LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12284 17.06.2016 Datum des Originals: 16.06.2016/Ausgegeben: 22.06.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4763 vom 4. Mai 2016 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/11991 Zentralisierung der Aufgaben der Aufenthaltsbeendigung auch in Nordrhein-Westfalen notwendig? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage Nr. 4577 - Rückführung in Nordrhein -Westfalen - Welche Vollzugshindernisse verhindern Rückführungen in Nordrhein-Westfalen ? LT-Drs.16/11535 – wurde erklärt, dass die Gesamtzahl der Ausreisen aus Nordrhein- Westfalen im Jahr 2015 sich nach erfolgter abschließender Auswertung der Daten zur freiwilligen Ausreise wie folgt darstellt: Insgesamt fanden 15.842 Ausreisen von Asylsuchenden im Jahr 2015 statt, davon 4.395 Abschiebungen, 7.814 REAG-GARP geförderte tatsächliche freiwillige Ausreisen und 3.633 sonstige freiwillige Ausreisen. Bundesweit aber hat sich die Anzahl der Abschiebungen im Jahr 2015 im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. In Nordrhein-Westfalen erhöhte sich die Anzahl der Abschiebungen lediglich um 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, während sich in Bayern die Abschiebezahlen im Vergleich zum Vorjahr fast vervierfachten, in Hessen verdreifacht haben. In zwölf der 16 Bundesländer konnte im Vergleich zu NRW eine prozentual höhere Anzahl an Abschiebungen im Vergleich zum Vorjahr erreicht werden. Auch hinsichtlich der Anzahl der freiwilligen Ausreisen erzielte Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr keinen überdurchschnittlichen Wert. Von den insgesamt knapp 55.000 freiwilligen Ausreisen fanden lediglich rund 16% aus Nordrhein- Westfalen statt, aus Bayern hingegen 25 Prozent (13.390). Letztlich wurde nicht einmal jeder 4. der Ausreisepflichtigen im vergangenen Jahr freiwillig oder per Abschiebung in die Heimatländer zurückgeführt. Geringere Rückführungsquoten Ausreisepflichtiger hatten nur Bremen, Berlin und Sachsen. Am 29.02.2016 hielten sich 55.874 Ausreisepflichtige in NRW auf, davon 43.985 mit Duldung (Quelle: Ausländerzentralregister des Bundes). In Nordrhein-Westfalen sind – anders als in anderen Bundesländern – die kommunalen Ausländerbehörden für die Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern und illegal hier Lebenden zuständig. Nach Auskunft des Innenministeriums nehmen die Ausländerbehörden ihre LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12284 2 Aufgaben jedoch in sehr unterschiedlicher Art war. So habe zum Beispiel im Jahr 2015 eine kommunal zuständige Ausländerbehörde gar keine einzige Abschiebung durchgeführt. Die Bund-Länder-Koordinierungsstelle zum Integrierten Rückkehrmanagement fordert eine stärkere Zentralisierung der Aufgabe Abschiebung in den Ländern. Das Problem der quantitativen Überforderung der kommunalen Ausländerbehörden sowie zur Sicherung eines einheitlichen Vollzugs aufenthaltsbeendender Maßnahmen sei nur durch eine Zentralisierung der Aufgabe der Aufenthaltsbeendigung von ausreisepflichtigen ehemaligen Asylbewerbern und illegal Aufhältigen in den Ländern zu lösen . Nur so könne das notwendige spezialisierte Fachwissen bei ausreichender Personalausstattung geschaffen und ein annähernd gleichmäßiger Gesetzesvollzug innerhalb Nordrhein-Westfalens gesichert werden. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4763 mit Schreiben vom 16. Juni 2016 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie viele Abschiebungen wurden jeweils von den Ausländerbehörden durchgeführt ? (Bitte Angaben zum Stand 31.12.2015/31.03.2016) Da die Bundespolizei alle tatsächlich erfolgten Ab- und Zurückschiebungen auf dem Land-, See- und Luftwege unabhängig davon erfasst, ob sie die Rückführungen selber organisiert hat, werden zur Beantwortung von Fragen nach Abschiebezahlen wegen der länderübergreifenden Vergleichbarkeit und Einheitlichkeit die vom Bund (Bundespolizei) herausgegebenen Abschiebungsstatistiken herangezogen. In der Praxis hat es sich immer wieder als Problem erwiesen, dass die von den einzelnen Bundesländern erhobenen Zahlen teilweise erheblich von den Zahlen der Bundespolizei abweichen und eine vergleichende Bewertung auf dieser Grundlage nicht erfolgen kann. Vor diesem Hintergrund haben sich Bund und Länder darauf verständigt, die Zahlen der Bundespolizei zu Abschiebungen durch das Bundesministerium des Innern zu veröffentlichen und seitens der Länder auf diese zu verweisen. Zudem hat die Bund-Länder-Koordinierungsstelle Integriertes Rückkehrmanagement (BLK-IRM) eine Arbeitsgruppe "UAG Statistik" eingesetzt, die sich u.a. auch mit der Verbesserung der Validität und der bundesweiten Vergleichbarkeit der statistischen Zahlen befasst. Ziel ist es, bundesweit valide Zahlen, die auf einheitlichen Erhebungsmethoden basieren, zu generieren. Damit soll auch die Möglichkeit bestehen, kommunenscharfe Abschiebezahlen dem Ausländerzentralregister (AZR) zu entnehmen. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Für die hier gefragte Differenzierung nach Ausländerbehörden steht eine derart aufbereitete Statistik derzeit noch nicht zur Verfügung. 2. Wie viele REAG-GARP geförderte tatsächliche freiwillige Ausreisen fanden jeweils im Bereich der 84 Ausländerbehörden statt? Im Jahr 2015 fanden 7.814 REAG/GARP geförderte tatsächliche freiwillige Ausreisen aus NRW statt. Mit Stand 31.03.2016 waren 3.937 Anträge zur freiwilligen Ausreise bewilligt. Für das laufende Jahr 2016 liegen die Zahlen der tatsächlichen Ausreisen (tatsächliche Ausreisen - ohne Stornierungen) derzeit nicht vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12284 3 3. Wie viele Ausreisepflichtige ohne Duldung hielten sich jeweils im Bereich der 84 Ausländerbehörden in Nordrhein-Westfalen auf (Stand 31.12.2015/31.03.2016)? Die Angaben im AZR zu „Ausreisepflichtigen ohne Duldung“ werden derzeit durch die in der UAG Statistik vertretenen Länder, darunter auch NRW, stichprobenartig untersucht. Die ersten Stichproben haben ergeben, dass es sich hierbei zum großen Teil um nicht bereinigte Fälle (z.B. Fortzug ins Ausland, AZR übernimmt neuen Speichersachverhalt nicht) und zum Teil um EU Bürger handelt. Die AZR Zahlen zu „Ausreisepflichtigen ohne Duldung“ sind daher nicht etwa mit der Zahl der vollziehbar Ausreisepflichtigen oder sofort rückführbaren Personen gleichzusetzen. Statistische Angaben zur Zahl der vollziehbar Ausreisepflichtigen und sofort rückführbaren Personen enthält das AZR nicht. Ausländerrechtliche Bewertungen auf der Grundlage der AZR Angaben zu „Ausreisepflichtigen ohne Duldung“ sind derzeit daher nicht möglich. Da die Überprüfung der Angaben noch andauert, liegen bereinigte statistische Daten nicht vor. 4. Wie bewertet die Landesregierung die möglichen Unterschiede der Abschiebezahlen in den Ausländerbehörden? Die Abschiebezahlen sind von vielfältigen Faktoren abhängig, wie z.B. der Verteilung der Asylsuchenden aus Herkunftsstaaten mit unterschiedlicher Kooperationsbereitschaft bei der Rückführung , dem Vorliegen von tatsächlichen Vollzugshindernissen, wie z.B. mangelnder Reisefähigkeit der Betroffenen aufgrund von Erkrankungen oder dem Fehlen von Reisedokumenten. Das Fehlen der notwendigen Reisedokumente hat eine oft schwierige und langwierige Identitätsklärung und Beschaffung von Passersatzpapieren zur Folge. Auch das Untertauchen sowie Widerstandshandlungen können den Vollzug der Rückführung vereiteln. 5. Im Kölner Stadtanzeiger vom 14.04.2016 wurde seitens eines Sprechers des Innenministeriums erklärt, dass es keine zentrale Organisation geben werde, zuständig für die Abschiebungen und Rückkehrer bleiben im Kern weiterhin die Kommunen. Aus welchen Gründen lehnt die Landesregierung eine Zentralisierung der Aufgaben der Aufenthaltsbeendigung ab, insbesondere vor dem Hintergrund der Empfehlung der sog. AG Rück, eine Zentralisierung der Rückführungsmaßnahmen auf Landesebene vorzunehmen, um das Problem der quantitativen und qualitativen Überforderung der kommunalen Ausländerbehörden einzudämmen sowie zur Sicherung eines einheitlichen Vollzugs aufenthaltsbeendender Maßnahmen? Das Land unterstützt die zuständigen kommunalen Ausländerbehörden bei der Rückführung bereits und künftig noch verstärkt durch die bestehenden drei Zentralen Ausländerbehörden (ZAB). Diese Unterstützung der Kommunen findet im Wesentlichen auf den Feldern der sog. Passersatzpapierbeschaffung sowie des Transport- und Flugmanagements statt. Das Land hat zu diesem Zweck zusätzliche Mittel für eine personelle Verstärkung durch 40 weitere Stellen sowie für eine Verstärkung der sächlichen Ausstattung der ZAB bereitgestellt. Eine weitere organisatorische und fachliche Unterstützung wird durch die zum 01.06.2016 eingerichtete Zentrale Rückkehrkoordination (ZRK NRW) bei der ZAB Bielefeld erfolgen. Die ZRK NRW wird bisherige Unterstützungsleistungen bei der Rückführung, wie Flug- und Transportmanagement , bündeln und den Kommunen als zentraler Ansprechpartner für verschiedene Rückkehrfragen , auch für Fragen der freiwilligen Rückkehr, zur Verfügung stehen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12284 4 Dabei wird die ZRK NRW nicht nur die erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen der ZAB für die Ausländerbehörden koordinieren, sondern auch den Bedarf nach möglichen Sammelkontingenten für eine REAG-/GARP-geförderte freiwillige Rückkehr mit IOM abstimmen, um zügige Ausreisen zu ermöglichen. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12284