LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12322 27.06.2016 Datum des Originals: 24.06.2016/Ausgegeben: 30.06.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4800 vom 23. Mai 2016 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/12066 Sind Stadt-Anleihen die Zukunft der Kommunalfinanzierung? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Anfang Mai hat die Stadt Bochum erstmals mit der sogenannten Bochum-Anleihe alleine eine Stadtanleihe aufgelegt. Sie hat ein Volumen von 115 Millionen Euro und eine Laufzeit von zehn Jahren, der Zinssatz beträgt 1 Prozent, d.h. es werden jährlich Zinsen in Höhe von 1,15 Millionen Euro fällig. Ziel sei es, die Gläubigerstruktur breiter zu streuen. Bislang leihen sich Städte vor allem Geld von Banken - als Kommunal- oder Kassenkredite. Da sich immer mehr Banken aus dem Kreditgeschäft mit Städten zurückziehen, müssen Alternativen für die Beschaffung von Krediten gefunden werden. 2015 hatte Bochum bereits eine interkommunale Anleihe gemeinsam mit den Städten Essen, Herne, Remscheid, Solingen und Wuppertal im Gesamtvolumen von 500 Millionen Euro aufgelegt . Der Bochumer Anteil daran beträgt 125 Millionen Euro, die Lauf-zeit zehn Jahre und der Nominalzins 1,125 Prozent pro Jahr. WDR-Online berichtete am 19. Mai 2016, dass die Städte Remscheid und Solingen sich erneut Finanzmittel auf dem Anleihemarkt durch die Ausgabe einer Anleihe besorgen. Remscheid zum Beispiel will Wertpapiere über 30 Millionen Euro ausgeben und zahlt dafür etwa ein Prozent Zinsen pro Jahr. Spätestens nach zehn Jahren muss die Stadt das Geld an die Käufer zurückzahlen. Die Stadt Remscheid hat sich in der Vergangenheit an drei interkommunalen Städteanleihen beteiligt. Seit Jahresanfang verfolgen die Städte Hagen, Solingen und Remscheid den Plan eine weitere gemeinsame Anleihe zu begeben, sofern eine Laufzeit von zehn Jahren auf dem Markt und ein Volumen von mindestens 100 Millionen Euro erreicht werden können. Der Stadtkämmerer hatte den Haupt-, Finanz- und Beteiligungsausschuss über die Absicht in seiner Sitzung im Januar 2016 unterrichtet. Die ursprüngliche Absicht einer Emission im April wurde jedoch aufgrund des weniger günstigen Marktumfeldes im April 2016 vorerst zurückgestellt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12322 2 Der Markt habe sich sehr positiv entwickelt, wie die erfolgreiche Emission einer Stadtanleihe durch die Stadt Bochum Mitte Mai beweise. Die Städte Remscheid, Solingen und Hagen haben deshalb ihre Absicht veröffentlicht, eine vierte Städteanleihe zu begeben. Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 4800 mit Schreiben vom 24. Juni 2016 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet . 1. In welcher Höhe haben welche nordrhein-westfälischen Kommunen aktuell Anleihen bzw. Schuldscheindarlehen? (bitte einzelgemeindliche Aufstellung) 2. Welche Entwicklung hat die Verschuldung der nordrhein-westfälischen Kommunen durch Anleihen und Schuldscheindarlehen in den vergangenen 5 Jahren genommen ? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 und 2 zusammen beantwortet. Entsprechend den Vorgaben der Statistik über die Schulden, Sicherheiten für Schulden und Finanzaktiva (§ 5 FPersStatG) werden Anleihen abhängig von ihrer Ursprungslaufzeit (unter /über 5 Jahre) unter zwei Merkmalen erfasst, die in der Statistik unter den Begriffen „Anleihen “ und „sonstige Wertpapierschulden“ firmieren. Schuldscheindarlehen werden in der Schuldenstatistik bei den Kreditmarktschulden erfasst, dort jedoch nicht gesondert ausgewiesen. Eine exakte Zuordnung und Ergebnisausweisung ist daher weder für Anleihen noch für Schuldscheindarlehen möglich. Gemäß den kommunalen Meldungen an IT.NRW, deren Richtigkeit und Vollständigkeit zurzeit noch überprüft werden, hatten zum Stichtag 31.12.2015 folgende Kommunen Verbindlichkeiten aus Anleihen sowie aus sonstigen Wertpapierschulden aufgenommen: Essen: 390 Mio. Euro Remscheid: 165 Mio. Euro Wuppertal: 150 Mio. Euro Bochum: 125 Mio. Euro Dortmund: 100 Mio. Euro Herne: 90 Mio. Euro Solingen: 80 Mio. Euro Gelsenkirchen: 60 Mio. Euro Bielefeld: 50 Mio. Euro Hagen: 40 Mio. Euro. Die Entwicklung der kommunalen Verbindlichkeiten aus Anleihen und sonstigen Wertpapierschulden stellte sich in den vergangenen fünf Jahren nach Angaben von IT.NRW wie folgt dar (jeweils Stand zum 31.12.): 2011: 0 2012: 200 Mio. Euro 2013: 200 Mio. Euro 2014: 700 Mio. Euro 2015: 1 250 Mio. Euro LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12322 3 3. Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen können Schuldscheindarlehen und Anleihen als taugliche Finanzierungsinstrumente bzw. als Ergänzung zum klassischen Kommunalkredit genutzt werden? Die Kommunen sind für die Beschaffung der notwendigen Finanzierungsmittel im Rahmen ihrer Selbstverwaltung eigenverantwortlich zuständig und unterliegen dabei weder einer Anzeige - noch einer Genehmigungspflicht. Schuldscheindarlehen oder Anleihen sind im Rahmen der kommunalen Finanzmittelbeschaffung grundsätzlich zulässig, sofern ihre konkrete Ausgestaltung nicht gegen kommunal- bzw. bankenrechtliche Vorschriften verstößt. Unter der Voraussetzung , dass alle rechtlichen Vorgaben eingehalten werden, können Schuldscheindarlehen oder Anleihen eine sinnvolle Ergänzung zum klassischen Kommunalkredit darstellen. 4. Welche Erkenntnis hat die Landesregierung in Bezug auf mögliche finanzielle Risiken für die Kommunen aus den neuen Finanzierungsformen der Anleihen und Schuldscheindarlehen? Ob und in welcher Höhe sich bei den einzelnen Kommunen ggf. Risiken ergeben können, hängt von den Details der Einzelfälle ab. Belastbare Erkenntnisse, auf die eine generelle Bewertung gestützt werden könnte, liegen der Landesregierung nicht vor. 5. Welche Kommunen in Nordrhein-Westfalen haben aktuell Fremdwährungskredite in welcher Höhe? Ob bzw. in welcher Höhe eine Kommune in fremder Währung notierte Verbindlichkeiten aufgenommen hat, wird im Rahmen der Schuldenstatistik erfasst. Die in der nachfolgenden Tabelle dargestellten Ergebnisse haben den Stichtag 31.12.2014 zum Gegenstand, da die Schuldenstatistik für das Jahr 2015 bislang noch nicht verfügbar ist. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12322