LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12323 27.06.2016 Datum des Originals: 24.06.2016/Ausgegeben: 30.06.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4818 vom 31. Mai 2016 der Abgeordneten Matthias Kerkhoff und Klaus Kaiser CDU Drucksache 16/12140 Holzlagerplätze im Falle eines erneuten Sturmtiefs Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Januar 2007 hinterließ der Sturm Kyrill Verwüstung in Deutschland und in ganz Europa. Die Folgen sind bis heute in vielen Teilen des Landes zu sehen. Vor allem im Sauerland sind erhebliche Waldschäden entstanden: 25 Millionen Bäume fielen dem Sturm in NRW zum Opfer , 8 Millionen davon alleine im Hochsauerlandkreis. Die Wälder konnten monatelang nicht mehr von Bürgern betreten werden und tausende Waldarbeiter waren im Einsatz. Südwestfalen sei mit der Beseitigung der Sturmschäden hoffnungslos überfordert, sagte der Vorsitzende des Sauerland-Tourismus, Theo Melcher, am 5. März 2007. Die Aufarbeitung des gefallenen Sturmholzes war weitaus aufwendiger, als bei regulär geschlagenen Bäumen. Besonders die Suche nach geeigneten Lagerplätzen erwies sich als schwierig. Um das Holz auf lange Sicht zu lagern, wurden von den Forstämtern in Südwestfalen zahlreiche Nass- und Trockenlagerplätze mit einem Fassungsvermögen von jeweils bis zu 50.000 Festmetern gesucht. Da zu dieser Zeit eine meist trockene Witterung herrschte, war der Bedarf an Nasslagerplätzen sehr groß. Die Wahrscheinlichkeit der Zunahme extremer Wetterereignisse durch den Klimawandel wird allgemein angenommen. Dies bestätigte beispielsweise eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung aus dem Jahr 2012. Aus den Daten weltweiter Wetterstationen wurde innerhalb des letzten Jahrzehnts ein starker Aufwärtstrend für Wetterextreme ausgemacht. Daher muss das Land im erneuten Falle einer solchen Katastrophe dafür vorbereitet sein. Besonders für die Zwischenlagerung des Holzes bedarf es Vorsorgepläne. Hier kommt Nasslagern eine große Bedeutung zu, da sie sicherstellen, dass gefallenes Holz auch über einen längeren Zeitraum heimischen Sägewerkern zur Verfügung steht. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12323 2 Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 4818 mit Schreiben vom 24. Juni 2016 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Das genaue Schadensausmaß von Sturmereignissen und seine Auswirkungen auf den Holzmarkt sind nicht vorhersehbar. Erst nachdem im Schadensfall möglichst genaue Angaben erarbeitet sind, kann eine angemessene strategische Planung und Organisation der Sturmschadensbewältigung , zu der dann auch die Vermarktung der angefallenen Sturmhölzer gehören, erarbeitet werden. Daraus leiten sich alle nötigen Maßnahmen wie auch die Einrichtung von regionalen Lagerungsmöglichkeiten für das aufgearbeitete, vorerst nicht vermarktbare Sturmholz ab. Die konkreten Erfahrungen aus dem Jahrhundertorkan Kyrill werden detailliert im Abschlussbericht der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen zu den Folgen des Sturmereignisses „Kyrill“ vom 18./19. Januar 2007 (Landtags-Vorlage 14/3295) beschrieben. Der Bericht setzt sich u.a. auch kritisch mit dem Möglichkeiten und Grenzen einer Nassholzlagerung auseinander . Darin heißt es: „Bestimmende Motive zum Betreiben von Nasslagern sind die Verringerung des Holzangebotes nach Kalamitäten zur Vorbeugung weiteren Preisverfalls und die Sicherung der Rohstoffversorgung in den Jahren nach der Kalamität. Aus den in Nordrhein-Westfalen gesammelten Erfahrungen, insbesondere mit den Stürmen Vivian und Wiebke Anfang der 90iger Jahre, verbot sich die Anlage von Nassholzlagern in staatlicher Regie . Das kaufmännische und das technische Risiko bei der Betreibung konnte das Land Nordrhein-Westfalen nicht eingehen, da die Haftungsfragen bei einem Nassholzlagerplatz in staatlicher Regie sehr komplex sind. Die Entscheidung, Nasslager anzulegen und zu betreiben und die Einigung über die Aufteilung der entstehenden Kosten, liegen beim Käufer und Verkäufer, also der Holzindustrie und dem Waldbesitz.“ Diese Einschätzung ist nach wie vor gültig. Eine umfassende Prozessbeschreibung im Falle eines Großschaden-ereignisses im Landesbetrieb Wald und Holz ist im „Handbuch Sturm“ festgehalten. Daneben betreibt jeder Forstbetrieb sein eigenes Risikomanagement. Auch Sägebetriebe bereiten sich auf extreme Schadensanfälle durch geeignete Maßnahmen vor, die möglicherweise auch darin bestehen, betriebsnahe Lagerplätze vorzuhalten (betriebliche Risikovorsorge). Die untere Landschaftsbehörde des Hochsauerlandkreises hat im Jahr 2011 ein Konzept (Az.: 35/61) erarbeitet, dass eine Vorschlagsliste für „Standorte zur temporären Nasslagerung von Kalamitätsholz nach künftigen Sturmkatastrophen“ für insgesamt 500 Tausend Festmeter Nassholz enthält. Dieses Konzept dient der Vorbereitung auf künftige Sturmkatastrophen. 1. Gibt es Trockenlagerplätze, die kurzfristig im Hochsauerlandkreis verfügbar wären (bitte um genaue Angabe von Ort und Lagerkapazität)? Der Landesregierung sind keine speziell als „Trockenlagerplätze“ ausgewiesenen Flächen bekannt . Bei Bedarf können diese kurzfristig eingerichtet werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12323 3 2. Gibt es Pläne für Nasslagerplätze, für die kurzfristig eine Betriebsgenehmigung erteilt werden könnte bzw. bereits erteilt ist (bitte um genaue Angabe von Ort und Lagerkapazität)? 3. Innerhalb welcher Zeit wären die Lagerplätze verfügbar? 4. Hält die Landesregierung die unter 1.) und 2.) aufgeführten Lagerplätze für ausreichend ? Die Fragen 2, 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet: Da Sturmereignisse wie Kyrill hinsichtlich Zeit, Ort und der betroffenen Holzmenge nicht planbar sind, ist die Vorhaltung von permanenten Nassholzlagerplätzen auch aus ökonomischen Gründen wenig sinnvoll. Aus den Erfahrungen von Kyrill sind die Suchkriterien für geeignete Holzlagerflächen bekannt. Erst nach Identifizierung dieser Flächen können die notwendigen behördlichen Genehmigungen eingeholt und die Lagerplätze eingerichtet werden. Wesentlich wichtiger als die Vorhaltung von Lagerplätzen ist im Falle eines Schadereignisses die Holzaufarbeitung mit den Holztransportmöglichkeiten (Bahnverladestellen, LKW-Kapazität ) sowie den Holzaufnahmemöglichkeiten des Holzmarktes zu koordinieren. Vom Grundsatz her sollten Sturmhölzer erst dann im Wald aufgearbeitet werden, wenn diese bereits vermarktet sind. Denn dann können die geernteten Hölzer bei entsprechend vorgehaltener Frachtkapazität gleich in die Sägeindustrie verbracht werden. Bei einem solchen Vorgehen ist ein Aufbau von besonderen Lagerungskapazitäten im Katastrophengebiet entbehrlich. Die Landesregierung hat aus den Erfahrungen mit Kyrill gelernt und mit dem „Handbuch Sturm“ diese für die Forstverwaltung dokumentiert. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12323