren? (Bitte differenziert nach vereinfachtem Baugenehmigungsverfahren und Vollverfahren angeben.) Die Landesregierung hat keine Kenntnisse über die Verfahrensdauer in Stuttgart. Die Stadt Düsseldorf hat zu den dortigen Bearbeitungszeiten für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 30.04.2016 Folgendes mitgeteilt: „Im vereinfachten Genehmigungsverfahren betrug die Bearbeitungszeit ab Antragseingang im Durchschnitt 172 Tage. Bezogen auf das Normalverfahren schlagen hier 264 Tage ab Antragseingang zu Buche. Dagegen zu setzen ist ein Wert von 86 Tagen Bearbeitungszeit im vereinfachten Genehmigungsverfahren ab Vollständigkeit. Für das Normalverfahren gelten in diesem Zusammenhang 134 Tage ab Vollständigkeit. In dem ausgewerteten Zeitraum waren von 1045 Antragseingängen lediglich 171 Anträge (16,4 %) vollständig. Dies stellt schon eine Verbesserung im Vergleich zu den letzten Jahren dar.“ 4. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass in den Bauaufsichtsbehörden wirklich nur die aktuell gültigen und zwingend notwendigen Sachverhalte der Landesbauordnung geprüft werden? Die Bauprüfverordnung (BauPrüfVO) erfüllt die in der Frage genannte Aufgabe nunmehr seit Jahren, ohne dass der Landesregierung hierzu grundlegende Vorbehalte vorgetragen wurden. Dies gilt auch für die von der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen im Rahmen der Anhörung genannten Regelungen über die einzureichenden Unterlagen. Diese sind so aufgebaut, dass zunächst Bauvorlagen für ein gedachtes „Standard – Bauvorhaben“ aufgezählt werden und sodann eine Ausnahmeregelung getroffen wird, die dazu dient, Antragstellerinnen und Antragstellern das Einreichen von nicht erforderlichen Bauvorlagen und Nachweisen zu ersparen. Gleiches gilt für die Vorschrift, die die Inhalte des Lageplans bestimmt. Die zunächst aufgelisteten Angaben sind im Lageplan nur zu machen, soweit sie erforderlich sind. Auf welche Angaben im Einzelfall verzichtet werden kann, ist für Bauvorlageberechtigte ohne Probleme zu erkennen. Die Regelungen der Bauprüfverordnung sind daher weder unklar noch ungenau gefasst, sie ermöglichen es vielmehr, flexibel auf den jeweiligen Einzelfall zu reagieren und tragen so zur Kostenersparnis und Verfahrensbeschleunigung bei. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12193 4 5. Inwieweit beabsichtigt die Landesregierung konkret die Bauprüfverordnung so zu präzisieren, dass Baugenehmigungsverfahren beschleunigt werden können? Die Landesregierung sieht keinen Regelungsbedarf, steht aber konkreten Regelungsvorschlägen aufgeschlossen gegenüber. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12193