LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/12330 27.06.2016 Datum des Originals: 24.06.2016/Ausgegeben: 30.06.2016 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 4807 vom 25. Mai 2016 der Abgeordneten Henning Höne und Ralf Witzel FDP Drucksache 16/12075 Wie schnell sind die NRW-Finanzämter – Erhalten Bürger bei zu langer Bearbeitungszeit zukünftig einen Steuerbonus? Wortlaut der Kleinen Anfrage Wenn Bürgerinnen und Bürger ihre Steuererklärung zukünftig erst verspätet ihre Steuererklärungen in der zuständigen Finanzbehörden einreichen, sollen sie dafür 25 Euro pro Monat als Strafgebühr entrichten. Darauf hat sich der Finanzausschuss des Bundestages im Zuge der Beratungen des Steuermodernisierungsgesetzes verständigt. Die neue Strafgebühr ist nichts anderes als eine neue mögliche Einnahmequelle, die die Große Koalition in Berlin erschließt. Trotz immer neuer Steuereinnahmerekorde scheint der Staat nie ihm genügende Steuereinnahmen zu erzielen. Am 24. Mai 2016 berichtete die Rheinische-Post darüber, dass Deutschlands schnellstes Finanzamt in Bielefeld-Außenstadt stehe. Dort beanspruche die Behörde eine Bearbeitungszeit nach der Abgabe von lediglich 28,4 Tage (vgl. Rheinische-Post, 24. Mai 2016). Am längsten dauere die Bearbeitung in Hagenow in Mecklenburg-Vorpommern mit durchschnittlich 87 Tagen (vgl. DIE WELT, 22. Mai 2016). Aus Sicht des Landes Nordrhein-Westfalen erscheint es zunächst erfreulich, dass sich Deutschlands schnellstes Finanzamt in unserem Bundesland befindet. Dennoch ist es von Interesse, wie sich die Verteilung der Dauer des Bearbeitungszeitraums auch innerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen verteilt. Im Umkehrschluss an die kommende Strafabgabe für das verspätete Einreichen der Steuererklärung könnte es folglich einen Steuerbonus geben, wenn das bearbeitende Finanzamt im Vergleich mit dem schnellsten Finanzamt eine deutlich längere Bearbeitungszeit beansprucht. Denn hier müssen die Bürgerinnen und Bürger im Falle von Steuererstattungen erheblich länger auf ihr Geld warten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12330 2 Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 4807 mit Schreiben vom 24. Juni 2016 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie lange dauert die durchschnittliche Bearbeitungszeit in unterschiedlichen nordrhein-westfälischen Finanzbehörden? (Bitte differenziert nach den einzelnen Behörden sowie differenziert nach digitaler Einreichung und Einreichung in Papierform angeben.) 2. Welche Erklärungsansätze sieht die Landesregierung, warum die zeitlichen Differenzen innerhalb des Bearbeitungszeitraumes zwischen den einzelnen Behörden des Landes zu Stande kommen? 3. Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass die Bürgerinnen und Bürger zum Teil erhebliche Verzögerungen hinnehmen müssen, bis ihnen die zu viel gezahlten Steuern erstattet werden? Die Bearbeitungszeiten betragen in den letzten Jahren konstant zwischen 2 Wochen und 6 Monaten, unabhängig davon, ob die Steuererklärungen digital oder in Papierform eingereicht worden sind. Innerhalb dieses Zeitraums werden rund 98% aller Steuererklärungen bearbeitet. Rund 70% aller eingegangenen Einkommensteuererklärungen werden bereits innerhalb der ersten beiden Monate erledigt. In komplexen Einzelfällen kann die Bearbeitung auch länger dauern. Der Großteil der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler erhält den Steuerbescheid allerdings nach einer Bearbeitungszeit, die eher am unteren Rand dieser Spanne liegt. Ein Vergleich von durchschnittlichen Bearbeitungszeiten ist aufgrund der sehr unterschiedlichen Fallstrukturen der Finanzämter nicht aussagekräftig. Finanzämter mit einem hohen Anteil an Arbeitnehmern weisen überwiegend kürzere Bearbeitungszeiten auf. Bei Finanzämtern, deren Fallbestand durch komplexere Fälle geprägt ist, ist die Bearbeitungszeit länger. Neben der Komplexität wirken vielfältige weitere Faktoren auf die Bearbeitungsdauer eines Falles: Erforderliche Rückfragen, fehlende Angaben oder fehlende Belege, die nachgefordert werden müssen, verzögern die Bearbeitung. Auch der Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung kann Einfluss auf die Bearbeitungszeit haben. Die eingehenden Steuererklärungen werden von den Finanzämtern kontinuierlich in der Reihenfolge des Erklärungseingangs bearbeitet. In den Monaten, in denen Steuererklärungen geballt abgegeben werden, können sich die Bearbeitungszeiten trotz kontinuierlicher Bearbeitung vorübergehend verlängern. Die Arbeitsorganisation in den Finanzämtern ist darauf eingestellt, flexibel auf die jeweilige Arbeitslage zu reagieren. Gleichwohl lassen sich durch temporäre Arbeitsspitzen verlängerte Bearbeitungszeiten in den Finanzämtern nicht immer vermeiden. Alle Finanzämter können im Übrigen regelmäßig erst Anfang März mit der Veranlagung der Einkommensteuer für das abgelaufene Jahr beginnen. Arbeitgeber, Versicherungen und andere Institutionen haben aufgrund entsprechender gesetzlicher Reglungen bis zum 28. Februar des Folgejahres Zeit, die für die Steuerberechnung benötigten Angaben elektronisch an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Dazu zählen zum Beispiel Lohnsteuerdaten, Beitragsda- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/12330 3 ten zur Kranken- und Pflegeversicherung, Daten zur Altersvorsorge sowie Rentenbezugsmitteilungen . Eine abschließende Bearbeitung vor diesem Zeitpunkt ist nicht möglich. Auch dieser Umstand wirkt sich auf die durchschnittlichen Bearbeitungszeiten aus. 4. Inwieweit wirkt die Landesregierung darauf hin, dass diejenigen Bürgerinnen und Bürger analog zur neu eingeführten Strafzahlung für ein verspätetes Einreichen der Steuererklärung umgekehrt einen Steuerbonus erhalten, wenn ihr zuständiges Finanzamt länger braucht als das schnellste Finanzamt des Landes? 5. Falls die Landesregierung sich nicht für einen Steuerbonus bei zu langer Bearbeitungszeit einsetzt: Wie begründet die Landesregierung ihre Haltung mit Blick auf die allgemeine Gleichbehandlung der Steuerbürger gegenüber der Schaffung der neuer Einnahmequelle des Staates für eine verspätete Einreichung? Nach der beabsichtigten Neuregelung setzt eine verpflichtende Festsetzung von Verspätungszuschlägen bei der Einkommensteuer regelmäßig voraus, dass die Steuererklärung nicht innerhalb von 14 Monaten nach dem Ablauf des Besteuerungszeitraums abgegeben wurde. Ein Verspätungszuschlag muss zudem nicht festgesetzt werden, wenn - die Frist zur Abgabe der Steuererklärung entsprechend verlängert wurde, - die Steuer auf null Euro oder auf einen negativen Betrag festgesetzt wurde oder - wenn die festgesetzte Steuer die Summe der Vorauszahlungen und der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge nicht übersteigt. Mithin wird die Neuregelung voraussichtlich nur für relativ wenige Fälle eine konkrete Bedeutung haben. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass ein Erstattungsbetrag schon jetzt grundsätzlich zu verzinsen ist, wenn die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Umsatzoder Gewerbesteuer unter Berücksichtigung etwaiger Steuerabzugsbeträge, anzurechnender Körperschaftsteuer oder gezahlter Vorauszahlungen zu einer Erstattung führt. Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Die Zinsen betragen für jeden Monat ein halbes Prozent. Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/12330