LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12275 16.06.2016 Datum des Originals: 16.06.2016/Ausgegeben: 21.06.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4791 vom 12. Mai 2016 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/12046 Offenbarungseid für Stärkungspaktgemeinde Welver - Übernimmt die Bezirksregierung Arnsberg nun die Geschäfte? Am 18. Mai berichtet die Westfalenpost, dass die Stärkungspaktgemeinde Welver personelle Unterstützung durch die Bezirksregierung Arnsberg erhalte. Nach Angaben der Zeitung habe sich die Bezirksregierung Arnsberg als Kommunalaufsicht dazu entschlossen, hochrangige Verwaltungsmitarbeiter nach Welver zu entsenden. Die Gemeinde Welver ist verpflichtendes Mitglied des Stärkungspakts 1. Stufe und erhält jährlich rund 500.000 Euro Konsolidierungshilfe, muss aber im Gegenzug durch geeignete Maßnahmen einen Eigenbeitrag zur Konsolidierung leisten, um das Ziel des ausgeglichenen Haushalts zu erreichen. Durch die aktuelle Personalnot der Kommune, der u.a. auch ein Kämmerer fehlt, droht die Nichterledigung wichtiger Aufgaben. Im letzten Jahr haben fünf Verwaltungsmitarbeiter ihre Stelle in Welver aufgegeben. Zudem habe sich Krankenstand erhöht. Dadurch besteht das Risiko, dass wegen unzureichender Fortschreibung des Haushaltssanierungsplans die weitere Auszahlung der Stärkungspaktmittel bedroht ist. Bereits im März hatte der Personalrat in einem „Brandbrief“ auf die angespannte Personalsituation der Gemeinde hingewiesen. Die Grundbedingungen für ein effektives Arbeiten in der Gemeinde Welver seien nicht mehr gegeben. Ohne kurzfristige Besetzung der freien Stellen und ohne zusätzliches Personal für die Asyl-Sachbearbeitung und für die Vor-Ort-Betreuung der Flüchtlinge in Kooperation mit den Ehrenamtlichen würden sich die Dienstgeschäfte im Rathaus nicht mehr aufrechterhalten lassen. Durch die gestiegene Belastung in allen Bereichen komme es zu zeitlichen Verschiebungen bei der Bewältigung der regulär anfallenden Arbeiten. Mit dem momentan vorhandenen Personal sei es nicht mehr möglich, diese Arbeiten in einer angemessenen Bearbeitungszeit zu leisten. Zudem bleibe immer weniger Zeit, komplexere Verwaltungsvorgänge zu bearbeiten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12275 2 Es sei nicht auszuschließen, dass dies der Qualität bei der Sachbearbeitung des Einzelfalls schade. Der Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg erklärte dazu, dass aufgrund der Zweifel, dass die Gemeinde Welver tatsächlich ihren Haushaltsausgleich im Jahr 2021 ohne Konsolidierungshilfen erreiche werde, man die Gemeinde nun nicht „im Regen stehen lasse“. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4791 mit Schreiben vom 16. Juni 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Seit Oktober 2015 ist die Stelle des Kämmerers in der Gemeinde Welver unbesetzt. Zwei Verfahren zur Wiederbesetzung wurden seitdem in Gang gesetzt, aber ergebnislos abgebrochen. Daneben sind in der Gemeinde, die einen Stamm von etwa 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat, weitere Stellen unbesetzt. Dies gilt unter anderem für die - außer der Stelle des Kämmerers - einzige Stelle im Finanzbereich. Die Personalsituation der Gemeinde führte zur erheblich verspäteten Vorlage verschiedener Berichte und auch des Haushaltssanierungsplans 2016. Um die Frage zu klären, ob die Gemeinde ihre Aufgaben insgesamt noch ordnungsgemäß wahrnimmt, unterrichteten sich die Bezirksregierung Arnsberg und die unmittelbare Aufsicht des Landrats Soest unmittelbar vor Ort. Gestützt auf das Unterrichtungsrecht gemäß § 121 GO NRW und unterstützt von einem externen Sachverständigen führten sie vom 17. bis zum 19. Mai 2016 eine Reihe von strukturierten Interviews mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung. Mit der Gemeinde war dieses Vorgehen der Aufsichtsbehörden abgestimmt; der Ältestenrat der Gemeinde hatte es einstimmig begrüßt. Als Ergebnis der Unterrichtung hielten die Aufsichtsbehörden im Wesentlichen fest, dass eine ordnungsgemäße Wahrnehmung des Tagesgeschäfts zwar weitgehend gewährleistet, eine Interimslösung bis zur Neubesetzung der Stelle des Kämmerers jedoch notwendig ist. Dies Ergebnis wurde dem Rat der Gemeinde in seiner Sitzung am 1. Juni 2016 mitgeteilt. Die anwesenden Ratsmitglieder begrüßten die Handlungsempfehlung der Aufsicht und baten den Bürgermeister um Erarbeitung einer entsprechenden Beschlussvorlage für die nächste ordentliche Ratssitzung am 22.06.2016. 1. Welche konkreten Maßnahmen und Unterstützungsleistungen sind durch die Bezirksregierung Arnsberg in der Gemeinde Welver geplant? 2. Wie verträgt sich die aktuelle Situation der personellen Unterstützung der Gemeinde Welver durch die Bezirksregierung Arnsberg mit den Grundsätzen der kommunalen Selbstverwaltung, insbesondere mit der Personal- und Organisationshoheit von Kommunen, die Geschäfte der Gemeine eigenverantwortlich zu führen? Die Aufsichtsbehörden haben gegenüber der Gemeinde Welver keine Unterstützungsleistungen erbracht, die über die Aufgaben der Aufsicht in diesem konkreten Fall hinausgehen oder das Recht der kommunalen Selbstverwaltung der Gemeinde berühren würden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12275 3 3. Ist die geplante Entsendung von Unterstützungskräften der Bezirksregierung Arnsberg in die Gemeinde Welver allein dem Umstand geschuldet, dass der Stärkungspakt in Welver nicht scheitern darf? Die Aufsichtsbehörden haben weder die Absicht, Unterstützungskräfte in die Gemeinde zu entsenden, noch gibt der Stand der Haushaltskonsolidierung in der Gemeinde Welver dazu Anlass: Die Gemeinde hat in den letzten Jahren eine - in der Sache - erfolgreiche Haushaltskonsolidierung im Rahmen des Stärkungspakts geleistet. Der - formal allerdings verspätet - vorgelegte Haushaltssanierungsplan 2016 wird zurzeit von der Bezirksregierung geprüft. 4. Wie bewertet die Landesregierung allgemein die Personal-Situation vor allem in den kleineren Kommunen im Stärkungspakt, vor dem Hintergrund dass der Städte- und Gemeindebund aktuell von einer Überlastungssituation spricht, in der aber Kommunen kein Geld für zusätzliche Mitarbeiter haben? Generell haben kleinere Kommunen mit entsprechend geringerer Mitarbeiterzahl mehr Schwierigkeiten, ungeplante Personalabgänge zu kompensieren, als dies in größeren Kommunen der Fall ist. Es sind aber keine Anzeichen dafür ersichtlich, dass kleinere Kommunen im Rahmen des Stärkungspakts weniger erfolgreich konsolidieren würden als größere oder gar durch dessen Anforderungen überfordert wären. 5. Zeigt das Beispiel Welver symptomatisch die Folgen der Politik des Stärkungspaktes , dass Kommunen letztlich die kommunale Selbstverwaltung aufgeben? Nein, im Gegenteil: Der Stärkungspakt ermöglicht es den teilnehmenden Kommunen, wieder zu rechtsgültigen Haushalten zu gelangen. Er verbessert damit ihre Handlungsfähigkeit in allen finanziellen Angelegenheiten , leistet einen wesentlichen Beitrag zur kommunalen Finanzautonomie und stärkt die kommunale Selbstverwaltung. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12275