LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12242 13.06.2016 Datum des Originals: 13.06.2016/Ausgegeben: 16.06.l2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4774 vom 11. Mai 2016 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/12002 Aktuelle Steuerschätzung und erhebliche Bundesentlastungen für die nordrhein-westfälischen Kommunen: Höhere Einnahmen für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen Wortlaut der Kleinen Anfrage Der Arbeitskreis „Steuerschätzung“ hat seine Prognosen aktuell nach oben korrigiert. Die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Kommunen werden in den nächsten Jahren weiter wachsen. Auch die Kommunen können sich über höhere Steuereinnahmen freuen als ursprünglich angenommen. Verglichen mit der Steuerschätzung vom November 2015 ergeben sich Mehreinnahmen von 0,7 Milliarden Euro. Das entspricht einem Plus von 0,8 Prozent. Insgesamt werden für die Gemeinden Steuereinnahmen in Höhe von 93,6 Milliarden Euro im Jahr 2016 und 101,2 Milliarden Euro im Jahr 2017 prognostiziert. Im Jahr 2015 lagen die kommunalen Steuereinnahmen bei 92,8 Milliarden Euro. Das Gesamtaufkommen der Gewerbesteuer wird sich 2016 aufgrund von Einmaleffekten gegenüber dem Vorjahr voraussichtlich um 1,7 Prozent – das entspricht 800 Millionen Euro – auf 45 Milliarden Euro verringern. Diesem Rückgang steht ein überproportionaler Anstieg um 10,9 Prozent im Jahr 2017 gegenüber. Parallel dazu werden die Kommunen durch den Bund weiterhin immer stärker entlastet. Nachdem bereits seit dem Jahr 2014 die vollständige Übernahme der Kosten der Grundsicherung durch den Bund übernommen wurde, sind bereits milliardenschwere Hilfen auf dem Weg. Im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen wurde auch beschlossen, dass die zum damaligen Zeitpunkt bereits beschlossene Soforthilfe in Höhe von 1 Mrd. Euro (sogenannte Übergangsmilliarde) für das Jahr 2017 um zusätzliche 1,5 Mrd. Euro (bundesweit) auf dann 2,5 Mrd. Euro (bundesweit) aufgestockt wird. Der Aufstockungsbetrag in Höhe von 1,5 Mrd. Euro im Jahr 2017 wird in Höhe von 500 Mio. Euro über einen höheren Bundesanteil an den Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) sowie zu 1 Mrd. Euro über einen höheren Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer zulasten des Bundes- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12242 2 anteils verteilt. Darüber hinaus hat der Bund die Kommunen im Jahr 2015 bereits um 2 Milliarden Euro bei den Flüchtlingskosten entlastet und beteiligt sich seit diesem Jahr dauerhaft und strukturell an den Kosten der Unterbringung von Asylsuchenden. Für den 31.Mai 2016 sind zudem eine weitere Entlastung der Kommunen von den Flüchtlingskosten sowie eine Beteiligung des Bundes an den Integrationskosten vorgesehen. Außerdem wird die Bundesregierung die zugesagte Entlastung der Kommunen um 5 Milliarden Euro ab dem Jahr 2018 konkretisieren und auf den Weg bringen. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4774 mit Schreiben vom 13. Juni 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. 1. Mit welchen Mehreinnahmen aufgrund der neuen Prognose des Arbeitskreises Steuer-schätzung wird für die nordrhein-westfälischen Kommunen gerechnet? Eine Prognose der Steuerentwicklung für die nordrhein-westfälischen Kommunen stimmen das Ministerium für Inneres und Kommunales und das Finanzministerium unter Beteiligung der Kommunalen Spitzenverbände auf der Basis der Ergebnisse des Arbeitskreises Steuerschätzungen vom Mai 2016 und der Ist-Einnahmeentwicklung gemäß der kommunalen Kassenstatistik für Nordrhein-Westfalen im Vorfeld des nächsten Orientierungsdatenerlasses im Sommer 2016 ab. 2. Welche Entlastungswirkung haben die genannten Bundesmittel (Grundsicherung, Flüchtlingskosten, Finanzhilfen) für die nordrhein-westfälischen Kommunen im Jahr 2015 erbracht? Die Entlastungswirkung der vom Bund zur Verfügung gestellten zusätzlichen Mittel in Höhe von 3,7 Prozentpunkten an der Bundesbeteiligung für Kosten der Unterkunft und Heizung (BBKdU) belief sich im Jahr 2015 in Nordrhein-Westfalen insgesamt auf 144,9 Mio. Euro. Im Hinblick auf die Entlastungswirkung der Aufstockung des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer um bundesweit 500 Mio. Euro im Jahr 2015 wird auf die Antwort der Landesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage 3921 (Drs. 16/10133) verwiesen. Die Ausgaben für die Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel SGB XII können für 2015 noch nicht ermittelt werden. Im Jahr 2014 lagen die Bruttoausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII bei 1,557 Milliarden Euro. Hinsichtlich der Flüchtlingskosten wird auf die Antwort der Landesregierung zu den Fragen 1 und 2 auf die Kleine Anfrage 4321 (Drs. 16/11180) verwiesen. 3. Welche kommunal-individuellen Entlastungswirkungen werden die genannten Bundesmaßnahmen für die nordrhein-westfälischen Kommunen in den kommenden beiden Jahren haben? Welche genauen kommunal-individuellen Entlastungswirkungen die Bundesmaßnahmen für die nordrhein-westfälischen Kommunen in den kommenden beiden Jahren (2016 und 2017) haben werden, kann im Hinblick auf die über die erhöhte Bundesbeteiligung an den Kosten für LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12242 3 Unterkunft und Heizung nach dem SGB II gewährte Entlastung nicht genau beziffert werden. Zwar stehen die Erhöhungsbeträge des Bundes an der Bundesbeteiligung der Kosten der Unterkunft und Heizung für diese beiden Jahre (3,7 Prozentpunkte in 2016 sowie 7,4 Prozentpunkte in 2017) gem. § 46 Abs. 5 SGB II bereits fest, allerdings errechnet sich die Entlastung für die Kommunen erst nach Vorliegen der jeweiligen konkreten Ausgaben an Kosten der Unterkunft und Heizung. Sowohl die noch nicht absehbare Anzahl an Flüchtlingen, die im Rahmen der Asylverfahren anerkannt und damit anspruchsberechtigt werden könnten als auch die aktuellen politischen Diskussionen (Wohnsitzauflage, Komplettübernahme Kosten der Unterkunft und Heizung des Bundes bei Flüchtlingen etc.) können derart signifikante Auswirkungen auf die einzelnen kommunalen Haushalte in Nordrhein-Westfalen haben, dass eine Quantifizierung der konkreten Entlastungswirkung rein spekulativ wäre. Hinsichtlich der Entlastungswirkung durch die Erhöhung des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer um bundesweit 500 Mio. Euro in 2016 und 1,5 Mrd. Euro im Jahr 2017 wird auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3921 (Drs. 16/10133) verwiesen. 4. Welchen konkreten Entlastungsweg, in Bezug auf die im Koalitionsvertrag des Bundes geplante Entlastung der Kommunen um 5 Milliarden Euro, präferiert die Landesregierung? Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass die seitens des Bundes zugesagte Entlastung von mindestens 5 Mrd. Euro jährlich ab 2018 möglichst zielgenau und ohne weitere zeitliche Verzögerung bei Kommunen mit hoher Sozialbelastung ankommt. Mit der Leistungsbeteiligung des Bundes an den Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II existiert ein Finanzierungsweg, der sowohl dem Kriterium der Treffgenauigkeit der Entlastung als auch ihrer Administrierbarkeit Rechnung tragen würde, da in diesem Fall ein bereits vorhandener Transferweg genutzt werden könnte. 5. Vor dem Hintergrund der weiteren Verhandlungen über die Entlastung der Kommunen durch den Bund im Bereich der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen stellt sich auch hier die Frage des Weges der Entlastung. Dabei stellt sich jedoch in Bezug auf die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft, mittlerweile die Frage der Bundesauftragsverwaltung, wenn der Bund mehr als 50% der Finanzierungslast trägt. Gemäß § 46 Absatz SGB II heißt es in Absatz 5 Satz 3: In den Jahren 2015 bis 2016 erhöht der Bund seine Beteiligung an den Leistungen nach Satz 1 um 3,7 Prozentpunkte auf 35,3 vom Hundert im Land Baden -Württemberg, auf 41,3 vom Hundert im Land Rheinland-Pfalz und auf 31,3 vom Hundert in den übrigen Ländern. Im Jahr 2017 erhöht der Bund seine Beteiligung an den Leistungen nach Satz 1 um 7,4 Prozentpunkte auf 39,0 vom Hundert im Land Baden-Württemberg, auf 45,0 vom Hundert im Land Rheinland-Pfalz und auf 35,0 vom Hundert in den übrigen Ländern. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12242 4 Wie bewertet die Landesregierung die höhere Beteiligungsquote an den Kosten der Unterkunft von Baden-Württemberg und Rhein-land-Pfalz durch den Bund, angesichts der Problematik, dass die Möglichkeit der Um-wandlung in Bundesauftragsverwaltung insbesondere durch die erhöhten Beteiligungs-Quoten dieser beiden Länder besteht? Der Bund beteiligt sich nach § 46 SGB II an den Kosten der Unterkunft und Heizung der 53 kommunalen Grundsicherungsträger in Nordrhein-Westfalen. Ursprüngliches Ziel der Beteiligung war es, bundesweit eine finanzielle Entlastung aller Kommunen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro nach Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu erreichen. Seit dem Jahr 2007 bestehen neben einer für die Mehrzahl der Länder geltenden Beteiligungsquote Sonderquoten für die Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Alle 16 Länder stimmten seinerzeit dieser Regelung zu. Die aktuelle Regelung zur Beteiligung des Bundes an den Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II ist das Ergebnis eines umfangreichen Kompromisses im Rahmen der Verhandlungen des Vermittlungsausschusses zur Ermittlung der Regelbedarfe im Jahr 2011. Im Zuge dieser Verhandlungen verpflichtete sich der Bund, die Finanzierung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bis zum Jahr 2014 zunächst schrittweise und ab dem Jahr 2014 vollständig zu übernehmen. Außerdem sagte er zu, das Bildungspaket für die Kommunen zu finanzieren und die Kostenerstattung jährlich anzupassen. Entsprechend dieser Ergebnisse wurden die Regelungen zur Bundesbeteiligung neu gefasst. Für das Jahr 2011 wurden die Beteiligungssätze für Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und die übrigen Länder festgelegt . Dieser Kompromiss sollte auch im Rahmen der aktuellen Diskussion über die Erstattung von flüchtlingsbedingten Mehrkosten nicht in Frage gestellt werden. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12242